wollen hier drey Verordnungen, einiger guten Kayser, dem Leser aus des gewesenen Missio- nairs Hervieu lateinischer Sammlung der alten Gesetze, welche der Kayser Kang-hi hat zusam- men tragen lassen, mittheilen, woraus man hinlänglich sehen wird, wie sehr manchen das Wohl ihrer Unterthanen am Herzen lag, und wie selten sie bey den Gesetzen ihre despotische Macht gebraucht haben.
Wider das Gesetz, vermöge welches die An- verwandten eines Missethäters mit zur Strafe sollten gezogen werden, wurde folgende Anmer- kung gemacht: *)Gesetze, die zur Richtschnur bey der Regierung gebraucht werden sol- len, müsse untadelhaft seyn: müssen den Schuldigen strafen, und den Unschul- digen schützen. Ich finde in unserm Ge- setzbuch einen Artikel, vermöge welches Mutter, Weib und Kinder eines Men- schen, der den Tod verdient hat, in den Proceß mitverwickelt und als Mitschul- dige angesehen werden. Ein solches Ge- setz kann ich nicht billigen. Denn nur ge- rechte Gesetze können nur als geschickte Mittel angesehen werden, das Volk bey seiner Pflicht zu erhalten. Wird der Schuldige gestraft; so wird jedermann das gesprochene Urtheil billigen. Der Re- gent ist weitet nichts als ein Hirte, der
dafür
*) Man sehe auch dü HaldeVol. I. p. 159, wel- cher den Hervien nur übersetzt hat.
wollen hier drey Verordnungen, einiger guten Kayſer, dem Leſer aus des geweſenen Miſſio- nairs Hervieu lateiniſcher Sammlung der alten Geſetze, welche der Kayſer Kang-hi hat zuſam- men tragen laſſen, mittheilen, woraus man hinlaͤnglich ſehen wird, wie ſehr manchen das Wohl ihrer Unterthanen am Herzen lag, und wie ſelten ſie bey den Geſetzen ihre deſpotiſche Macht gebraucht haben.
Wider das Geſetz, vermoͤge welches die An- verwandten eines Miſſethaͤters mit zur Strafe ſollten gezogen werden, wurde folgende Anmer- kung gemacht: *)Geſetze, die zur Richtſchnur bey der Regierung gebraucht werden ſol- len, muͤſſe untadelhaft ſeyn: muͤſſen den Schuldigen ſtrafen, und den Unſchul- digen ſchuͤtzen. Ich finde in unſerm Ge- ſetzbuch einen Artikel, vermoͤge welches Mutter, Weib und Kinder eines Men- ſchen, der den Tod verdient hat, in den Proceß mitverwickelt und als Mitſchul- dige angeſehen werden. Ein ſolches Ge- ſetz kann ich nicht billigen. Denn nur ge- rechte Geſetze koͤnnen nur als geſchickte Mittel angeſehen werden, das Volk bey ſeiner Pflicht zu erhalten. Wird der Schuldige geſtraft; ſo wird jedermann das geſprochene Urtheil billigen. Der Re- gent iſt weitet nichts als ein Hirte, der
dafuͤr
*) Man ſehe auch duͤ HaldeVol. I. p. 159, wel- cher den Hervien nur uͤberſetzt hat.
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wollen hier drey Verordnungen, einiger guten
Kayſer, dem Leſer aus des geweſenen Miſſio-
nairs Hervieu lateiniſcher Sammlung der alten
Geſetze, welche der Kayſer Kang-hi hat zuſam-
men tragen laſſen, mittheilen, woraus man
hinlaͤnglich ſehen wird, wie ſehr manchen das
Wohl ihrer Unterthanen am Herzen lag, und
wie ſelten ſie bey den Geſetzen ihre deſpotiſche
Macht gebraucht haben.
Wider das Geſetz, vermoͤge welches die An-
verwandten eines Miſſethaͤters mit zur Strafe
ſollten gezogen werden, wurde folgende Anmer-
kung gemacht: *) Geſetze, die zur Richtſchnur
bey der Regierung gebraucht werden ſol-
len, muͤſſe untadelhaft ſeyn: muͤſſen den
Schuldigen ſtrafen, und den Unſchul-
digen ſchuͤtzen. Ich finde in unſerm Ge-
ſetzbuch einen Artikel, vermoͤge welches
Mutter, Weib und Kinder eines Men-
ſchen, der den Tod verdient hat, in den
Proceß mitverwickelt und als Mitſchul-
dige angeſehen werden. Ein ſolches Ge-
ſetz kann ich nicht billigen. Denn nur ge-
rechte Geſetze koͤnnen nur als geſchickte
Mittel angeſehen werden, das Volk bey
ſeiner Pflicht zu erhalten. Wird der
Schuldige geſtraft; ſo wird jedermann
das geſprochene Urtheil billigen. Der Re-
gent iſt weitet nichts als ein Hirte, der
dafuͤr
*) Man ſehe auch duͤ Halde Vol. I. p. 159, wel-
cher den Hervien nur uͤberſetzt hat.
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/284>, abgerufen am 16.06.2024.
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