[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.und geräumig. *) -- Voll angepfropft sind im *) Dieß ist eine überaus und ungemein lobens-
würdige Verfügung der chinesischen Obrigkeit. Ein Mensch ist schon bestraft genua, wenn er sich aller Freyheit beraubt sieht. Warum will man ihm seine Gesundheit nehmen, wenn man dazu gar nicht berechtigt ist? warum steckt man die Missethäter in elende multrige Löcher? Eine Sache, die wirklich Schaudern erregt! -- -- und geraͤumig. *) — Voll angepfropft ſind im *) Dieß iſt eine uͤberaus und ungemein lobens-
wuͤrdige Verfuͤgung der chineſiſchen Obrigkeit. Ein Menſch iſt ſchon beſtraft genua, wenn er ſich aller Freyheit beraubt ſieht. Warum will man ihm ſeine Geſundheit nehmen, wenn man dazu gar nicht berechtigt iſt? warum ſteckt man die Miſſethaͤter in elende multrige Loͤcher? Eine Sache, die wirklich Schaudern erregt! — — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0290" n="270"/> und geraͤumig. <note place="foot" n="*)">Dieß iſt eine uͤberaus und ungemein lobens-<lb/> wuͤrdige Verfuͤgung der chineſiſchen Obrigkeit.<lb/> Ein Menſch iſt ſchon beſtraft genua, wenn er<lb/> ſich aller Freyheit beraubt ſieht. Warum will<lb/> man ihm ſeine Geſundheit nehmen, wenn man<lb/> dazu gar nicht berechtigt iſt? warum ſteckt man<lb/> die Miſſethaͤter in elende multrige Loͤcher? Eine<lb/> Sache, die wirklich Schaudern erregt! — —</note> — Voll angepfropft ſind<lb/> indeſſen gemeiniglich die chineſiſchen Gefaͤngniſ-<lb/> ſe von ungluͤcklichen Leuten. Es iſt merkwuͤr-<lb/> dig, daß der Staat ſie nicht ernaͤhrt: ſondern<lb/> ſie haben die Erlaubniß, ſich durch allerhand<lb/> Arbeiten ihren Unterhalt zu erwerben. Dieje-<lb/> nigen Miſſethaͤter aber, welche ſich grober Ver-<lb/> brechen ſchuldig gemacht haben, werden in ganz<lb/> beſondere Gefaͤngniſſe eingeſperrt und an Ketten<lb/> geſchloſſen; dahingegen diejenigen, welche K<supplied>l</supplied>ei-<lb/> nigkeiten wegen im Arreſt ſitzen, des Tages uͤber in<lb/> einem geraͤumigen Garten zu ſpatzieren die Er-<lb/> laubniß haben. Des Abends fuͤhrt man dieſe<lb/> in große Saͤle, wo ſie die Nacht verbleiben<lb/> muͤſſen: die Gefaͤngniſſe werden auf das ſorg-<lb/> faͤltigſte bewacht, und innwendig muͤſſen die<lb/> G<supplied>e</supplied>fangenen die groͤßeſte Stille beobachten. —<lb/> Wenn ein Gefangener krank wird; ſo wendet<lb/> man alle Vorſorge fuͤr ſeine Geneſung an: es<lb/> werden ihm Arzneyen und ein beſonderer Auf-<lb/> waͤrter auf Koſten des Kayſers gegeben. —<lb/> Die Gefangenen, welche voͤllig geſund ſind, er-<lb/> halten taͤglich die nothwendigſten Beduͤrfniſſe<lb/> <fw place="bottom" type="catch">im</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [270/0290]
und geraͤumig. *) — Voll angepfropft ſind
indeſſen gemeiniglich die chineſiſchen Gefaͤngniſ-
ſe von ungluͤcklichen Leuten. Es iſt merkwuͤr-
dig, daß der Staat ſie nicht ernaͤhrt: ſondern
ſie haben die Erlaubniß, ſich durch allerhand
Arbeiten ihren Unterhalt zu erwerben. Dieje-
nigen Miſſethaͤter aber, welche ſich grober Ver-
brechen ſchuldig gemacht haben, werden in ganz
beſondere Gefaͤngniſſe eingeſperrt und an Ketten
geſchloſſen; dahingegen diejenigen, welche Klei-
nigkeiten wegen im Arreſt ſitzen, des Tages uͤber in
einem geraͤumigen Garten zu ſpatzieren die Er-
laubniß haben. Des Abends fuͤhrt man dieſe
in große Saͤle, wo ſie die Nacht verbleiben
muͤſſen: die Gefaͤngniſſe werden auf das ſorg-
faͤltigſte bewacht, und innwendig muͤſſen die
Gefangenen die groͤßeſte Stille beobachten. —
Wenn ein Gefangener krank wird; ſo wendet
man alle Vorſorge fuͤr ſeine Geneſung an: es
werden ihm Arzneyen und ein beſonderer Auf-
waͤrter auf Koſten des Kayſers gegeben. —
Die Gefangenen, welche voͤllig geſund ſind, er-
halten taͤglich die nothwendigſten Beduͤrfniſſe
im
*) Dieß iſt eine uͤberaus und ungemein lobens-
wuͤrdige Verfuͤgung der chineſiſchen Obrigkeit.
Ein Menſch iſt ſchon beſtraft genua, wenn er
ſich aller Freyheit beraubt ſieht. Warum will
man ihm ſeine Geſundheit nehmen, wenn man
dazu gar nicht berechtigt iſt? warum ſteckt man
die Miſſethaͤter in elende multrige Loͤcher? Eine
Sache, die wirklich Schaudern erregt! — —
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Zitationshilfe: | [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/290>, abgerufen am 21.06.2024. |