Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

der beyden großen Männer, Solon und Py-
thagoras. Sokrates betrat kurz nachher den
Schauplatz dieser Welt. -- Man bemerkte
schon in der zarten Jugend des Confucius an
ihm deutliche Merkmale eines außerordentlichen
Kopfs. Er begnügte sich in den etwas rei-
fern Jahren seines Verstandes fast nur allein
von der Urquelle aller Wesen zu reden und zu
denken: und jedem Ehrerbietung, Furcht und
Dankbarkeit gegen das Urwesen einzufiößen.
Er fieng an öffentlich zu sagen, daß diese Ur-
quelle das Gute belohnen, und das Böse nicht
ungestraft lassen würde. Und diese Grundsä-
tze herrschen überall in seinen Werken! Nach
diesen Gesetzen richtete er sich selbst, und sein
ganzer Eifer war nichts, als ein feuriges Be-
streben, die Sitten seiner, fast noch im Aber-
glauben und Dummheit ganz ersoffenen, Mit-
bürger zu verfeinern -- sie glücklich zu
machen.

Confucius, zeigte seinen Landesleuten
nicht allein den Weg, den sie gehen müßten,
wenn sie vernünftige Menschen seyn wollten;
sondern er gieng ihnen hierinn mit einem
rühmlichen Beyspiele vor. Er besaß die, sonst
so seltene, Gabe zur Tugend zu führen, und
vom Laster abzuhalten. Er bediente sich hier-
zu nicht allein der stärksten und mächtigsten
Beweggründe, sondern auch der sichersten und
geschicktesten Methode. Hauptsächlich muß
man den Zug seiner großen Seele nicht unbe-

merkt
S 5

der beyden großen Maͤnner, Solon und Py-
thagoras. Sokrates betrat kurz nachher den
Schauplatz dieſer Welt. — Man bemerkte
ſchon in der zarten Jugend des Confucius an
ihm deutliche Merkmale eines außerordentlichen
Kopfs. Er begnuͤgte ſich in den etwas rei-
fern Jahren ſeines Verſtandes faſt nur allein
von der Urquelle aller Weſen zu reden und zu
denken: und jedem Ehrerbietung, Furcht und
Dankbarkeit gegen das Urweſen einzufioͤßen.
Er fieng an oͤffentlich zu ſagen, daß dieſe Ur-
quelle das Gute belohnen, und das Boͤſe nicht
ungeſtraft laſſen wuͤrde. Und dieſe Grundſaͤ-
tze herrſchen uͤberall in ſeinen Werken! Nach
dieſen Geſetzen richtete er ſich ſelbſt, und ſein
ganzer Eifer war nichts, als ein feuriges Be-
ſtreben, die Sitten ſeiner, faſt noch im Aber-
glauben und Dummheit ganz erſoffenen, Mit-
buͤrger zu verfeinern — ſie gluͤcklich zu
machen.

Confucius, zeigte ſeinen Landesleuten
nicht allein den Weg, den ſie gehen muͤßten,
wenn ſie vernuͤnftige Menſchen ſeyn wollten;
ſondern er gieng ihnen hierinn mit einem
ruͤhmlichen Beyſpiele vor. Er beſaß die, ſonſt
ſo ſeltene, Gabe zur Tugend zu fuͤhren, und
vom Laſter abzuhalten. Er bediente ſich hier-
zu nicht allein der ſtaͤrkſten und maͤchtigſten
Beweggruͤnde, ſondern auch der ſicherſten und
geſchickteſten Methode. Hauptſaͤchlich muß
man den Zug ſeiner großen Seele nicht unbe-

merkt
S 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0301" n="281"/>
der beyden großen Ma&#x0364;nner, Solon und Py-<lb/>
thagoras. Sokrates betrat kurz nachher den<lb/>
Schauplatz die&#x017F;er Welt. &#x2014; Man bemerkte<lb/>
&#x017F;chon in der zarten Jugend des Confucius an<lb/>
ihm deutliche Merkmale eines außerordentlichen<lb/>
Kopfs. Er begnu&#x0364;gte &#x017F;ich in den etwas rei-<lb/>
fern Jahren &#x017F;eines Ver&#x017F;tandes fa&#x017F;t nur allein<lb/>
von der Urquelle aller We&#x017F;en zu reden und zu<lb/>
denken: und jedem Ehrerbietung, Furcht und<lb/>
Dankbarkeit gegen das Urwe&#x017F;en einzufio&#x0364;ßen.<lb/>
Er fieng an o&#x0364;ffentlich zu &#x017F;agen, daß die&#x017F;e Ur-<lb/>
quelle das Gute belohnen, und das Bo&#x0364;&#x017F;e nicht<lb/>
unge&#x017F;traft la&#x017F;&#x017F;en wu&#x0364;rde. Und die&#x017F;e Grund&#x017F;a&#x0364;-<lb/>
tze herr&#x017F;chen u&#x0364;berall in &#x017F;einen Werken! Nach<lb/>
die&#x017F;en Ge&#x017F;etzen richtete er &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, und &#x017F;ein<lb/>
ganzer Eifer war nichts, als ein feuriges Be-<lb/>
&#x017F;treben, die Sitten &#x017F;einer, fa&#x017F;t noch im Aber-<lb/>
glauben und Dummheit ganz er&#x017F;offenen, Mit-<lb/>
bu&#x0364;rger zu verfeinern &#x2014; &#x017F;ie glu&#x0364;cklich zu<lb/>
machen.</p><lb/>
          <p>Confucius, zeigte &#x017F;einen Landesleuten<lb/>
nicht allein den Weg, den &#x017F;ie gehen mu&#x0364;ßten,<lb/>
wenn &#x017F;ie vernu&#x0364;nftige Men&#x017F;chen &#x017F;eyn wollten;<lb/>
&#x017F;ondern er gieng ihnen hierinn mit einem<lb/>
ru&#x0364;hmlichen Bey&#x017F;piele vor. Er be&#x017F;aß die, &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
&#x017F;o &#x017F;eltene, Gabe zur Tugend zu fu&#x0364;hren, und<lb/>
vom La&#x017F;ter abzuhalten. Er bediente &#x017F;ich hier-<lb/>
zu nicht allein der &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten und ma&#x0364;chtig&#x017F;ten<lb/>
Beweggru&#x0364;nde, &#x017F;ondern auch der &#x017F;icher&#x017F;ten und<lb/>
ge&#x017F;chickte&#x017F;ten Methode. Haupt&#x017F;a&#x0364;chlich muß<lb/>
man den Zug &#x017F;einer großen Seele nicht unbe-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 5</fw><fw place="bottom" type="catch">merkt</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0301] der beyden großen Maͤnner, Solon und Py- thagoras. Sokrates betrat kurz nachher den Schauplatz dieſer Welt. — Man bemerkte ſchon in der zarten Jugend des Confucius an ihm deutliche Merkmale eines außerordentlichen Kopfs. Er begnuͤgte ſich in den etwas rei- fern Jahren ſeines Verſtandes faſt nur allein von der Urquelle aller Weſen zu reden und zu denken: und jedem Ehrerbietung, Furcht und Dankbarkeit gegen das Urweſen einzufioͤßen. Er fieng an oͤffentlich zu ſagen, daß dieſe Ur- quelle das Gute belohnen, und das Boͤſe nicht ungeſtraft laſſen wuͤrde. Und dieſe Grundſaͤ- tze herrſchen uͤberall in ſeinen Werken! Nach dieſen Geſetzen richtete er ſich ſelbſt, und ſein ganzer Eifer war nichts, als ein feuriges Be- ſtreben, die Sitten ſeiner, faſt noch im Aber- glauben und Dummheit ganz erſoffenen, Mit- buͤrger zu verfeinern — ſie gluͤcklich zu machen. Confucius, zeigte ſeinen Landesleuten nicht allein den Weg, den ſie gehen muͤßten, wenn ſie vernuͤnftige Menſchen ſeyn wollten; ſondern er gieng ihnen hierinn mit einem ruͤhmlichen Beyſpiele vor. Er beſaß die, ſonſt ſo ſeltene, Gabe zur Tugend zu fuͤhren, und vom Laſter abzuhalten. Er bediente ſich hier- zu nicht allein der ſtaͤrkſten und maͤchtigſten Beweggruͤnde, ſondern auch der ſicherſten und geſchickteſten Methode. Hauptſaͤchlich muß man den Zug ſeiner großen Seele nicht unbe- merkt S 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/301
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/301>, abgerufen am 21.11.2024.