von seinen eignen Kindern verlangt. Zwey- tens, muß er gegen den Fürsten eben die Treue, und den Gehorsam beweisen, die er auch ver- langen würde, wenn ihm andre unterthänig wären. Drittens, müsse ein jeder seinen Nächsten wie sich selbst lieben, und was er nicht wolle, das ihm andre thun sollen, das solle er ihnen auch nicht thun."
Die zweyte Hauptsecte, die sich in kurzer Zeit in China weit ausbreitete, war die Secte des Foe oder Fo. -- Der Urheber der Ein- führung dieser Secte, war der Kayser Ming- ti, dem im fünf und sechzigsten Jahre nach Christi Geburt träumte, daß Confucius vor- mals gesagt habe, man müsse den wahren Heiligen im Abendlande suchen. Dieser Traum kam dem Kayser wichtig vor, und er be- fahl so gleich, daß einige geschickte und erfahr- ne Männer nach Indien gehen, und sich er- kundigen sollten, wer dieser Heilige sey. Diesen Abgeordneten ertheilte er auch zugleich den Be- fehl, daß sie sich auf das genaueste nach den Lehren und dessen Person erkundigen sollten Diese Ge- sandten, welche nicht weiter bis nach Indien kamen, glaubten, diesen Heiligen an dem Gö- tzen Foe gefunden zu haben. Sie kehrten al- so voller Freuden nach China zurück, und brachten alle die Fabeln, womit die indianischen Bücher reichlich versehen sind, ihren Aberglau- ben, ihre Lehren von der Seelenwanderung und ihre Atheisterey mit. Die Seuche, die
zuför-
von ſeinen eignen Kindern verlangt. Zwey- tens, muß er gegen den Fuͤrſten eben die Treue, und den Gehorſam beweiſen, die er auch ver- langen wuͤrde, wenn ihm andre unterthaͤnig waͤren. Drittens, muͤſſe ein jeder ſeinen Naͤchſten wie ſich ſelbſt lieben, und was er nicht wolle, das ihm andre thun ſollen, das ſolle er ihnen auch nicht thun.„
Die zweyte Hauptſecte, die ſich in kurzer Zeit in China weit ausbreitete, war die Secte des Foe oder Fo. — Der Urheber der Ein- fuͤhrung dieſer Secte, war der Kayſer Ming- ti, dem im fuͤnf und ſechzigſten Jahre nach Chriſti Geburt traͤumte, daß Confucius vor- mals geſagt habe, man muͤſſe den wahren Heiligen im Abendlande ſuchen. Dieſer Traum kam dem Kayſer wichtig vor, und er be- fahl ſo gleich, daß einige geſchickte und erfahr- ne Maͤnner nach Indien gehen, und ſich er- kundigen ſollten, wer dieſer Heilige ſey. Dieſen Abgeordneten ertheilte er auch zugleich den Be- fehl, daß ſie ſich auf das genaueſte nach den Lehren und deſſen Perſon erkundigen ſollten Dieſe Ge- ſandten, welche nicht weiter bis nach Indien kamen, glaubten, dieſen Heiligen an dem Goͤ- tzen Foe gefunden zu haben. Sie kehrten al- ſo voller Freuden nach China zuruͤck, und brachten alle die Fabeln, womit die indianiſchen Buͤcher reichlich verſehen ſind, ihren Aberglau- ben, ihre Lehren von der Seelenwanderung und ihre Atheiſterey mit. Die Seuche, die
zufoͤr-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0308"n="288"/>
von ſeinen eignen Kindern verlangt. Zwey-<lb/>
tens, muß er gegen den Fuͤrſten eben die Treue,<lb/>
und den Gehorſam beweiſen, die er auch ver-<lb/>
langen wuͤrde, wenn ihm andre unterthaͤnig<lb/>
waͤren. Drittens, muͤſſe ein jeder ſeinen<lb/>
Naͤchſten wie ſich ſelbſt lieben, und was er<lb/>
nicht wolle, das ihm andre thun ſollen, das<lb/>ſolle er ihnen auch nicht thun.„</p><lb/><p>Die zweyte Hauptſecte, die ſich in kurzer<lb/>
Zeit in China weit ausbreitete, war die Secte<lb/>
des <hirendition="#fr">Foe</hi> oder <hirendition="#fr">Fo</hi>. — Der Urheber der Ein-<lb/>
fuͤhrung dieſer Secte, war der Kayſer <hirendition="#fr">Ming-<lb/>
ti</hi>, dem im fuͤnf und ſechzigſten Jahre nach<lb/>
Chriſti Geburt traͤumte, daß Confucius vor-<lb/>
mals geſagt habe, man muͤſſe den <hirendition="#fr">wahren<lb/>
Heiligen</hi> im Abendlande ſuchen. Dieſer<lb/>
Traum kam dem Kayſer wichtig vor, und er be-<lb/>
fahl ſo gleich, daß einige geſchickte und erfahr-<lb/>
ne Maͤnner nach Indien gehen, und ſich er-<lb/>
kundigen ſollten, wer dieſer Heilige ſey. Dieſen<lb/>
Abgeordneten ertheilte er auch zugleich den Be-<lb/>
fehl, daß ſie ſich auf das genaueſte nach den Lehren<lb/>
und deſſen Perſon erkundigen ſollten Dieſe Ge-<lb/>ſandten, welche nicht weiter bis nach Indien<lb/>
kamen, glaubten, dieſen Heiligen an dem Goͤ-<lb/>
tzen <hirendition="#fr">Foe</hi> gefunden zu haben. Sie kehrten al-<lb/>ſo voller Freuden nach China zuruͤck, und<lb/>
brachten alle die Fabeln, womit die indianiſchen<lb/>
Buͤcher reichlich verſehen ſind, ihren Aberglau-<lb/>
ben, ihre Lehren von der Seelenwanderung<lb/>
und ihre Atheiſterey mit. Die Seuche, die<lb/><fwplace="bottom"type="catch">zufoͤr-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[288/0308]
von ſeinen eignen Kindern verlangt. Zwey-
tens, muß er gegen den Fuͤrſten eben die Treue,
und den Gehorſam beweiſen, die er auch ver-
langen wuͤrde, wenn ihm andre unterthaͤnig
waͤren. Drittens, muͤſſe ein jeder ſeinen
Naͤchſten wie ſich ſelbſt lieben, und was er
nicht wolle, das ihm andre thun ſollen, das
ſolle er ihnen auch nicht thun.„
Die zweyte Hauptſecte, die ſich in kurzer
Zeit in China weit ausbreitete, war die Secte
des Foe oder Fo. — Der Urheber der Ein-
fuͤhrung dieſer Secte, war der Kayſer Ming-
ti, dem im fuͤnf und ſechzigſten Jahre nach
Chriſti Geburt traͤumte, daß Confucius vor-
mals geſagt habe, man muͤſſe den wahren
Heiligen im Abendlande ſuchen. Dieſer
Traum kam dem Kayſer wichtig vor, und er be-
fahl ſo gleich, daß einige geſchickte und erfahr-
ne Maͤnner nach Indien gehen, und ſich er-
kundigen ſollten, wer dieſer Heilige ſey. Dieſen
Abgeordneten ertheilte er auch zugleich den Be-
fehl, daß ſie ſich auf das genaueſte nach den Lehren
und deſſen Perſon erkundigen ſollten Dieſe Ge-
ſandten, welche nicht weiter bis nach Indien
kamen, glaubten, dieſen Heiligen an dem Goͤ-
tzen Foe gefunden zu haben. Sie kehrten al-
ſo voller Freuden nach China zuruͤck, und
brachten alle die Fabeln, womit die indianiſchen
Buͤcher reichlich verſehen ſind, ihren Aberglau-
ben, ihre Lehren von der Seelenwanderung
und ihre Atheiſterey mit. Die Seuche, die
zufoͤr-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/308>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.