Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

Art des Betrugs, auch im Spiele, das Lügen
und Vergreifen an der Obrigkeit, gehört mit
unter die Halsverbrechen, ob es gleich mit einer
gelinden Todesstrafe belegt wird. Dahin gehört
die Enthauptung, Aufknüpfung am Galgen
und Ausreissung der Eingeweide. Diese letzte
Strafe widerfährt gemeiniglich Adlichen und
Soldaten, die man überführt hat, nur mit dem
Unterschiede, daß sie die Strafe selbst an sich
vollziehen dürfen. Denn man hält es, wie be-
kannt, für schimpflich, wenn jemand durch Zag-
haftigkeit oder langes Bedenken dem Scharf-
richter dieses Stück Arbeit überläßt, und die
solches thun, müssen gemeiniglich eines härtern
Todes sterben. Sehr wenige Verbrechen sind
so klein, oder eine Beleidigung so unerheblich,
daß sie durch Geld könnte abgethan werden.
Und was die Geisselung oder Bastonade betrift;
so treffen dieselben gemeiniglich Sclaven und
niedrige Knechte, und zwar werden ihnen diese
nur von ihren Herren oder Meistern zuerkannt.

Wir können hier die Martern, welche in
Japan bey Criminal-Processen üblich sind,
nicht vorbeylaßen.

Wenn bey einem Criminal-Processe der
Beweis nicht hinlänglich ist, den Verbrecher zu
verurtheilen; so bedient man sich verschiedener
Arten von Marter. Eine der grausamsten ist,
dem Beschuldigten eine gewisse Menge Wasser
verschlucken zu laßen, das man ihm mit dem
Trichter in den Hals gießt. Sobald der Leib

außer-

Art des Betrugs, auch im Spiele, das Luͤgen
und Vergreifen an der Obrigkeit, gehoͤrt mit
unter die Halsverbrechen, ob es gleich mit einer
gelinden Todesſtrafe belegt wird. Dahin gehoͤrt
die Enthauptung, Aufknuͤpfung am Galgen
und Ausreiſſung der Eingeweide. Dieſe letzte
Strafe widerfaͤhrt gemeiniglich Adlichen und
Soldaten, die man uͤberfuͤhrt hat, nur mit dem
Unterſchiede, daß ſie die Strafe ſelbſt an ſich
vollziehen duͤrfen. Denn man haͤlt es, wie be-
kannt, fuͤr ſchimpflich, wenn jemand durch Zag-
haftigkeit oder langes Bedenken dem Scharf-
richter dieſes Stuͤck Arbeit uͤberlaͤßt, und die
ſolches thun, muͤſſen gemeiniglich eines haͤrtern
Todes ſterben. Sehr wenige Verbrechen ſind
ſo klein, oder eine Beleidigung ſo unerheblich,
daß ſie durch Geld koͤnnte abgethan werden.
Und was die Geiſſelung oder Baſtonade betrift;
ſo treffen dieſelben gemeiniglich Sclaven und
niedrige Knechte, und zwar werden ihnen dieſe
nur von ihren Herren oder Meiſtern zuerkannt.

Wir koͤnnen hier die Martern, welche in
Japan bey Criminal-Proceſſen uͤblich ſind,
nicht vorbeylaßen.

Wenn bey einem Criminal-Proceſſe der
Beweis nicht hinlaͤnglich iſt, den Verbrecher zu
verurtheilen; ſo bedient man ſich verſchiedener
Arten von Marter. Eine der grauſamſten iſt,
dem Beſchuldigten eine gewiſſe Menge Waſſer
verſchlucken zu laßen, das man ihm mit dem
Trichter in den Hals gießt. Sobald der Leib

außer-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0117" n="91"/>
Art des Betrugs, auch im Spiele, das Lu&#x0364;gen<lb/>
und Vergreifen an der Obrigkeit, geho&#x0364;rt mit<lb/>
unter die Halsverbrechen, ob es gleich mit einer<lb/>
gelinden Todes&#x017F;trafe belegt wird. Dahin geho&#x0364;rt<lb/>
die Enthauptung, Aufknu&#x0364;pfung am Galgen<lb/>
und Ausrei&#x017F;&#x017F;ung der Eingeweide. Die&#x017F;e letzte<lb/>
Strafe widerfa&#x0364;hrt gemeiniglich Adlichen und<lb/>
Soldaten, die man u&#x0364;berfu&#x0364;hrt hat, nur mit dem<lb/>
Unter&#x017F;chiede, daß &#x017F;ie die Strafe &#x017F;elb&#x017F;t an &#x017F;ich<lb/>
vollziehen du&#x0364;rfen. Denn man ha&#x0364;lt es, wie be-<lb/>
kannt, fu&#x0364;r &#x017F;chimpflich, wenn jemand durch Zag-<lb/>
haftigkeit oder langes Bedenken dem Scharf-<lb/>
richter die&#x017F;es Stu&#x0364;ck Arbeit u&#x0364;berla&#x0364;ßt, und die<lb/>
&#x017F;olches thun, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en gemeiniglich eines ha&#x0364;rtern<lb/>
Todes &#x017F;terben. Sehr wenige Verbrechen &#x017F;ind<lb/>
&#x017F;o klein, oder eine Beleidigung &#x017F;o unerheblich,<lb/>
daß &#x017F;ie durch Geld ko&#x0364;nnte abgethan werden.<lb/>
Und was die Gei&#x017F;&#x017F;elung oder Ba&#x017F;tonade betrift;<lb/>
&#x017F;o treffen die&#x017F;elben gemeiniglich Sclaven und<lb/>
niedrige Knechte, und zwar werden ihnen die&#x017F;e<lb/>
nur von ihren Herren oder Mei&#x017F;tern zuerkannt.</p><lb/>
          <p>Wir ko&#x0364;nnen hier die Martern, welche in<lb/>
Japan bey Criminal-Proce&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;blich &#x017F;ind,<lb/>
nicht vorbeylaßen.</p><lb/>
          <p>Wenn bey einem Criminal-Proce&#x017F;&#x017F;e der<lb/>
Beweis nicht hinla&#x0364;nglich i&#x017F;t, den Verbrecher zu<lb/>
verurtheilen; &#x017F;o bedient man &#x017F;ich ver&#x017F;chiedener<lb/>
Arten von Marter. Eine der grau&#x017F;am&#x017F;ten i&#x017F;t,<lb/>
dem Be&#x017F;chuldigten eine gewi&#x017F;&#x017F;e Menge Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
ver&#x017F;chlucken zu laßen, das man ihm mit dem<lb/>
Trichter in den Hals gießt. Sobald der Leib<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">außer-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0117] Art des Betrugs, auch im Spiele, das Luͤgen und Vergreifen an der Obrigkeit, gehoͤrt mit unter die Halsverbrechen, ob es gleich mit einer gelinden Todesſtrafe belegt wird. Dahin gehoͤrt die Enthauptung, Aufknuͤpfung am Galgen und Ausreiſſung der Eingeweide. Dieſe letzte Strafe widerfaͤhrt gemeiniglich Adlichen und Soldaten, die man uͤberfuͤhrt hat, nur mit dem Unterſchiede, daß ſie die Strafe ſelbſt an ſich vollziehen duͤrfen. Denn man haͤlt es, wie be- kannt, fuͤr ſchimpflich, wenn jemand durch Zag- haftigkeit oder langes Bedenken dem Scharf- richter dieſes Stuͤck Arbeit uͤberlaͤßt, und die ſolches thun, muͤſſen gemeiniglich eines haͤrtern Todes ſterben. Sehr wenige Verbrechen ſind ſo klein, oder eine Beleidigung ſo unerheblich, daß ſie durch Geld koͤnnte abgethan werden. Und was die Geiſſelung oder Baſtonade betrift; ſo treffen dieſelben gemeiniglich Sclaven und niedrige Knechte, und zwar werden ihnen dieſe nur von ihren Herren oder Meiſtern zuerkannt. Wir koͤnnen hier die Martern, welche in Japan bey Criminal-Proceſſen uͤblich ſind, nicht vorbeylaßen. Wenn bey einem Criminal-Proceſſe der Beweis nicht hinlaͤnglich iſt, den Verbrecher zu verurtheilen; ſo bedient man ſich verſchiedener Arten von Marter. Eine der grauſamſten iſt, dem Beſchuldigten eine gewiſſe Menge Waſſer verſchlucken zu laßen, das man ihm mit dem Trichter in den Hals gießt. Sobald der Leib außer-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/117
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/117>, abgerufen am 18.05.2024.