außerordentlch aufschwellt, legt man ihn auf die Erde, und die Henkersknechte treten ihn mit Beinen. Beharrt er, das beschuldigte Verbre- chen zu läugnen; so schnürt man ihn vom Halse bis an die Versen mit Bändern, und legt ihn in die größeste Sonnenhitze, oder in die ärgste Kälte, mit dem Rücken auf Kieselsteine *). Kann diese Marter sein Geständniß noch nicht erzwingen; so ist er deswegen noch nicht frey, sondern man behält ihn gefangen oder schickt ihn auf eine wüste Insul. Jedoch diese letztere Strafe ist hauptsächlich für die Großen und Vor- nehmen des Reichs bestimmt. Die Insul, wo man sie hinbringt, liegt acht Meilen von Jed- do, und hat nicht über eine Stunde im Um- fange. Sie hat weder Hafen noch Rhede, und die Ufer sind so entsetzlich steil, daß, wenn man Lebensmittel oder Gefangene dahin bringen, oder die Besatzung ablösen will, das Schiff mit seiner ganzen Ladung vermittelst eines Krahns hinauf ziehen muß. Der Boden trägt nichts als etliche Maulbeerbäume, und den da- hin relegierten, wird ihr Unterhalt geschickt. Ein wenig Reis, Wurzeln und schlechtes Fleisch -- macht ihre ganze Beköstigung aus. Dabey aber läßt man sie nicht müßig gehen,
wodurch
*) Das ist warlich toll genug -- riecht nach ge- waltiger Grausamkeit. Unsre Torturen dagegen sind auch toll genug -- riechen auch ganz gewal- tig nach --
außerordentlch aufſchwellt, legt man ihn auf die Erde, und die Henkersknechte treten ihn mit Beinen. Beharrt er, das beſchuldigte Verbre- chen zu laͤugnen; ſo ſchnuͤrt man ihn vom Halſe bis an die Verſen mit Baͤndern, und legt ihn in die groͤßeſte Sonnenhitze, oder in die aͤrgſte Kaͤlte, mit dem Ruͤcken auf Kieſelſteine *). Kann dieſe Marter ſein Geſtaͤndniß noch nicht erzwingen; ſo iſt er deswegen noch nicht frey, ſondern man behaͤlt ihn gefangen oder ſchickt ihn auf eine wuͤſte Inſul. Jedoch dieſe letztere Strafe iſt hauptſaͤchlich fuͤr die Großen und Vor- nehmen des Reichs beſtimmt. Die Inſul, wo man ſie hinbringt, liegt acht Meilen von Jed- do, und hat nicht uͤber eine Stunde im Um- fange. Sie hat weder Hafen noch Rhede, und die Ufer ſind ſo entſetzlich ſteil, daß, wenn man Lebensmittel oder Gefangene dahin bringen, oder die Beſatzung abloͤſen will, das Schiff mit ſeiner ganzen Ladung vermittelſt eines Krahns hinauf ziehen muß. Der Boden traͤgt nichts als etliche Maulbeerbaͤume, und den da- hin relegierten, wird ihr Unterhalt geſchickt. Ein wenig Reis, Wurzeln und ſchlechtes Fleiſch — macht ihre ganze Bekoͤſtigung aus. Dabey aber laͤßt man ſie nicht muͤßig gehen,
wodurch
*) Das iſt warlich toll genug — riecht nach ge- waltiger Grauſamkeit. Unſre Torturen dagegen ſind auch toll genug — riechen auch ganz gewal- tig nach —
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außerordentlch aufſchwellt, legt man ihn auf die
Erde, und die Henkersknechte treten ihn mit
Beinen. Beharrt er, das beſchuldigte Verbre-
chen zu laͤugnen; ſo ſchnuͤrt man ihn vom Halſe
bis an die Verſen mit Baͤndern, und legt ihn
in die groͤßeſte Sonnenhitze, oder in die aͤrgſte
Kaͤlte, mit dem Ruͤcken auf Kieſelſteine *).
Kann dieſe Marter ſein Geſtaͤndniß noch nicht
erzwingen; ſo iſt er deswegen noch nicht frey,
ſondern man behaͤlt ihn gefangen oder ſchickt ihn
auf eine wuͤſte Inſul. Jedoch dieſe letztere
Strafe iſt hauptſaͤchlich fuͤr die Großen und Vor-
nehmen des Reichs beſtimmt. Die Inſul, wo
man ſie hinbringt, liegt acht Meilen von Jed-
do, und hat nicht uͤber eine Stunde im Um-
fange. Sie hat weder Hafen noch Rhede, und
die Ufer ſind ſo entſetzlich ſteil, daß, wenn man
Lebensmittel oder Gefangene dahin bringen,
oder die Beſatzung abloͤſen will, das Schiff
mit ſeiner ganzen Ladung vermittelſt eines
Krahns hinauf ziehen muß. Der Boden traͤgt
nichts als etliche Maulbeerbaͤume, und den da-
hin relegierten, wird ihr Unterhalt geſchickt.
Ein wenig Reis, Wurzeln und ſchlechtes
Fleiſch — macht ihre ganze Bekoͤſtigung aus.
Dabey aber laͤßt man ſie nicht muͤßig gehen,
wodurch
*) Das iſt warlich toll genug — riecht nach ge-
waltiger Grauſamkeit. Unſre Torturen dagegen
ſind auch toll genug — riechen auch ganz gewal-
tig nach —
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/118>, abgerufen am 24.11.2024.
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