Besonders sieht man den Holländern sehr scharf auf die Finger, und sie werden von der Zeit ihrer Ankunft an, bis sie wieder abseegeln, sehr eingezogen gehalten. Wenn ihre Flotte er- wartet wird; so stellt der Gouverneur von Nangasaki an den Küsten Schildwachen aus, die von jedem Schiffe, das sich auf dem hohen Meere sehen läßt, Nachricht geben müßen. Und wenn diese Schiffe näher kommen; so werden Officiere mit einiger Mannschaft abgeschickt, welche Untersuchungen anstellen müßen, damit der Raport nach Hofe kann versand werden. Von dieser Zeit an, dürfen sie sich nicht rühren und bewegen, bis Antwort vom Hofe zurück ist; alsdann sperrt man sie in ihre Factorey ein, oder man bewacht sie sonst genau.
Es ist hier der Ort, den Lesern die Art und Weise zu erzählen, wie die Holländer den gan- zen Handel mit diesem Reiche -- nach der grausamen Verfolgung der Christen -- an sich gebracht haben. Nach den japanischen Ge- setzen dürfen keine Christen mit ihnen Handel treiben. Die Holländer aber, die gerne mit solchen zu thun haben, wo ihr Profit sichtbar- lich groß ist, verleugneten sich, und gaben vor: sie wären in Europa das einzige Volk, das nicht unter die Christen gehöre, und deswegen würden sie auch von andern gehaßt, und müßten oft mit ihnen Krieg führen. Nächst diesem benachrichtigten sie den Hof von den verschiedenen Cabalen und Bemü-
hungen,
G 2
Beſonders ſieht man den Hollaͤndern ſehr ſcharf auf die Finger, und ſie werden von der Zeit ihrer Ankunft an, bis ſie wieder abſeegeln, ſehr eingezogen gehalten. Wenn ihre Flotte er- wartet wird; ſo ſtellt der Gouverneur von Nangaſaki an den Kuͤſten Schildwachen aus, die von jedem Schiffe, das ſich auf dem hohen Meere ſehen laͤßt, Nachricht geben muͤßen. Und wenn dieſe Schiffe naͤher kommen; ſo werden Officiere mit einiger Mannſchaft abgeſchickt, welche Unterſuchungen anſtellen muͤßen, damit der Raport nach Hofe kann verſand werden. Von dieſer Zeit an, duͤrfen ſie ſich nicht ruͤhren und bewegen, bis Antwort vom Hofe zuruͤck iſt; alsdann ſperrt man ſie in ihre Factorey ein, oder man bewacht ſie ſonſt genau.
Es iſt hier der Ort, den Leſern die Art und Weiſe zu erzaͤhlen, wie die Hollaͤnder den gan- zen Handel mit dieſem Reiche — nach der grauſamen Verfolgung der Chriſten — an ſich gebracht haben. Nach den japaniſchen Ge- ſetzen duͤrfen keine Chriſten mit ihnen Handel treiben. Die Hollaͤnder aber, die gerne mit ſolchen zu thun haben, wo ihr Profit ſichtbar- lich groß iſt, verleugneten ſich, und gaben vor: ſie waͤren in Europa das einzige Volk, das nicht unter die Chriſten gehoͤre, und deswegen wuͤrden ſie auch von andern gehaßt, und muͤßten oft mit ihnen Krieg fuͤhren. Naͤchſt dieſem benachrichtigten ſie den Hof von den verſchiedenen Cabalen und Bemuͤ-
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Beſonders ſieht man den Hollaͤndern ſehr
ſcharf auf die Finger, und ſie werden von der
Zeit ihrer Ankunft an, bis ſie wieder abſeegeln,
ſehr eingezogen gehalten. Wenn ihre Flotte er-
wartet wird; ſo ſtellt der Gouverneur von
Nangaſaki an den Kuͤſten Schildwachen aus,
die von jedem Schiffe, das ſich auf dem hohen
Meere ſehen laͤßt, Nachricht geben muͤßen. Und
wenn dieſe Schiffe naͤher kommen; ſo werden
Officiere mit einiger Mannſchaft abgeſchickt,
welche Unterſuchungen anſtellen muͤßen, damit der
Raport nach Hofe kann verſand werden. Von
dieſer Zeit an, duͤrfen ſie ſich nicht ruͤhren und
bewegen, bis Antwort vom Hofe zuruͤck iſt;
alsdann ſperrt man ſie in ihre Factorey ein, oder
man bewacht ſie ſonſt genau.
Es iſt hier der Ort, den Leſern die Art und
Weiſe zu erzaͤhlen, wie die Hollaͤnder den gan-
zen Handel mit dieſem Reiche — nach der
grauſamen Verfolgung der Chriſten — an
ſich gebracht haben. Nach den japaniſchen Ge-
ſetzen duͤrfen keine Chriſten mit ihnen Handel
treiben. Die Hollaͤnder aber, die gerne mit
ſolchen zu thun haben, wo ihr Profit ſichtbar-
lich groß iſt, verleugneten ſich, und gaben vor:
ſie waͤren in Europa das einzige Volk,
das nicht unter die Chriſten gehoͤre, und
deswegen wuͤrden ſie auch von andern
gehaßt, und muͤßten oft mit ihnen Krieg
fuͤhren. Naͤchſt dieſem benachrichtigten ſie den
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/125>, abgerufen am 21.11.2024.
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