Aus der Beschreibung dieses Windes sieht man, daß nicht leicht jemand Neigung haben werde, diesen Wind so genau zu erforschen.
Die Erziehung der Araber ist von der unsri- gen so sehr unterschieden, daß man sich gar nicht wundern darf, wenn man auch ihren Cha- rakter, von dem Charakter der Europäer sehr abweichend findet. Sie lassen ihre Söhne vier bis fünf Jahre in dem Harem, das ist, bey dem Frauenzimmer, und da belustigen sie sich, während dieser Zeit, wie die Kinder der Euro- päer. So bald sie aus dem Harem kommen, müssen sie sich gewöhnen, ernsthaft zu denken und zu reden, und wohl ganze Tage bey dem Vater sitzen, wenn dieser nicht so begütert ist, daß er ihnen besondre Lehrmeister halten kann. Weil die Musik und Tanzkunst bey den Ara- bern für unanständig gehalten wird: weil das schöne Geschlecht bey ihnen von allen öffentlichen Geschäften ausgeschlossen ist: weil sie gar keine starke Getränke trinken dürfen; -- so lernen die jungen Araber die meisten Vergnügungen der Europäer gar nicht einmal kennen, sondern, so wie sie unter der beständigen Aufsicht alter Leute erwachsen; so werden sie auch schon in ihrer Jugend unvermerkt ernsthaft.
Bey aller dieser Ernsthaftigkeit lieben die Araber doch gerne große Gesellschaften zu halten, und denselben beyzuwohnen. Sie versammlen sich deswegen nicht nur in ihren Kaffeehäusern, son- dern auch auf den Märkten. Vielleicht findet man
kein
Aus der Beſchreibung dieſes Windes ſieht man, daß nicht leicht jemand Neigung haben werde, dieſen Wind ſo genau zu erforſchen.
Die Erziehung der Araber iſt von der unſri- gen ſo ſehr unterſchieden, daß man ſich gar nicht wundern darf, wenn man auch ihren Cha- rakter, von dem Charakter der Europaͤer ſehr abweichend findet. Sie laſſen ihre Soͤhne vier bis fuͤnf Jahre in dem Harem, das iſt, bey dem Frauenzimmer, und da beluſtigen ſie ſich, waͤhrend dieſer Zeit, wie die Kinder der Euro- paͤer. So bald ſie aus dem Harem kommen, muͤſſen ſie ſich gewoͤhnen, ernſthaft zu denken und zu reden, und wohl ganze Tage bey dem Vater ſitzen, wenn dieſer nicht ſo beguͤtert iſt, daß er ihnen beſondre Lehrmeiſter halten kann. Weil die Muſik und Tanzkunſt bey den Ara- bern fuͤr unanſtaͤndig gehalten wird: weil das ſchoͤne Geſchlecht bey ihnen von allen oͤffentlichen Geſchaͤften ausgeſchloſſen iſt: weil ſie gar keine ſtarke Getraͤnke trinken duͤrfen; — ſo lernen die jungen Araber die meiſten Vergnuͤgungen der Europaͤer gar nicht einmal kennen, ſondern, ſo wie ſie unter der beſtaͤndigen Aufſicht alter Leute erwachſen; ſo werden ſie auch ſchon in ihrer Jugend unvermerkt ernſthaft.
Bey aller dieſer Ernſthaftigkeit lieben die Araber doch gerne große Geſellſchaften zu halten, und denſelben beyzuwohnen. Sie verſammlen ſich deswegen nicht nur in ihren Kaffeehaͤuſern, ſon- dern auch auf den Maͤrkten. Vielleicht findet man
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Aus der Beſchreibung dieſes Windes ſieht
man, daß nicht leicht jemand Neigung haben
werde, dieſen Wind ſo genau zu erforſchen.
Die Erziehung der Araber iſt von der unſri-
gen ſo ſehr unterſchieden, daß man ſich gar
nicht wundern darf, wenn man auch ihren Cha-
rakter, von dem Charakter der Europaͤer ſehr
abweichend findet. Sie laſſen ihre Soͤhne vier
bis fuͤnf Jahre in dem Harem, das iſt, bey
dem Frauenzimmer, und da beluſtigen ſie ſich,
waͤhrend dieſer Zeit, wie die Kinder der Euro-
paͤer. So bald ſie aus dem Harem kommen,
muͤſſen ſie ſich gewoͤhnen, ernſthaft zu denken
und zu reden, und wohl ganze Tage bey dem
Vater ſitzen, wenn dieſer nicht ſo beguͤtert iſt,
daß er ihnen beſondre Lehrmeiſter halten kann.
Weil die Muſik und Tanzkunſt bey den Ara-
bern fuͤr unanſtaͤndig gehalten wird: weil das
ſchoͤne Geſchlecht bey ihnen von allen oͤffentlichen
Geſchaͤften ausgeſchloſſen iſt: weil ſie gar keine
ſtarke Getraͤnke trinken duͤrfen; — ſo lernen
die jungen Araber die meiſten Vergnuͤgungen
der Europaͤer gar nicht einmal kennen, ſondern,
ſo wie ſie unter der beſtaͤndigen Aufſicht alter
Leute erwachſen; ſo werden ſie auch ſchon in
ihrer Jugend unvermerkt ernſthaft.
Bey aller dieſer Ernſthaftigkeit lieben die
Araber doch gerne große Geſellſchaften zu halten,
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deswegen nicht nur in ihren Kaffeehaͤuſern, ſon-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/148>, abgerufen am 24.11.2024.
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