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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

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-- einen Menschen, der ganz liederlich war,
der sich völlig den wilden Ausschweifungen sei-
ner Leidenschaften ergab -- einen solchen Un-
menschen für einen Gesandten Gottes zu halten!

Man meint, daß Mohammed -- ungeach-
tet er der Liebe zum Frauenzimmer sehr ergeben
war -- im Grunde gegen das schöne Geschlecht
wenig Hochachtung gehabt habe. Er gieng
eben mit ihnen nicht aufs säuberlichste um,
suchte sie immer zu hintergehen, begegnete ihnen
sehr übel, und gab so gar ein Gesetz, nach wel-
chem es den Männern erlaubt war, ihre Wei-
ber, wenn sie es verdienten, derbe durchzuprü-
geln. Und doch war er so rasend eifersüchtig,
als man sich immer nur einen Menschen denken
kann. Wie er einstmal merkte, daß einige sei-
ner Schüler mit einem verdächtigen Eifer sein
Hauß besuchten, und mit seinen Weibern etwas
vertraut umgiengen; so glaubte er den Fehler
nachdrücklich ahnden zü müssen. Er erklärte
ihnen also von Seiten Gottes, daß sie nicht in
des Propheten Haus, ohne sein Vorwissen ge-
hen sollten, und der Wohlstand verlange es,
sich sogleich nach der Mahlzeit, wenn er sie zum
Essen eingeladen hätte, wegzubegeben, und sich
nicht in weitläuftige Unterredungen mit seinen
Weibern einzulaßen. -- Allem Ansehen nach
müssen sein Frauen einen sehr harten Stand
bey ihm gehabt haben: denn er verbot, daß
niemand nach seinem Tode eine von denselben

heyrathen

— einen Menſchen, der ganz liederlich war,
der ſich voͤllig den wilden Ausſchweifungen ſei-
ner Leidenſchaften ergab — einen ſolchen Un-
menſchen fuͤr einen Geſandten Gottes zu halten!

Man meint, daß Mohammed — ungeach-
tet er der Liebe zum Frauenzimmer ſehr ergeben
war — im Grunde gegen das ſchoͤne Geſchlecht
wenig Hochachtung gehabt habe. Er gieng
eben mit ihnen nicht aufs ſaͤuberlichſte um,
ſuchte ſie immer zu hintergehen, begegnete ihnen
ſehr uͤbel, und gab ſo gar ein Geſetz, nach wel-
chem es den Maͤnnern erlaubt war, ihre Wei-
ber, wenn ſie es verdienten, derbe durchzupruͤ-
geln. Und doch war er ſo raſend eiferſuͤchtig,
als man ſich immer nur einen Menſchen denken
kann. Wie er einſtmal merkte, daß einige ſei-
ner Schuͤler mit einem verdaͤchtigen Eifer ſein
Hauß beſuchten, und mit ſeinen Weibern etwas
vertraut umgiengen; ſo glaubte er den Fehler
nachdruͤcklich ahnden zuͤ muͤſſen. Er erklaͤrte
ihnen alſo von Seiten Gottes, daß ſie nicht in
des Propheten Haus, ohne ſein Vorwiſſen ge-
hen ſollten, und der Wohlſtand verlange es,
ſich ſogleich nach der Mahlzeit, wenn er ſie zum
Eſſen eingeladen haͤtte, wegzubegeben, und ſich
nicht in weitlaͤuftige Unterredungen mit ſeinen
Weibern einzulaßen. — Allem Anſehen nach
muͤſſen ſein Frauen einen ſehr harten Stand
bey ihm gehabt haben: denn er verbot, daß
niemand nach ſeinem Tode eine von denſelben

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[148/0174] — einen Menſchen, der ganz liederlich war, der ſich voͤllig den wilden Ausſchweifungen ſei- ner Leidenſchaften ergab — einen ſolchen Un- menſchen fuͤr einen Geſandten Gottes zu halten! Man meint, daß Mohammed — ungeach- tet er der Liebe zum Frauenzimmer ſehr ergeben war — im Grunde gegen das ſchoͤne Geſchlecht wenig Hochachtung gehabt habe. Er gieng eben mit ihnen nicht aufs ſaͤuberlichſte um, ſuchte ſie immer zu hintergehen, begegnete ihnen ſehr uͤbel, und gab ſo gar ein Geſetz, nach wel- chem es den Maͤnnern erlaubt war, ihre Wei- ber, wenn ſie es verdienten, derbe durchzupruͤ- geln. Und doch war er ſo raſend eiferſuͤchtig, als man ſich immer nur einen Menſchen denken kann. Wie er einſtmal merkte, daß einige ſei- ner Schuͤler mit einem verdaͤchtigen Eifer ſein Hauß beſuchten, und mit ſeinen Weibern etwas vertraut umgiengen; ſo glaubte er den Fehler nachdruͤcklich ahnden zuͤ muͤſſen. Er erklaͤrte ihnen alſo von Seiten Gottes, daß ſie nicht in des Propheten Haus, ohne ſein Vorwiſſen ge- hen ſollten, und der Wohlſtand verlange es, ſich ſogleich nach der Mahlzeit, wenn er ſie zum Eſſen eingeladen haͤtte, wegzubegeben, und ſich nicht in weitlaͤuftige Unterredungen mit ſeinen Weibern einzulaßen. — Allem Anſehen nach muͤſſen ſein Frauen einen ſehr harten Stand bey ihm gehabt haben: denn er verbot, daß niemand nach ſeinem Tode eine von denſelben heyrathen

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/174>, abgerufen am 27.11.2024.