mit diesen aus dem Evangelio entlehnten Aus- drücken verbinde. -- Die Wunder welche er Christo beylegt, sind fast alle aus dem apocry- phischen Evangelio von seiner Kindheit genom- men. Denn Mohammed nutzte mehr die apo- cryphischen Schriften, als das neue Testament. Sich selbst erklärte er, bekanntermaßen, für den letzten und größesten Propheten, und legt sich Vorzüge bey, die man unmöglich für Vor- züge eines Gesandten Gottes halten kann, wenn man dagegen die Stimme einer auch nur etwas gereinigten Vernunft hört. So war er, zum Beyspiel, von allen Auflagen und Allmosen frey, durfte sich selbst an Fasttagen der Wollust überlaßen, Ehebruch ohne Scheu begehen, seine Verläumder tödten u. d. gl. m. Er hatte die Freyheit, alle Laster zu begehen, und wenn er sie begieng -- wurden sie Tugenden. Wahrlich es gehört viel dazu, einen Gott zu gedenken, der seinen Gesandten solche Vorrechte ertheilt.
Mohammeds Lehre von der Auferstehung und dem allgemeinen Weltgericht, ist mit vielen jüdischen Fabeln vermischt. Die Seelen begleiten ihre Leiber ins Grab, und warten mit ihnen aufs allgemeine Weltgericht. Im Grabe wird von zween Engeln Moeker und Nakir eine Untersuchung der Handlungen der Verstor- benen angestellt. Können sie eine solche Unter- suchung aushalten; so dürfen sie sich niederle- gen und ruhen, und Engel leisten ihnen Gesell- schaft. Bestehen sie aber bey einer solchen Un-
tersu-
mit dieſen aus dem Evangelio entlehnten Aus- druͤcken verbinde. — Die Wunder welche er Chriſto beylegt, ſind faſt alle aus dem apocry- phiſchen Evangelio von ſeiner Kindheit genom- men. Denn Mohammed nutzte mehr die apo- cryphiſchen Schriften, als das neue Teſtament. Sich ſelbſt erklaͤrte er, bekanntermaßen, fuͤr den letzten und groͤßeſten Propheten, und legt ſich Vorzuͤge bey, die man unmoͤglich fuͤr Vor- zuͤge eines Geſandten Gottes halten kann, wenn man dagegen die Stimme einer auch nur etwas gereinigten Vernunft hoͤrt. So war er, zum Beyſpiel, von allen Auflagen und Allmoſen frey, durfte ſich ſelbſt an Faſttagen der Wolluſt uͤberlaßen, Ehebruch ohne Scheu begehen, ſeine Verlaͤumder toͤdten u. d. gl. m. Er hatte die Freyheit, alle Laſter zu begehen, und wenn er ſie begieng — wurden ſie Tugenden. Wahrlich es gehoͤrt viel dazu, einen Gott zu gedenken, der ſeinen Geſandten ſolche Vorrechte ertheilt.
Mohammeds Lehre von der Auferſtehung und dem allgemeinen Weltgericht, iſt mit vielen juͤdiſchen Fabeln vermiſcht. Die Seelen begleiten ihre Leiber ins Grab, und warten mit ihnen aufs allgemeine Weltgericht. Im Grabe wird von zween Engeln Moeker und Nakir eine Unterſuchung der Handlungen der Verſtor- benen angeſtellt. Koͤnnen ſie eine ſolche Unter- ſuchung aushalten; ſo duͤrfen ſie ſich niederle- gen und ruhen, und Engel leiſten ihnen Geſell- ſchaft. Beſtehen ſie aber bey einer ſolchen Un-
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mit dieſen aus dem Evangelio entlehnten Aus-
druͤcken verbinde. — Die Wunder welche er
Chriſto beylegt, ſind faſt alle aus dem apocry-
phiſchen Evangelio von ſeiner Kindheit genom-
men. Denn Mohammed nutzte mehr die apo-
cryphiſchen Schriften, als das neue Teſtament.
Sich ſelbſt erklaͤrte er, bekanntermaßen, fuͤr
den letzten und groͤßeſten Propheten, und legt
ſich Vorzuͤge bey, die man unmoͤglich fuͤr Vor-
zuͤge eines Geſandten Gottes halten kann, wenn
man dagegen die Stimme einer auch nur etwas
gereinigten Vernunft hoͤrt. So war er, zum
Beyſpiel, von allen Auflagen und Allmoſen
frey, durfte ſich ſelbſt an Faſttagen der Wolluſt
uͤberlaßen, Ehebruch ohne Scheu begehen, ſeine
Verlaͤumder toͤdten u. d. gl. m. Er hatte die
Freyheit, alle Laſter zu begehen, und wenn er
ſie begieng — wurden ſie Tugenden. Wahrlich
es gehoͤrt viel dazu, einen Gott zu gedenken, der
ſeinen Geſandten ſolche Vorrechte ertheilt.
Mohammeds Lehre von der Auferſtehung
und dem allgemeinen Weltgericht, iſt mit
vielen juͤdiſchen Fabeln vermiſcht. Die Seelen
begleiten ihre Leiber ins Grab, und warten mit
ihnen aufs allgemeine Weltgericht. Im Grabe
wird von zween Engeln Moeker und Nakir
eine Unterſuchung der Handlungen der Verſtor-
benen angeſtellt. Koͤnnen ſie eine ſolche Unter-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/183>, abgerufen am 23.11.2024.
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