Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

Platz steht, ist eigentlich die Kaba, für welche
die Mohammedaner so viel Ehrfurcht haben,
daß sie, in welcher Gegend der Welt sie auch
seyn mögen, bey dem Gebet ihr Gesicht dahin
kehren. Die Ursache, warum sie die Kaba so
in Ehren halten, ist, weil sie glauben, daß
Abraham sie, um seine Andacht hier zu verrich-
ten, erbaut habe. Das Gebäude Abrahams
aber soll etwas mehr östlich gestanden haben,
und man soll noch einige Ueberreste von dessen
Mauern, oder vielmehr Zeichen sehen, wo sie
gewesen sind. Die Baukunst ist an der itzigen
Kaba gar nicht verschwendet. Sie ist nur ein
kleines Gebäude und viereckigt, wie bereits von
vielen Schriftstellern ist bemerkt worden. Die
Thüre ist nach Süden (Sales sagt, sie sey gegen
Osten gelegt) und nicht in der Mitte, sondern
mehr nach der südwestlichen Ecke, und so hoch,
daß man von der bloßen Erde mit der Hand,
kaum die Schwelle erreichen kann. Man steigt
zu derselben auf keiner steinernen Treppe, son-
dern auf einer beweglichen hölzernen Leiter.
Die Thür der Kaba wird jährlich nur an zweyen
Tagen geöfnet, außerordentliche Fälle ausge-
nommen, und alsdenn ist es auch einem jeden
nicht erlaubt, hinein zu steigen, sondern nur
den Vornehmen, oder solchen, welche einige Ver-
bindung mit ihnen haben. Von den vielen
Kostbarkeiten, welche nach dem Bericht einiger
Europäer in diesem Gebäude seyn sollen, hat
unser Verfasser nichts gehört, vielmehr hat man

ihn

Platz ſteht, iſt eigentlich die Kaba, fuͤr welche
die Mohammedaner ſo viel Ehrfurcht haben,
daß ſie, in welcher Gegend der Welt ſie auch
ſeyn moͤgen, bey dem Gebet ihr Geſicht dahin
kehren. Die Urſache, warum ſie die Kaba ſo
in Ehren halten, iſt, weil ſie glauben, daß
Abraham ſie, um ſeine Andacht hier zu verrich-
ten, erbaut habe. Das Gebaͤude Abrahams
aber ſoll etwas mehr oͤſtlich geſtanden haben,
und man ſoll noch einige Ueberreſte von deſſen
Mauern, oder vielmehr Zeichen ſehen, wo ſie
geweſen ſind. Die Baukunſt iſt an der itzigen
Kaba gar nicht verſchwendet. Sie iſt nur ein
kleines Gebaͤude und viereckigt, wie bereits von
vielen Schriftſtellern iſt bemerkt worden. Die
Thuͤre iſt nach Suͤden (Sales ſagt, ſie ſey gegen
Oſten gelegt) und nicht in der Mitte, ſondern
mehr nach der ſuͤdweſtlichen Ecke, und ſo hoch,
daß man von der bloßen Erde mit der Hand,
kaum die Schwelle erreichen kann. Man ſteigt
zu derſelben auf keiner ſteinernen Treppe, ſon-
dern auf einer beweglichen hoͤlzernen Leiter.
Die Thuͤr der Kaba wird jaͤhrlich nur an zweyen
Tagen geoͤfnet, außerordentliche Faͤlle ausge-
nommen, und alsdenn iſt es auch einem jeden
nicht erlaubt, hinein zu ſteigen, ſondern nur
den Vornehmen, oder ſolchen, welche einige Ver-
bindung mit ihnen haben. Von den vielen
Koſtbarkeiten, welche nach dem Bericht einiger
Europaͤer in dieſem Gebaͤude ſeyn ſollen, hat
unſer Verfaſſer nichts gehoͤrt, vielmehr hat man

ihn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0202" n="176"/>
Platz &#x017F;teht, i&#x017F;t eigentlich die <hi rendition="#fr">Kaba,</hi> fu&#x0364;r welche<lb/>
die Mohammedaner &#x017F;o viel Ehrfurcht haben,<lb/>
daß &#x017F;ie, in welcher Gegend der Welt &#x017F;ie auch<lb/>
&#x017F;eyn mo&#x0364;gen, bey dem Gebet ihr Ge&#x017F;icht dahin<lb/>
kehren. Die Ur&#x017F;ache, warum &#x017F;ie die Kaba &#x017F;o<lb/>
in Ehren halten, i&#x017F;t, weil &#x017F;ie glauben, daß<lb/>
Abraham &#x017F;ie, um &#x017F;eine Andacht hier zu verrich-<lb/>
ten, erbaut habe. Das Geba&#x0364;ude Abrahams<lb/>
aber &#x017F;oll etwas mehr o&#x0364;&#x017F;tlich ge&#x017F;tanden haben,<lb/>
und man &#x017F;oll noch einige Ueberre&#x017F;te von de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Mauern, oder vielmehr Zeichen &#x017F;ehen, wo &#x017F;ie<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;ind. Die Baukun&#x017F;t i&#x017F;t an der itzigen<lb/>
Kaba gar nicht ver&#x017F;chwendet. Sie i&#x017F;t nur ein<lb/>
kleines Geba&#x0364;ude und viereckigt, wie bereits von<lb/>
vielen Schrift&#x017F;tellern i&#x017F;t bemerkt worden. Die<lb/>
Thu&#x0364;re i&#x017F;t nach Su&#x0364;den (Sales &#x017F;agt, &#x017F;ie &#x017F;ey gegen<lb/>
O&#x017F;ten gelegt) und nicht in der Mitte, &#x017F;ondern<lb/>
mehr nach der &#x017F;u&#x0364;dwe&#x017F;tlichen Ecke, und &#x017F;o hoch,<lb/>
daß man von der bloßen Erde mit der Hand,<lb/>
kaum die Schwelle erreichen kann. Man &#x017F;teigt<lb/>
zu der&#x017F;elben auf keiner &#x017F;teinernen Treppe, &#x017F;on-<lb/>
dern auf einer beweglichen ho&#x0364;lzernen Leiter.<lb/>
Die Thu&#x0364;r der <hi rendition="#fr">Kaba</hi> wird ja&#x0364;hrlich nur an zweyen<lb/>
Tagen geo&#x0364;fnet, außerordentliche Fa&#x0364;lle ausge-<lb/>
nommen, und alsdenn i&#x017F;t es auch einem jeden<lb/>
nicht erlaubt, hinein zu &#x017F;teigen, &#x017F;ondern nur<lb/>
den Vornehmen, oder &#x017F;olchen, welche einige Ver-<lb/>
bindung mit ihnen haben. Von den vielen<lb/>
Ko&#x017F;tbarkeiten, welche nach dem Bericht einiger<lb/>
Europa&#x0364;er in die&#x017F;em Geba&#x0364;ude &#x017F;eyn &#x017F;ollen, hat<lb/>
un&#x017F;er Verfa&#x017F;&#x017F;er nichts geho&#x0364;rt, vielmehr hat man<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihn</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0202] Platz ſteht, iſt eigentlich die Kaba, fuͤr welche die Mohammedaner ſo viel Ehrfurcht haben, daß ſie, in welcher Gegend der Welt ſie auch ſeyn moͤgen, bey dem Gebet ihr Geſicht dahin kehren. Die Urſache, warum ſie die Kaba ſo in Ehren halten, iſt, weil ſie glauben, daß Abraham ſie, um ſeine Andacht hier zu verrich- ten, erbaut habe. Das Gebaͤude Abrahams aber ſoll etwas mehr oͤſtlich geſtanden haben, und man ſoll noch einige Ueberreſte von deſſen Mauern, oder vielmehr Zeichen ſehen, wo ſie geweſen ſind. Die Baukunſt iſt an der itzigen Kaba gar nicht verſchwendet. Sie iſt nur ein kleines Gebaͤude und viereckigt, wie bereits von vielen Schriftſtellern iſt bemerkt worden. Die Thuͤre iſt nach Suͤden (Sales ſagt, ſie ſey gegen Oſten gelegt) und nicht in der Mitte, ſondern mehr nach der ſuͤdweſtlichen Ecke, und ſo hoch, daß man von der bloßen Erde mit der Hand, kaum die Schwelle erreichen kann. Man ſteigt zu derſelben auf keiner ſteinernen Treppe, ſon- dern auf einer beweglichen hoͤlzernen Leiter. Die Thuͤr der Kaba wird jaͤhrlich nur an zweyen Tagen geoͤfnet, außerordentliche Faͤlle ausge- nommen, und alsdenn iſt es auch einem jeden nicht erlaubt, hinein zu ſteigen, ſondern nur den Vornehmen, oder ſolchen, welche einige Ver- bindung mit ihnen haben. Von den vielen Koſtbarkeiten, welche nach dem Bericht einiger Europaͤer in dieſem Gebaͤude ſeyn ſollen, hat unſer Verfaſſer nichts gehoͤrt, vielmehr hat man ihn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/202
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/202>, abgerufen am 17.05.2024.