Platz steht, ist eigentlich die Kaba, für welche die Mohammedaner so viel Ehrfurcht haben, daß sie, in welcher Gegend der Welt sie auch seyn mögen, bey dem Gebet ihr Gesicht dahin kehren. Die Ursache, warum sie die Kaba so in Ehren halten, ist, weil sie glauben, daß Abraham sie, um seine Andacht hier zu verrich- ten, erbaut habe. Das Gebäude Abrahams aber soll etwas mehr östlich gestanden haben, und man soll noch einige Ueberreste von dessen Mauern, oder vielmehr Zeichen sehen, wo sie gewesen sind. Die Baukunst ist an der itzigen Kaba gar nicht verschwendet. Sie ist nur ein kleines Gebäude und viereckigt, wie bereits von vielen Schriftstellern ist bemerkt worden. Die Thüre ist nach Süden (Sales sagt, sie sey gegen Osten gelegt) und nicht in der Mitte, sondern mehr nach der südwestlichen Ecke, und so hoch, daß man von der bloßen Erde mit der Hand, kaum die Schwelle erreichen kann. Man steigt zu derselben auf keiner steinernen Treppe, son- dern auf einer beweglichen hölzernen Leiter. Die Thür der Kaba wird jährlich nur an zweyen Tagen geöfnet, außerordentliche Fälle ausge- nommen, und alsdenn ist es auch einem jeden nicht erlaubt, hinein zu steigen, sondern nur den Vornehmen, oder solchen, welche einige Ver- bindung mit ihnen haben. Von den vielen Kostbarkeiten, welche nach dem Bericht einiger Europäer in diesem Gebäude seyn sollen, hat unser Verfasser nichts gehört, vielmehr hat man
ihn
Platz ſteht, iſt eigentlich die Kaba, fuͤr welche die Mohammedaner ſo viel Ehrfurcht haben, daß ſie, in welcher Gegend der Welt ſie auch ſeyn moͤgen, bey dem Gebet ihr Geſicht dahin kehren. Die Urſache, warum ſie die Kaba ſo in Ehren halten, iſt, weil ſie glauben, daß Abraham ſie, um ſeine Andacht hier zu verrich- ten, erbaut habe. Das Gebaͤude Abrahams aber ſoll etwas mehr oͤſtlich geſtanden haben, und man ſoll noch einige Ueberreſte von deſſen Mauern, oder vielmehr Zeichen ſehen, wo ſie geweſen ſind. Die Baukunſt iſt an der itzigen Kaba gar nicht verſchwendet. Sie iſt nur ein kleines Gebaͤude und viereckigt, wie bereits von vielen Schriftſtellern iſt bemerkt worden. Die Thuͤre iſt nach Suͤden (Sales ſagt, ſie ſey gegen Oſten gelegt) und nicht in der Mitte, ſondern mehr nach der ſuͤdweſtlichen Ecke, und ſo hoch, daß man von der bloßen Erde mit der Hand, kaum die Schwelle erreichen kann. Man ſteigt zu derſelben auf keiner ſteinernen Treppe, ſon- dern auf einer beweglichen hoͤlzernen Leiter. Die Thuͤr der Kaba wird jaͤhrlich nur an zweyen Tagen geoͤfnet, außerordentliche Faͤlle ausge- nommen, und alsdenn iſt es auch einem jeden nicht erlaubt, hinein zu ſteigen, ſondern nur den Vornehmen, oder ſolchen, welche einige Ver- bindung mit ihnen haben. Von den vielen Koſtbarkeiten, welche nach dem Bericht einiger Europaͤer in dieſem Gebaͤude ſeyn ſollen, hat unſer Verfaſſer nichts gehoͤrt, vielmehr hat man
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Platz ſteht, iſt eigentlich die Kaba, fuͤr welche
die Mohammedaner ſo viel Ehrfurcht haben,
daß ſie, in welcher Gegend der Welt ſie auch
ſeyn moͤgen, bey dem Gebet ihr Geſicht dahin
kehren. Die Urſache, warum ſie die Kaba ſo
in Ehren halten, iſt, weil ſie glauben, daß
Abraham ſie, um ſeine Andacht hier zu verrich-
ten, erbaut habe. Das Gebaͤude Abrahams
aber ſoll etwas mehr oͤſtlich geſtanden haben,
und man ſoll noch einige Ueberreſte von deſſen
Mauern, oder vielmehr Zeichen ſehen, wo ſie
geweſen ſind. Die Baukunſt iſt an der itzigen
Kaba gar nicht verſchwendet. Sie iſt nur ein
kleines Gebaͤude und viereckigt, wie bereits von
vielen Schriftſtellern iſt bemerkt worden. Die
Thuͤre iſt nach Suͤden (Sales ſagt, ſie ſey gegen
Oſten gelegt) und nicht in der Mitte, ſondern
mehr nach der ſuͤdweſtlichen Ecke, und ſo hoch,
daß man von der bloßen Erde mit der Hand,
kaum die Schwelle erreichen kann. Man ſteigt
zu derſelben auf keiner ſteinernen Treppe, ſon-
dern auf einer beweglichen hoͤlzernen Leiter.
Die Thuͤr der Kaba wird jaͤhrlich nur an zweyen
Tagen geoͤfnet, außerordentliche Faͤlle ausge-
nommen, und alsdenn iſt es auch einem jeden
nicht erlaubt, hinein zu ſteigen, ſondern nur
den Vornehmen, oder ſolchen, welche einige Ver-
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Koſtbarkeiten, welche nach dem Bericht einiger
Europaͤer in dieſem Gebaͤude ſeyn ſollen, hat
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/202>, abgerufen am 21.11.2024.
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