ihn versichert, daß nichts außerordentliches dar- inn zu sehen sey.
Das Merkwürdigste an diesem Gebäude ist der so genannte schwarze Stein, welcher in der südwestlichen Ecke eingemauert ist. Diesen Stein soll der Engel Gabriel zum Bau der Ka- ba vom Himmel herabgebracht haben. Er soll weiß, und wie ein mohammedanischer Geistli- cher behauptete, so glänzend gewesen seyn, daß man sein Licht vier Tagereisen weit habe sehen können. Er soll aber so sehr über die Sünden der Menschen geweint haben, daß er sein Licht nach und nach verlohren habe und endlich ganz schwarz geworden ist. Kein Körper in der Welt ist wohl mehr geliebkoset worden, als dieser Stein. So oft ein Mohammedaner um diese Kaba geht, und seine Andacht verrichtet; so oft küßt er ihn auch, und wenn er wegen der Men- ge der Menschen diese Ehre nicht haben kann; so sucht er ihn doch wenigstens mit der Hand zu berühren. Dieser Stein ist in Silber ein- gefaßt, doch muß die Einfaßung nicht sonder- lich seyn.
Etwa auf zwey drittel der Höhe dieser Kaba sieht man rund um dieselbe das berühmte schwarze seidne Tuch, auf welchem Sprüche aus dem Koran mit purem Golddraht genäht und wovon die Buchstaben so groß sind, als die Mohammedaner sie sonst in ihren Innschriften an die Wände zu mahlen, und in Holz oder Steine auszuhauen pflegen. Dieses kostbare
Tuch
M
ihn verſichert, daß nichts außerordentliches dar- inn zu ſehen ſey.
Das Merkwuͤrdigſte an dieſem Gebaͤude iſt der ſo genannte ſchwarze Stein, welcher in der ſuͤdweſtlichen Ecke eingemauert iſt. Dieſen Stein ſoll der Engel Gabriel zum Bau der Ka- ba vom Himmel herabgebracht haben. Er ſoll weiß, und wie ein mohammedaniſcher Geiſtli- cher behauptete, ſo glaͤnzend geweſen ſeyn, daß man ſein Licht vier Tagereiſen weit habe ſehen koͤnnen. Er ſoll aber ſo ſehr uͤber die Suͤnden der Menſchen geweint haben, daß er ſein Licht nach und nach verlohren habe und endlich ganz ſchwarz geworden iſt. Kein Koͤrper in der Welt iſt wohl mehr geliebkoſet worden, als dieſer Stein. So oft ein Mohammedaner um dieſe Kaba geht, und ſeine Andacht verrichtet; ſo oft kuͤßt er ihn auch, und wenn er wegen der Men- ge der Menſchen dieſe Ehre nicht haben kann; ſo ſucht er ihn doch wenigſtens mit der Hand zu beruͤhren. Dieſer Stein iſt in Silber ein- gefaßt, doch muß die Einfaßung nicht ſonder- lich ſeyn.
Etwa auf zwey drittel der Hoͤhe dieſer Kaba ſieht man rund um dieſelbe das beruͤhmte ſchwarze ſeidne Tuch, auf welchem Spruͤche aus dem Koran mit purem Golddraht genaͤht und wovon die Buchſtaben ſo groß ſind, als die Mohammedaner ſie ſonſt in ihren Innſchriften an die Waͤnde zu mahlen, und in Holz oder Steine auszuhauen pflegen. Dieſes koſtbare
Tuch
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[177/0203]
ihn verſichert, daß nichts außerordentliches dar-
inn zu ſehen ſey.
Das Merkwuͤrdigſte an dieſem Gebaͤude
iſt der ſo genannte ſchwarze Stein, welcher in
der ſuͤdweſtlichen Ecke eingemauert iſt. Dieſen
Stein ſoll der Engel Gabriel zum Bau der Ka-
ba vom Himmel herabgebracht haben. Er ſoll
weiß, und wie ein mohammedaniſcher Geiſtli-
cher behauptete, ſo glaͤnzend geweſen ſeyn, daß
man ſein Licht vier Tagereiſen weit habe ſehen
koͤnnen. Er ſoll aber ſo ſehr uͤber die Suͤnden
der Menſchen geweint haben, daß er ſein Licht
nach und nach verlohren habe und endlich ganz
ſchwarz geworden iſt. Kein Koͤrper in der Welt
iſt wohl mehr geliebkoſet worden, als dieſer
Stein. So oft ein Mohammedaner um dieſe
Kaba geht, und ſeine Andacht verrichtet; ſo oft
kuͤßt er ihn auch, und wenn er wegen der Men-
ge der Menſchen dieſe Ehre nicht haben kann;
ſo ſucht er ihn doch wenigſtens mit der Hand
zu beruͤhren. Dieſer Stein iſt in Silber ein-
gefaßt, doch muß die Einfaßung nicht ſonder-
lich ſeyn.
Etwa auf zwey drittel der Hoͤhe dieſer Kaba
ſieht man rund um dieſelbe das beruͤhmte
ſchwarze ſeidne Tuch, auf welchem Spruͤche aus
dem Koran mit purem Golddraht genaͤht und
wovon die Buchſtaben ſo groß ſind, als die
Mohammedaner ſie ſonſt in ihren Innſchriften
an die Waͤnde zu mahlen, und in Holz oder
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/203>, abgerufen am 21.11.2024.
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