versuchen wollen, Gabel und Messer zu gebrau- chen; so ist es ihnen doch so mühsam, daß sie bald zu ihrer alten Manier zurückgehen. Sie lassen alle ihre Fleischspeisen in kleine Stücken zerschnitten auftragen. Sie essen nur mit der rechten Hand, die linke aber dient ihnen zum waschen der unreinen Theile des Leibes.
So unangenehm es also für einen neu an- kommenden Europäer ist, mit Leuten zu essen, die die Speisen mit den Fingern aus der Schüs- sel nehmen; so gewöhnt man sich doch bald daran, wenn man mit ihrer Lebensart näher bekannt wird. Weil die Mohammedaner ihrer Religion nach verpflichtet sind, sich fleißig zu waschen; so ist es schon deswegen sehr wahr- scheinlich, daß ihre Köche das Essen wenigstens eben so reinlich zubereiten, wie die europäischen. Sie sind so gar verpflichtet, die Nägel so kurz zu halten, daß sich nichts unreines darunter setzen kann, weil sie glauben, daß ihr Gebet kraftlos sey, wenn sie auch nur die geringste Unreinigkeit an ihrem Leibe haben. Da sie nun auch vor dem Essen, Hände, Mund und Na- se, gemeiniglich auch mit Seife, waschen; so scheint es einem zuletzt gleichgültig, ob einer das Essen mit reinen Fingern, oder mit der Gabel aus der Schüssel nimmt.
Bey den vornehmen Schechs, in dem wü- sten Arabien, welche zu einer Mahlzeit nicht mehr als Pilau, d. h. gekochten Reis, verlan- gen, wird eine sehr große hölzerne Schüssel voll
auf-
verſuchen wollen, Gabel und Meſſer zu gebrau- chen; ſo iſt es ihnen doch ſo muͤhſam, daß ſie bald zu ihrer alten Manier zuruͤckgehen. Sie laſſen alle ihre Fleiſchſpeiſen in kleine Stuͤcken zerſchnitten auftragen. Sie eſſen nur mit der rechten Hand, die linke aber dient ihnen zum waſchen der unreinen Theile des Leibes.
So unangenehm es alſo fuͤr einen neu an- kommenden Europaͤer iſt, mit Leuten zu eſſen, die die Speiſen mit den Fingern aus der Schuͤſ- ſel nehmen; ſo gewoͤhnt man ſich doch bald daran, wenn man mit ihrer Lebensart naͤher bekannt wird. Weil die Mohammedaner ihrer Religion nach verpflichtet ſind, ſich fleißig zu waſchen; ſo iſt es ſchon deswegen ſehr wahr- ſcheinlich, daß ihre Koͤche das Eſſen wenigſtens eben ſo reinlich zubereiten, wie die europaͤiſchen. Sie ſind ſo gar verpflichtet, die Naͤgel ſo kurz zu halten, daß ſich nichts unreines darunter ſetzen kann, weil ſie glauben, daß ihr Gebet kraftlos ſey, wenn ſie auch nur die geringſte Unreinigkeit an ihrem Leibe haben. Da ſie nun auch vor dem Eſſen, Haͤnde, Mund und Na- ſe, gemeiniglich auch mit Seife, waſchen; ſo ſcheint es einem zuletzt gleichguͤltig, ob einer das Eſſen mit reinen Fingern, oder mit der Gabel aus der Schuͤſſel nimmt.
Bey den vornehmen Schechs, in dem wuͤ- ſten Arabien, welche zu einer Mahlzeit nicht mehr als Pilau, d. h. gekochten Reis, verlan- gen, wird eine ſehr große hoͤlzerne Schuͤſſel voll
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verſuchen wollen, Gabel und Meſſer zu gebrau-
chen; ſo iſt es ihnen doch ſo muͤhſam, daß ſie
bald zu ihrer alten Manier zuruͤckgehen. Sie
laſſen alle ihre Fleiſchſpeiſen in kleine Stuͤcken
zerſchnitten auftragen. Sie eſſen nur mit der
rechten Hand, die linke aber dient ihnen zum
waſchen der unreinen Theile des Leibes.
So unangenehm es alſo fuͤr einen neu an-
kommenden Europaͤer iſt, mit Leuten zu eſſen,
die die Speiſen mit den Fingern aus der Schuͤſ-
ſel nehmen; ſo gewoͤhnt man ſich doch bald
daran, wenn man mit ihrer Lebensart naͤher
bekannt wird. Weil die Mohammedaner ihrer
Religion nach verpflichtet ſind, ſich fleißig zu
waſchen; ſo iſt es ſchon deswegen ſehr wahr-
ſcheinlich, daß ihre Koͤche das Eſſen wenigſtens
eben ſo reinlich zubereiten, wie die europaͤiſchen.
Sie ſind ſo gar verpflichtet, die Naͤgel ſo kurz
zu halten, daß ſich nichts unreines darunter
ſetzen kann, weil ſie glauben, daß ihr Gebet
kraftlos ſey, wenn ſie auch nur die geringſte
Unreinigkeit an ihrem Leibe haben. Da ſie nun
auch vor dem Eſſen, Haͤnde, Mund und Na-
ſe, gemeiniglich auch mit Seife, waſchen; ſo
ſcheint es einem zuletzt gleichguͤltig, ob einer das
Eſſen mit reinen Fingern, oder mit der Gabel
aus der Schuͤſſel nimmt.
Bey den vornehmen Schechs, in dem wuͤ-
ſten Arabien, welche zu einer Mahlzeit nicht
mehr als Pilau, d. h. gekochten Reis, verlan-
gen, wird eine ſehr große hoͤlzerne Schuͤſſel voll
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/224>, abgerufen am 16.02.2025.
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