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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

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den vornehmsten Schriftstellern, die über den
Koran geschrieben haben, und deren Anzahl sehr
groß ist, wohl bekannt machen müßen, wenn
sie sich unter ihren Landesleuten das Ansehen der
Gelehrsamkeit erwerben wollen. Man sagt,
daß die Gelehrten sich öffentlich müßen examini-
ren lassen, bevor sie ansehnliche geistliche oder
weltliche Bedienungen erhalten. Doch hierbey
handeln die Mohammedaner wohl nicht ganz
unpartheyisch. Viele, wovon man glaubt, daß
sie nur wenig gelernt haben, erhalten einträgli-
che Bedienungen, und andre tüchtige Männer,
müßen ihre Lebenszeit als Schreiber und Schul-
meister zubringen *).

Es
*) Wenn mancher Professor sich sollte vorher so
examiniren lassen, ehe er sein Amt antritt, als
es sich gehörte; so würde es wahrlich oft sehr
mißlich aussehen. -- Manchem armen Can-
didaten wenn er vor dem Richterstuhle seine
Gelehrsamkeit zeigen soll, wird herzlich bange,
und kann vor Ungeduld die Zeit nicht erwarten,
wo er dieser Geissel los ist. Die Furcht dieser
Leute ist ganz gegründet, weil sie befürchten
müßen, einen Repuls zu bekommen, und da
bleibt ihm die Schaude aufm Halse. Es wäre
daher zu wünschen, daß die Herren, welche ei-
nen andern examiniren, immer unpartheyisch
verfahren möchten, und immer bedenken, daß
zwischen" einen examiniren" und" von einem exa-
miniret werden" ein großer Unterschied sey. Ein
Narr kann mehr fragen, als zehn Kluge ant-
worten können.

den vornehmſten Schriftſtellern, die uͤber den
Koran geſchrieben haben, und deren Anzahl ſehr
groß iſt, wohl bekannt machen muͤßen, wenn
ſie ſich unter ihren Landesleuten das Anſehen der
Gelehrſamkeit erwerben wollen. Man ſagt,
daß die Gelehrten ſich oͤffentlich muͤßen examini-
ren laſſen, bevor ſie anſehnliche geiſtliche oder
weltliche Bedienungen erhalten. Doch hierbey
handeln die Mohammedaner wohl nicht ganz
unpartheyiſch. Viele, wovon man glaubt, daß
ſie nur wenig gelernt haben, erhalten eintraͤgli-
che Bedienungen, und andre tuͤchtige Maͤnner,
muͤßen ihre Lebenszeit als Schreiber und Schul-
meiſter zubringen *).

Es
*) Wenn mancher Profeſſor ſich ſollte vorher ſo
examiniren laſſen, ehe er ſein Amt antritt, als
es ſich gehoͤrte; ſo wuͤrde es wahrlich oft ſehr
mißlich ausſehen. — Manchem armen Can-
didaten wenn er vor dem Richterſtuhle ſeine
Gelehrſamkeit zeigen ſoll, wird herzlich bange,
und kann vor Ungeduld die Zeit nicht erwarten,
wo er dieſer Geiſſel los iſt. Die Furcht dieſer
Leute iſt ganz gegruͤndet, weil ſie befuͤrchten
muͤßen, einen Repuls zu bekommen, und da
bleibt ihm die Schaude aufm Halſe. Es waͤre
daher zu wuͤnſchen, daß die Herren, welche ei-
nen andern examiniren, immer unpartheyiſch
verfahren moͤchten, und immer bedenken, daß
zwiſchen„ einen examiniren„ und„ von einem exa-
miniret werden„ ein großer Unterſchied ſey. Ein
Narr kann mehr fragen, als zehn Kluge ant-
worten koͤnnen.
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[230/0256] den vornehmſten Schriftſtellern, die uͤber den Koran geſchrieben haben, und deren Anzahl ſehr groß iſt, wohl bekannt machen muͤßen, wenn ſie ſich unter ihren Landesleuten das Anſehen der Gelehrſamkeit erwerben wollen. Man ſagt, daß die Gelehrten ſich oͤffentlich muͤßen examini- ren laſſen, bevor ſie anſehnliche geiſtliche oder weltliche Bedienungen erhalten. Doch hierbey handeln die Mohammedaner wohl nicht ganz unpartheyiſch. Viele, wovon man glaubt, daß ſie nur wenig gelernt haben, erhalten eintraͤgli- che Bedienungen, und andre tuͤchtige Maͤnner, muͤßen ihre Lebenszeit als Schreiber und Schul- meiſter zubringen *). Es *) Wenn mancher Profeſſor ſich ſollte vorher ſo examiniren laſſen, ehe er ſein Amt antritt, als es ſich gehoͤrte; ſo wuͤrde es wahrlich oft ſehr mißlich ausſehen. — Manchem armen Can- didaten wenn er vor dem Richterſtuhle ſeine Gelehrſamkeit zeigen ſoll, wird herzlich bange, und kann vor Ungeduld die Zeit nicht erwarten, wo er dieſer Geiſſel los iſt. Die Furcht dieſer Leute iſt ganz gegruͤndet, weil ſie befuͤrchten muͤßen, einen Repuls zu bekommen, und da bleibt ihm die Schaude aufm Halſe. Es waͤre daher zu wuͤnſchen, daß die Herren, welche ei- nen andern examiniren, immer unpartheyiſch verfahren moͤchten, und immer bedenken, daß zwiſchen„ einen examiniren„ und„ von einem exa- miniret werden„ ein großer Unterſchied ſey. Ein Narr kann mehr fragen, als zehn Kluge ant- worten koͤnnen.

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/256>, abgerufen am 22.11.2024.