mit Trommeln und Singen, durch die vor- nehmsten Straßen der Stadt ziehen, und aller- ley Gaukeleyen machen, besonders damit, daß sie sich ein Eisen, welches unten spitz ist, und oben einen Knopf einer Faust dicke hat, mit Gewalt ins Auge werfen, und es wieder her- ausziehen, ohne daß es ihnen schadet. Diese Derwische begeben sich nach der Procession in das Haus des Nakib es scheraf, d. i. des Ober- haupts der Nachkommen Mohammeds in dieser Stadt, um einige Kapitel aus dem Koran zu lesen oder lesen zu hören.
Die Derwische von dem Orden Bedreddin feyern in der zwölften Nacht des Rabea el aual ein sehr großes Fest wegen der Geburt Moham- meds. Bey diesem Feste war unser Verfasser als ein Mohammedaner gekleidet, und hat das Schauspiel der Derwische mit angesehen. Al- les, sagt Hr. N. geschah unter freyen Himmel, und auf dem großen Platze brannten nicht mehr als drey große Wachslichter. Die Schechs und die Vornehmen aus der Stadt saßen oben in einer Reihe, und unter diesen war besonders der oberste Schech des Ordens merkwürdig. Alle Derwische küßten ihm auf ihren Knien die Hand inwendig und auswendig, und legten sie auf ihren Kopf, um gleichsam den Seegen zu erhalten. An beyden Seiten saß eine Menge Derwische und Mullas, die zum Theil mit agirten, oder nur Zuschauer waren. Einige lasen, oder sangen vielmehr, gewisse Stücke
aus
mit Trommeln und Singen, durch die vor- nehmſten Straßen der Stadt ziehen, und aller- ley Gaukeleyen machen, beſonders damit, daß ſie ſich ein Eiſen, welches unten ſpitz iſt, und oben einen Knopf einer Fauſt dicke hat, mit Gewalt ins Auge werfen, und es wieder her- ausziehen, ohne daß es ihnen ſchadet. Dieſe Derwiſche begeben ſich nach der Proceſſion in das Haus des Nakib es ſcheraf, d. i. des Ober- haupts der Nachkommen Mohammeds in dieſer Stadt, um einige Kapitel aus dem Koran zu leſen oder leſen zu hoͤren.
Die Derwiſche von dem Orden Bedreddin feyern in der zwoͤlften Nacht des Rabea el aual ein ſehr großes Feſt wegen der Geburt Moham- meds. Bey dieſem Feſte war unſer Verfaſſer als ein Mohammedaner gekleidet, und hat das Schauſpiel der Derwiſche mit angeſehen. Al- les, ſagt Hr. N. geſchah unter freyen Himmel, und auf dem großen Platze brannten nicht mehr als drey große Wachslichter. Die Schechs und die Vornehmen aus der Stadt ſaßen oben in einer Reihe, und unter dieſen war beſonders der oberſte Schech des Ordens merkwuͤrdig. Alle Derwiſche kuͤßten ihm auf ihren Knien die Hand inwendig und auswendig, und legten ſie auf ihren Kopf, um gleichſam den Seegen zu erhalten. An beyden Seiten ſaß eine Menge Derwiſche und Mullâs, die zum Theil mit agirten, oder nur Zuſchauer waren. Einige laſen, oder ſangen vielmehr, gewiſſe Stuͤcke
aus
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0272"n="246"/>
mit Trommeln und Singen, durch die vor-<lb/>
nehmſten Straßen der Stadt ziehen, und aller-<lb/>
ley Gaukeleyen machen, beſonders damit, daß<lb/>ſie ſich ein Eiſen, welches unten ſpitz iſt, und<lb/>
oben einen Knopf einer Fauſt dicke hat, mit<lb/>
Gewalt ins Auge werfen, und es wieder her-<lb/>
ausziehen, ohne daß es ihnen ſchadet. Dieſe<lb/>
Derwiſche begeben ſich nach der Proceſſion in<lb/>
das Haus des Nakib es ſcheraf, d. i. des Ober-<lb/>
haupts der Nachkommen Mohammeds in dieſer<lb/>
Stadt, um einige Kapitel aus dem Koran zu<lb/>
leſen oder leſen zu hoͤren.</p><lb/><p>Die Derwiſche von dem Orden Bedreddin<lb/>
feyern in der zwoͤlften Nacht des Rabea el aual<lb/>
ein ſehr großes Feſt wegen der Geburt Moham-<lb/>
meds. Bey dieſem Feſte war unſer Verfaſſer<lb/>
als ein Mohammedaner gekleidet, und hat das<lb/>
Schauſpiel der Derwiſche mit angeſehen. Al-<lb/>
les, ſagt Hr. N. geſchah unter freyen Himmel,<lb/>
und auf dem großen Platze brannten nicht mehr<lb/>
als drey große Wachslichter. Die Schechs und<lb/>
die Vornehmen aus der Stadt ſaßen oben in<lb/>
einer Reihe, und unter dieſen war beſonders der<lb/>
oberſte Schech des Ordens merkwuͤrdig. Alle<lb/>
Derwiſche kuͤßten ihm auf ihren Knien die<lb/>
Hand inwendig und auswendig, und legten ſie<lb/>
auf ihren Kopf, um gleichſam den Seegen zu<lb/>
erhalten. An beyden Seiten ſaß eine Menge<lb/>
Derwiſche und Mull<hirendition="#aq">â</hi>s, die zum Theil mit<lb/>
agirten, oder nur Zuſchauer waren. Einige<lb/>
laſen, oder ſangen vielmehr, gewiſſe Stuͤcke<lb/><fwplace="bottom"type="catch">aus</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[246/0272]
mit Trommeln und Singen, durch die vor-
nehmſten Straßen der Stadt ziehen, und aller-
ley Gaukeleyen machen, beſonders damit, daß
ſie ſich ein Eiſen, welches unten ſpitz iſt, und
oben einen Knopf einer Fauſt dicke hat, mit
Gewalt ins Auge werfen, und es wieder her-
ausziehen, ohne daß es ihnen ſchadet. Dieſe
Derwiſche begeben ſich nach der Proceſſion in
das Haus des Nakib es ſcheraf, d. i. des Ober-
haupts der Nachkommen Mohammeds in dieſer
Stadt, um einige Kapitel aus dem Koran zu
leſen oder leſen zu hoͤren.
Die Derwiſche von dem Orden Bedreddin
feyern in der zwoͤlften Nacht des Rabea el aual
ein ſehr großes Feſt wegen der Geburt Moham-
meds. Bey dieſem Feſte war unſer Verfaſſer
als ein Mohammedaner gekleidet, und hat das
Schauſpiel der Derwiſche mit angeſehen. Al-
les, ſagt Hr. N. geſchah unter freyen Himmel,
und auf dem großen Platze brannten nicht mehr
als drey große Wachslichter. Die Schechs und
die Vornehmen aus der Stadt ſaßen oben in
einer Reihe, und unter dieſen war beſonders der
oberſte Schech des Ordens merkwuͤrdig. Alle
Derwiſche kuͤßten ihm auf ihren Knien die
Hand inwendig und auswendig, und legten ſie
auf ihren Kopf, um gleichſam den Seegen zu
erhalten. An beyden Seiten ſaß eine Menge
Derwiſche und Mullâs, die zum Theil mit
agirten, oder nur Zuſchauer waren. Einige
laſen, oder ſangen vielmehr, gewiſſe Stuͤcke
aus
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/272>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.