dadurch zu verbinden, daß er die Brunnen am Wege nach Mecca nicht verderbe, und den Pil- grimmen freyen Durchzug verstatte. Gleiche Geschenke werden den übrigen Emirs gegeben, welche der Sultan aus eben diesen Beweggrün- den schonen muß. Die Türken haben aus trauriger Erfahrung gelernt, daß Gewalt bey einem Volke nichts vermöge, das sich in un- fruchtbaren Wüsteneyen verschanzt, wo eine Armee für Hunger ihr Leben einbüßen müßte, ehe sie den Feind erreichen könnte. Die Be- douinen sind nie von einem Auswärtigen be- zwungen worden, und aller Wahrscheinlichkeit nach, werden sie auch nie von andern bezwun- gen werden können. -- Es ereignet sich sehr oft, daß die verschiedenen Stämme unter sich viele, aber kleine und nicht blutige Kriege füh- ren. Machen nun etwa die Türken Miene, sich dieser Uneinigkeit zu bedienen, und einen Ein- fall gegen die Bedouinen zu wagen, so vereini- gen sie sich alsbald, um gemeinschaftlich zuerst das allgemeine Wohl zu vertheidigen.
Die Einkünfte der Emirs sind nichts weni- ger als beträchtlich, weil sie von ihren Unter- thanen keine Abgaben fodern, und auch nicht fodern können. Sie brauchen aber auch nichts, denn das Heer, welches sie anführen, braucht von ihnen nicht besoldet zu werden, und die Sparsamkeit, die sie beweisen, läßt schon ver- muthen, daß sie keinen großen Aufwand ma- chen können. Ihr größester Reichthum besteht,
in
dadurch zu verbinden, daß er die Brunnen am Wege nach Mecca nicht verderbe, und den Pil- grimmen freyen Durchzug verſtatte. Gleiche Geſchenke werden den uͤbrigen Emirs gegeben, welche der Sultan aus eben dieſen Beweggruͤn- den ſchonen muß. Die Tuͤrken haben aus trauriger Erfahrung gelernt, daß Gewalt bey einem Volke nichts vermoͤge, das ſich in un- fruchtbaren Wuͤſteneyen verſchanzt, wo eine Armee fuͤr Hunger ihr Leben einbuͤßen muͤßte, ehe ſie den Feind erreichen koͤnnte. Die Be- douinen ſind nie von einem Auswaͤrtigen be- zwungen worden, und aller Wahrſcheinlichkeit nach, werden ſie auch nie von andern bezwun- gen werden koͤnnen. — Es ereignet ſich ſehr oft, daß die verſchiedenen Staͤmme unter ſich viele, aber kleine und nicht blutige Kriege fuͤh- ren. Machen nun etwa die Tuͤrken Miene, ſich dieſer Uneinigkeit zu bedienen, und einen Ein- fall gegen die Bedouinen zu wagen, ſo vereini- gen ſie ſich alsbald, um gemeinſchaftlich zuerſt das allgemeine Wohl zu vertheidigen.
Die Einkuͤnfte der Emirs ſind nichts weni- ger als betraͤchtlich, weil ſie von ihren Unter- thanen keine Abgaben fodern, und auch nicht fodern koͤnnen. Sie brauchen aber auch nichts, denn das Heer, welches ſie anfuͤhren, braucht von ihnen nicht beſoldet zu werden, und die Sparſamkeit, die ſie beweiſen, laͤßt ſchon ver- muthen, daß ſie keinen großen Aufwand ma- chen koͤnnen. Ihr groͤßeſter Reichthum beſteht,
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dadurch zu verbinden, daß er die Brunnen am
Wege nach Mecca nicht verderbe, und den Pil-
grimmen freyen Durchzug verſtatte. Gleiche
Geſchenke werden den uͤbrigen Emirs gegeben,
welche der Sultan aus eben dieſen Beweggruͤn-
den ſchonen muß. Die Tuͤrken haben aus
trauriger Erfahrung gelernt, daß Gewalt bey
einem Volke nichts vermoͤge, das ſich in un-
fruchtbaren Wuͤſteneyen verſchanzt, wo eine
Armee fuͤr Hunger ihr Leben einbuͤßen muͤßte,
ehe ſie den Feind erreichen koͤnnte. Die Be-
douinen ſind nie von einem Auswaͤrtigen be-
zwungen worden, und aller Wahrſcheinlichkeit
nach, werden ſie auch nie von andern bezwun-
gen werden koͤnnen. — Es ereignet ſich ſehr
oft, daß die verſchiedenen Staͤmme unter ſich
viele, aber kleine und nicht blutige Kriege fuͤh-
ren. Machen nun etwa die Tuͤrken Miene, ſich
dieſer Uneinigkeit zu bedienen, und einen Ein-
fall gegen die Bedouinen zu wagen, ſo vereini-
gen ſie ſich alsbald, um gemeinſchaftlich zuerſt
das allgemeine Wohl zu vertheidigen.
Die Einkuͤnfte der Emirs ſind nichts weni-
ger als betraͤchtlich, weil ſie von ihren Unter-
thanen keine Abgaben fodern, und auch nicht
fodern koͤnnen. Sie brauchen aber auch nichts,
denn das Heer, welches ſie anfuͤhren, braucht
von ihnen nicht beſoldet zu werden, und die
Sparſamkeit, die ſie beweiſen, laͤßt ſchon ver-
muthen, daß ſie keinen großen Aufwand ma-
chen koͤnnen. Ihr groͤßeſter Reichthum beſteht,
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/284>, abgerufen am 21.11.2024.
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