ist, welche vermittelst eines Draths an einander feste gemacht sind. Sie sind auch Liebhaber von großen und langen Nägeln, welche sie nie- mals abschneiden, und auf das sorgfältigste be- mahlen.
Die sclavische Art, in welcher die Siamer erzogen werden, schlägt ihren Muth ganz nie- der, und macht sie äußerst feige und schüchtern. Ihre Gemüthsart ist völlig gelassen, allein sie hat doch nichts anziehendes. Sie sind kalt, faul, müßig und uneigennützig mehr aus Faul- heit als Tugend. Mit der Gleichgültigkeit, die sie bey allen Stücken gleich stark äußern, kann man nichts vergleichen. Sie ist fast mehr als Unempfindlichkeit. Sie bewundern nichts, hassen auch nichts, und ihre Gemüthsart, sagt ein beglaubter Schriftsteller, ist ruhig, wie ihr Himmel. Ihren Verstand üben sie eben so we- nig als ihren Körper; und sonder Zweifel wür- de dieß Volk in einer gänzlichen Unthätigkeit le- ben, wenn die beschwerlichen Hofdienste, wor- über sie freylich genug seufzen, sie nicht einiger- maßen in Bewegung setzten. Ihr Gang ist lang- sam und verräth nichts freyes.
Ihre Gesichtsbildung hat etwas trauriges und dummes, welches von ihren Verstandes- fähigkeiten keine sonderlich gute Begriffe macht. Indessen kennen sie doch leicht das, was man ihnen sagt, fassen, und geben auf die ihnen vorgelegten Fragen oftmals lebhafte und geist- reiche Antworten. Zum Selbsterfinden scheinen
sie
iſt, welche vermittelſt eines Draths an einander feſte gemacht ſind. Sie ſind auch Liebhaber von großen und langen Naͤgeln, welche ſie nie- mals abſchneiden, und auf das ſorgfaͤltigſte be- mahlen.
Die ſclaviſche Art, in welcher die Siamer erzogen werden, ſchlaͤgt ihren Muth ganz nie- der, und macht ſie aͤußerſt feige und ſchuͤchtern. Ihre Gemuͤthsart iſt voͤllig gelaſſen, allein ſie hat doch nichts anziehendes. Sie ſind kalt, faul, muͤßig und uneigennuͤtzig mehr aus Faul- heit als Tugend. Mit der Gleichguͤltigkeit, die ſie bey allen Stuͤcken gleich ſtark aͤußern, kann man nichts vergleichen. Sie iſt faſt mehr als Unempfindlichkeit. Sie bewundern nichts, haſſen auch nichts, und ihre Gemuͤthsart, ſagt ein beglaubter Schriftſteller, iſt ruhig, wie ihr Himmel. Ihren Verſtand uͤben ſie eben ſo we- nig als ihren Koͤrper; und ſonder Zweifel wuͤr- de dieß Volk in einer gaͤnzlichen Unthaͤtigkeit le- ben, wenn die beſchwerlichen Hofdienſte, wor- uͤber ſie freylich genug ſeufzen, ſie nicht einiger- maßen in Bewegung ſetzten. Ihr Gang iſt lang- ſam und verraͤth nichts freyes.
Ihre Geſichtsbildung hat etwas trauriges und dummes, welches von ihren Verſtandes- faͤhigkeiten keine ſonderlich gute Begriffe macht. Indeſſen kennen ſie doch leicht das, was man ihnen ſagt, faſſen, und geben auf die ihnen vorgelegten Fragen oftmals lebhafte und geiſt- reiche Antworten. Zum Selbſterfinden ſcheinen
ſie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0308"n="282"/>
iſt, welche vermittelſt eines Draths an einander<lb/>
feſte gemacht ſind. Sie ſind auch Liebhaber<lb/>
von großen und langen Naͤgeln, welche ſie nie-<lb/>
mals abſchneiden, und auf das ſorgfaͤltigſte be-<lb/>
mahlen.</p><lb/><p>Die ſclaviſche Art, in welcher die Siamer<lb/>
erzogen werden, ſchlaͤgt ihren Muth ganz nie-<lb/>
der, und macht ſie aͤußerſt feige und ſchuͤchtern.<lb/>
Ihre <hirendition="#fr">Gemuͤthsart</hi> iſt voͤllig gelaſſen, allein ſie<lb/>
hat doch nichts anziehendes. Sie ſind kalt,<lb/>
faul, muͤßig und uneigennuͤtzig mehr aus Faul-<lb/>
heit als Tugend. Mit der Gleichguͤltigkeit, die<lb/>ſie bey allen Stuͤcken gleich ſtark aͤußern, kann<lb/>
man nichts vergleichen. Sie iſt faſt mehr als<lb/>
Unempfindlichkeit. Sie bewundern nichts,<lb/>
haſſen auch nichts, und ihre Gemuͤthsart, ſagt<lb/>
ein beglaubter Schriftſteller, iſt ruhig, wie ihr<lb/>
Himmel. Ihren Verſtand uͤben ſie eben ſo we-<lb/>
nig als ihren Koͤrper; und ſonder Zweifel wuͤr-<lb/>
de dieß Volk in einer gaͤnzlichen Unthaͤtigkeit le-<lb/>
ben, wenn die beſchwerlichen Hofdienſte, wor-<lb/>
uͤber ſie freylich genug ſeufzen, ſie nicht einiger-<lb/>
maßen in Bewegung ſetzten. Ihr Gang iſt lang-<lb/>ſam und verraͤth nichts freyes.</p><lb/><p>Ihre Geſichtsbildung hat etwas trauriges<lb/>
und dummes, welches von ihren Verſtandes-<lb/>
faͤhigkeiten keine ſonderlich gute Begriffe macht.<lb/>
Indeſſen kennen ſie doch leicht das, was man<lb/>
ihnen ſagt, faſſen, und geben auf die ihnen<lb/>
vorgelegten Fragen oftmals lebhafte und geiſt-<lb/>
reiche Antworten. Zum Selbſterfinden ſcheinen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſie</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[282/0308]
iſt, welche vermittelſt eines Draths an einander
feſte gemacht ſind. Sie ſind auch Liebhaber
von großen und langen Naͤgeln, welche ſie nie-
mals abſchneiden, und auf das ſorgfaͤltigſte be-
mahlen.
Die ſclaviſche Art, in welcher die Siamer
erzogen werden, ſchlaͤgt ihren Muth ganz nie-
der, und macht ſie aͤußerſt feige und ſchuͤchtern.
Ihre Gemuͤthsart iſt voͤllig gelaſſen, allein ſie
hat doch nichts anziehendes. Sie ſind kalt,
faul, muͤßig und uneigennuͤtzig mehr aus Faul-
heit als Tugend. Mit der Gleichguͤltigkeit, die
ſie bey allen Stuͤcken gleich ſtark aͤußern, kann
man nichts vergleichen. Sie iſt faſt mehr als
Unempfindlichkeit. Sie bewundern nichts,
haſſen auch nichts, und ihre Gemuͤthsart, ſagt
ein beglaubter Schriftſteller, iſt ruhig, wie ihr
Himmel. Ihren Verſtand uͤben ſie eben ſo we-
nig als ihren Koͤrper; und ſonder Zweifel wuͤr-
de dieß Volk in einer gaͤnzlichen Unthaͤtigkeit le-
ben, wenn die beſchwerlichen Hofdienſte, wor-
uͤber ſie freylich genug ſeufzen, ſie nicht einiger-
maßen in Bewegung ſetzten. Ihr Gang iſt lang-
ſam und verraͤth nichts freyes.
Ihre Geſichtsbildung hat etwas trauriges
und dummes, welches von ihren Verſtandes-
faͤhigkeiten keine ſonderlich gute Begriffe macht.
Indeſſen kennen ſie doch leicht das, was man
ihnen ſagt, faſſen, und geben auf die ihnen
vorgelegten Fragen oftmals lebhafte und geiſt-
reiche Antworten. Zum Selbſterfinden ſcheinen
ſie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/308>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.