chinesischen, weil sie für diese Sorten von Ta- back mehr als für ihren eignen portirt sind. Mit diesem verschiedenen Zeitvertreib bringen die Siamer ihr Leben zu, und es ist auch nöthig, weil sie ein sehr mäßiges Leben führen, so bald ihre sechs Frohnmonate ein Ende haben. Denn da sie meistentheils kein besondres Handwerk treiben; so wissen sie nicht, was sie thun sollen, wenn sie mit des Königs Arbeit zu Stande sind. Hiernächst sind sie schon daran gewöhnt, daß ihre Frau, oder Mutter, oder ihre Töchter, für ihr Essen sorgen, das Feld bauen, kaufen und verkaufen, und überhaupt alle Hausgeschäfte verrichten. Nach La Loubere's Berichte wecket die Frau ihren Mann des Morgens um sieben Uhr auf, und setzt ihm Reis und Fische vor. Der Mann frühstücket, und schläft hernach wieder ein. Des Mittags und Abends geht er zu rechter Zeit zu Tische. Zwischen der Mahl- zeit legt er sich abermals einige Stunden aufs Ohr. Die übrige Zeit vertreibt er mit Gesprä- chen, Spielen und Tabackrauchen.
Der König von Siam ist unter den Prin- zen, welche in der Halbinsel Indiens regieren, der mächtigste. Seine Unterthanen, die die Macht, welche er besitzt, sehr wohl einsehen, haben für seine Person die größeste Hochach- tung, und erzeigen ihm so viel Ehre, die der Anbetung ziemlich gleich kommt. Sein Pal- last, worinn er wohnt, wird für einen heiligen Ort gehalten. Niemand geht hinein, ohne sich
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chineſiſchen, weil ſie fuͤr dieſe Sorten von Ta- back mehr als fuͤr ihren eignen portirt ſind. Mit dieſem verſchiedenen Zeitvertreib bringen die Siamer ihr Leben zu, und es iſt auch noͤthig, weil ſie ein ſehr maͤßiges Leben fuͤhren, ſo bald ihre ſechs Frohnmonate ein Ende haben. Denn da ſie meiſtentheils kein beſondres Handwerk treiben; ſo wiſſen ſie nicht, was ſie thun ſollen, wenn ſie mit des Koͤnigs Arbeit zu Stande ſind. Hiernaͤchſt ſind ſie ſchon daran gewoͤhnt, daß ihre Frau, oder Mutter, oder ihre Toͤchter, fuͤr ihr Eſſen ſorgen, das Feld bauen, kaufen und verkaufen, und uͤberhaupt alle Hausgeſchaͤfte verrichten. Nach La Loubere’s Berichte wecket die Frau ihren Mann des Morgens um ſieben Uhr auf, und ſetzt ihm Reis und Fiſche vor. Der Mann fruͤhſtuͤcket, und ſchlaͤft hernach wieder ein. Des Mittags und Abends geht er zu rechter Zeit zu Tiſche. Zwiſchen der Mahl- zeit legt er ſich abermals einige Stunden aufs Ohr. Die uͤbrige Zeit vertreibt er mit Geſpraͤ- chen, Spielen und Tabackrauchen.
Der Koͤnig von Siam iſt unter den Prin- zen, welche in der Halbinſel Indiens regieren, der maͤchtigſte. Seine Unterthanen, die die Macht, welche er beſitzt, ſehr wohl einſehen, haben fuͤr ſeine Perſon die groͤßeſte Hochach- tung, und erzeigen ihm ſo viel Ehre, die der Anbetung ziemlich gleich kommt. Sein Pal- laſt, worinn er wohnt, wird fuͤr einen heiligen Ort gehalten. Niemand geht hinein, ohne ſich
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chineſiſchen, weil ſie fuͤr dieſe Sorten von Ta-
back mehr als fuͤr ihren eignen portirt ſind.
Mit dieſem verſchiedenen Zeitvertreib bringen
die Siamer ihr Leben zu, und es iſt auch noͤthig,
weil ſie ein ſehr maͤßiges Leben fuͤhren, ſo bald
ihre ſechs Frohnmonate ein Ende haben. Denn
da ſie meiſtentheils kein beſondres Handwerk
treiben; ſo wiſſen ſie nicht, was ſie thun ſollen,
wenn ſie mit des Koͤnigs Arbeit zu Stande ſind.
Hiernaͤchſt ſind ſie ſchon daran gewoͤhnt, daß
ihre Frau, oder Mutter, oder ihre Toͤchter, fuͤr
ihr Eſſen ſorgen, das Feld bauen, kaufen und
verkaufen, und uͤberhaupt alle Hausgeſchaͤfte
verrichten. Nach La Loubere’s Berichte wecket
die Frau ihren Mann des Morgens um ſieben
Uhr auf, und ſetzt ihm Reis und Fiſche vor.
Der Mann fruͤhſtuͤcket, und ſchlaͤft hernach
wieder ein. Des Mittags und Abends geht er
zu rechter Zeit zu Tiſche. Zwiſchen der Mahl-
zeit legt er ſich abermals einige Stunden aufs
Ohr. Die uͤbrige Zeit vertreibt er mit Geſpraͤ-
chen, Spielen und Tabackrauchen.
Der Koͤnig von Siam iſt unter den Prin-
zen, welche in der Halbinſel Indiens regieren,
der maͤchtigſte. Seine Unterthanen, die die
Macht, welche er beſitzt, ſehr wohl einſehen,
haben fuͤr ſeine Perſon die groͤßeſte Hochach-
tung, und erzeigen ihm ſo viel Ehre, die der
Anbetung ziemlich gleich kommt. Sein Pal-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/321>, abgerufen am 22.11.2024.
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