größeste Ehre besteht darinn, daß man dem Scheiterhaufen eine große Höhe giebt, nicht etwa mit Aufschlichten einer großen Menge Holzes, sondern vermittelst hoher Gerüste, die man mit Erde überschüttet, und den Scheiter- haufen oben darauf setzt.
Die Leiche wird unter dem Schalle vieler Instrumente weggetragen, und macht den An- fang des Zuges. Nachher folgen die Begleiter, welche aus den Anverwandten und guten Freun- den des Verstorbenen von beyden Geschlechten bestehen. Sie sind insgesammt weiß gekleidet, und am Kopfe mit einem weissen Schleier ver- hüllt. Gemeiniglich geschieht die Leichenbeglei- tung auf dem Flusse, welcher bey dieser Gele- genheit mit einer großen Menge Balonen be- deckt ist.
Der Sarg wird nicht verbrannt, sondern die Leiche nackend auf das Holz gelegt. Die Talapoinen aus dem nächsten Kloster singen et- wa eine Viertelstunde, gehen hernach ihres We- ges, und kommen nicht wieder zum Vorschein. Man läßt sie nicht kommen, als wenn es der Religion wegen nöthig wäre, sondern um der Handlung einen größern Glanz zu verschaffen. Sobald nun die Talapoinen weg sind, so fängt man an, den Cone und Rabam auf verschie- denen Schaubühnen zu spielen, womit der gan- ze Tag zugebracht wird. Gegen Mittag steckt ein Bedienter der Talapoinen den Scheiterhau- fen in Brand, den man gewöhnlich nicht über
zwey
groͤßeſte Ehre beſteht darinn, daß man dem Scheiterhaufen eine große Hoͤhe giebt, nicht etwa mit Aufſchlichten einer großen Menge Holzes, ſondern vermittelſt hoher Geruͤſte, die man mit Erde uͤberſchuͤttet, und den Scheiter- haufen oben darauf ſetzt.
Die Leiche wird unter dem Schalle vieler Inſtrumente weggetragen, und macht den An- fang des Zuges. Nachher folgen die Begleiter, welche aus den Anverwandten und guten Freun- den des Verſtorbenen von beyden Geſchlechten beſtehen. Sie ſind insgeſammt weiß gekleidet, und am Kopfe mit einem weiſſen Schleier ver- huͤllt. Gemeiniglich geſchieht die Leichenbeglei- tung auf dem Fluſſe, welcher bey dieſer Gele- genheit mit einer großen Menge Balonen be- deckt iſt.
Der Sarg wird nicht verbrannt, ſondern die Leiche nackend auf das Holz gelegt. Die Talapoinen aus dem naͤchſten Kloſter ſingen et- wa eine Viertelſtunde, gehen hernach ihres We- ges, und kommen nicht wieder zum Vorſchein. Man laͤßt ſie nicht kommen, als wenn es der Religion wegen noͤthig waͤre, ſondern um der Handlung einen groͤßern Glanz zu verſchaffen. Sobald nun die Talapoinen weg ſind, ſo faͤngt man an, den Cone und Rabam auf verſchie- denen Schaubuͤhnen zu ſpielen, womit der gan- ze Tag zugebracht wird. Gegen Mittag ſteckt ein Bedienter der Talapoinen den Scheiterhau- fen in Brand, den man gewoͤhnlich nicht uͤber
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groͤßeſte Ehre beſteht darinn, daß man dem
Scheiterhaufen eine große Hoͤhe giebt, nicht
etwa mit Aufſchlichten einer großen Menge
Holzes, ſondern vermittelſt hoher Geruͤſte, die
man mit Erde uͤberſchuͤttet, und den Scheiter-
haufen oben darauf ſetzt.
Die Leiche wird unter dem Schalle vieler
Inſtrumente weggetragen, und macht den An-
fang des Zuges. Nachher folgen die Begleiter,
welche aus den Anverwandten und guten Freun-
den des Verſtorbenen von beyden Geſchlechten
beſtehen. Sie ſind insgeſammt weiß gekleidet,
und am Kopfe mit einem weiſſen Schleier ver-
huͤllt. Gemeiniglich geſchieht die Leichenbeglei-
tung auf dem Fluſſe, welcher bey dieſer Gele-
genheit mit einer großen Menge Balonen be-
deckt iſt.
Der Sarg wird nicht verbrannt, ſondern
die Leiche nackend auf das Holz gelegt. Die
Talapoinen aus dem naͤchſten Kloſter ſingen et-
wa eine Viertelſtunde, gehen hernach ihres We-
ges, und kommen nicht wieder zum Vorſchein.
Man laͤßt ſie nicht kommen, als wenn es der
Religion wegen noͤthig waͤre, ſondern um der
Handlung einen groͤßern Glanz zu verſchaffen.
Sobald nun die Talapoinen weg ſind, ſo faͤngt
man an, den Cone und Rabam auf verſchie-
denen Schaubuͤhnen zu ſpielen, womit der gan-
ze Tag zugebracht wird. Gegen Mittag ſteckt
ein Bedienter der Talapoinen den Scheiterhau-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/329>, abgerufen am 22.11.2024.
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