Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Kleidung der Talapoinen besteht aus
drey Stücken: mit dem einem umwickeln sie
den linken Arm, und bedecken die Hälfte des
Leibes bis an die Hüften; der rechte Arm, die
Beine und der Kopf bleiben blos. Das andere
Stück geht von den Hüften bis auf die Wa-
den. Das dritte ist ein zeugner, ziemlich breiter
Streifen, den sie etlichemal zusammenlegen,
und um sich herum winden. Um sich vor der
Sonne zu verwahren, haben sie eine Art von
Fecher in der Hand, Talapat genannt, wo-
von sie, nach den Berichten einiger Reisebe-
schreiber, ihren Namen sollen erhalten haben.

Es giebt auch Talapoininnen in Siam,
aber weit weniger, als Nonnen in den catho-
lischen Ländern. Wahr ist es, sie müßen älter
seyn als die Nonnen, in unsern Klöstern,
wenn sie den Ordenshabit anlegen. Auch ha-
ben sie keine andere Wohnung, als bey den
Talapoins. Weil sie wenigstens funfzig Jahr
alt sind, wenn sie sich entschließen, der Welt
zu entsagen; so sieht man dieses Alter als eine
hinlängliche Sicherheit für ihre Keuschheit an.
Sollte es aber dem ohngeachtet geschehen, daß
sie ausschweifeten, es sey nun aus einer übrig
gebliebenen Neigung zur Wollust, oder den
dringenden Begierden eines jungen Talapoins
nachzugeben; so werden sie deswegen nicht ver-
brennt, sondern man begnügt sich, sie ihren
Verwandten zurückzuschicken, die ihnen die Ba-

stonande
Z 5

Die Kleidung der Talapoinen beſteht aus
drey Stuͤcken: mit dem einem umwickeln ſie
den linken Arm, und bedecken die Haͤlfte des
Leibes bis an die Huͤften; der rechte Arm, die
Beine und der Kopf bleiben blos. Das andere
Stuͤck geht von den Huͤften bis auf die Wa-
den. Das dritte iſt ein zeugner, ziemlich breiter
Streifen, den ſie etlichemal zuſammenlegen,
und um ſich herum winden. Um ſich vor der
Sonne zu verwahren, haben ſie eine Art von
Fecher in der Hand, Talapat genannt, wo-
von ſie, nach den Berichten einiger Reiſebe-
ſchreiber, ihren Namen ſollen erhalten haben.

Es giebt auch Talapoininnen in Siam,
aber weit weniger, als Nonnen in den catho-
liſchen Laͤndern. Wahr iſt es, ſie muͤßen aͤlter
ſeyn als die Nonnen, in unſern Kloͤſtern,
wenn ſie den Ordenshabit anlegen. Auch ha-
ben ſie keine andere Wohnung, als bey den
Talapoins. Weil ſie wenigſtens funfzig Jahr
alt ſind, wenn ſie ſich entſchließen, der Welt
zu entſagen; ſo ſieht man dieſes Alter als eine
hinlaͤngliche Sicherheit fuͤr ihre Keuſchheit an.
Sollte es aber dem ohngeachtet geſchehen, daß
ſie ausſchweifeten, es ſey nun aus einer uͤbrig
gebliebenen Neigung zur Wolluſt, oder den
dringenden Begierden eines jungen Talapoins
nachzugeben; ſo werden ſie deswegen nicht ver-
brennt, ſondern man begnuͤgt ſich, ſie ihren
Verwandten zuruͤckzuſchicken, die ihnen die Ba-

ſtonande
Z 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0387" n="361"/>
          <p>Die Kleidung der Talapoinen be&#x017F;teht aus<lb/>
drey Stu&#x0364;cken: mit dem einem umwickeln &#x017F;ie<lb/>
den linken Arm, und bedecken die Ha&#x0364;lfte des<lb/>
Leibes bis an die Hu&#x0364;ften; der rechte Arm, die<lb/>
Beine und der Kopf bleiben blos. Das andere<lb/>
Stu&#x0364;ck geht von den Hu&#x0364;ften bis auf die Wa-<lb/>
den. Das dritte i&#x017F;t ein zeugner, ziemlich breiter<lb/>
Streifen, den &#x017F;ie etlichemal zu&#x017F;ammenlegen,<lb/>
und um &#x017F;ich herum winden. Um &#x017F;ich vor der<lb/>
Sonne zu verwahren, haben &#x017F;ie eine Art von<lb/>
Fecher in der Hand, <hi rendition="#fr">Talapat</hi> genannt, wo-<lb/>
von &#x017F;ie, nach den Berichten einiger Rei&#x017F;ebe-<lb/>
&#x017F;chreiber, ihren Namen &#x017F;ollen erhalten haben.</p><lb/>
          <p>Es giebt auch <hi rendition="#fr">Talapoininnen</hi> in Siam,<lb/>
aber weit weniger, als Nonnen in den catho-<lb/>
li&#x017F;chen La&#x0364;ndern. Wahr i&#x017F;t es, &#x017F;ie mu&#x0364;ßen a&#x0364;lter<lb/>
&#x017F;eyn als die Nonnen, in un&#x017F;ern Klo&#x0364;&#x017F;tern,<lb/>
wenn &#x017F;ie den Ordenshabit anlegen. Auch ha-<lb/>
ben &#x017F;ie keine andere Wohnung, als bey den<lb/>
Talapoins. Weil &#x017F;ie wenig&#x017F;tens funfzig Jahr<lb/>
alt &#x017F;ind, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich ent&#x017F;chließen, der Welt<lb/>
zu ent&#x017F;agen; &#x017F;o &#x017F;ieht man die&#x017F;es Alter als eine<lb/>
hinla&#x0364;ngliche Sicherheit fu&#x0364;r ihre Keu&#x017F;chheit an.<lb/>
Sollte es aber dem ohngeachtet ge&#x017F;chehen, daß<lb/>
&#x017F;ie aus&#x017F;chweifeten, es &#x017F;ey nun aus einer u&#x0364;brig<lb/>
gebliebenen Neigung zur Wollu&#x017F;t, oder den<lb/>
dringenden Begierden eines jungen Talapoins<lb/>
nachzugeben; &#x017F;o werden &#x017F;ie deswegen nicht ver-<lb/>
brennt, &#x017F;ondern man begnu&#x0364;gt &#x017F;ich, &#x017F;ie ihren<lb/>
Verwandten zuru&#x0364;ckzu&#x017F;chicken, die ihnen die Ba-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z 5</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tonande</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[361/0387] Die Kleidung der Talapoinen beſteht aus drey Stuͤcken: mit dem einem umwickeln ſie den linken Arm, und bedecken die Haͤlfte des Leibes bis an die Huͤften; der rechte Arm, die Beine und der Kopf bleiben blos. Das andere Stuͤck geht von den Huͤften bis auf die Wa- den. Das dritte iſt ein zeugner, ziemlich breiter Streifen, den ſie etlichemal zuſammenlegen, und um ſich herum winden. Um ſich vor der Sonne zu verwahren, haben ſie eine Art von Fecher in der Hand, Talapat genannt, wo- von ſie, nach den Berichten einiger Reiſebe- ſchreiber, ihren Namen ſollen erhalten haben. Es giebt auch Talapoininnen in Siam, aber weit weniger, als Nonnen in den catho- liſchen Laͤndern. Wahr iſt es, ſie muͤßen aͤlter ſeyn als die Nonnen, in unſern Kloͤſtern, wenn ſie den Ordenshabit anlegen. Auch ha- ben ſie keine andere Wohnung, als bey den Talapoins. Weil ſie wenigſtens funfzig Jahr alt ſind, wenn ſie ſich entſchließen, der Welt zu entſagen; ſo ſieht man dieſes Alter als eine hinlaͤngliche Sicherheit fuͤr ihre Keuſchheit an. Sollte es aber dem ohngeachtet geſchehen, daß ſie ausſchweifeten, es ſey nun aus einer uͤbrig gebliebenen Neigung zur Wolluſt, oder den dringenden Begierden eines jungen Talapoins nachzugeben; ſo werden ſie deswegen nicht ver- brennt, ſondern man begnuͤgt ſich, ſie ihren Verwandten zuruͤckzuſchicken, die ihnen die Ba- ſtonande Z 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/387
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/387>, abgerufen am 22.11.2024.