zieht. -- Die gemeinen Leute pflegen sich sehr einfacher Mittel zu bedienen. Hat z. E. jemand die Kolik, die vom Winde und Schleime ent- steht, so geben sie ihm vier Löffel voll Wasser ein, worinn etwas Anis und Ingwer so lange gekocht worden, bis sich das Wasser halb ver- zehrt Sie zerstoßen auch eine rohe Zwiebel mit Ingwer, und legen sie kalt auf denjenigen Theil, wo der Schmerz empfunden wird. -- Hat jemand eine Verstopfung des Urins, so geben sie ihm einen Löffel voll Baumöhl ein, der mit eben so viel Wasser wohl vermischt ist, und heilen ihn damit. Ein dreytägiges Fieber heilen sie auf folgende Art: sie gebrauchen nem- lich drey Tage lang drey Löffel voll Gamänder- lein oder Bothengel, und vermischen es vorher mit etwas Salz und Ingwer.
Die Indianer werden nicht nur so alt als die ältesten Europäer, sondern sie haben auch noch ältere Leute unter sich, welches ihrer Mäs- sigkeit im Essen und Trinken zugeschrieben wer- den muß. Sie sind gesunder, aber nicht so munter, als diejenigen, welche unter den kalten Himmelsstrichen wohnen; und diese Schwäche und Trägheit des Körpers ist eine Krankheit, die bey der großen Sommerhitze allen und je- den, besonders aber den Europäern, die der großen Hitze nicht gewohnt sind, sehr beschwer- lich fällt. Die Hindistaner fangen ihr Jahr mit dem ersten März an, und die Mohamme- daner den zehnten, da, nach der Rechnung ih-
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zieht. — Die gemeinen Leute pflegen ſich ſehr einfacher Mittel zu bedienen. Hat z. E. jemand die Kolik, die vom Winde und Schleime ent- ſteht, ſo geben ſie ihm vier Loͤffel voll Waſſer ein, worinn etwas Anis und Ingwer ſo lange gekocht worden, bis ſich das Waſſer halb ver- zehrt Sie zerſtoßen auch eine rohe Zwiebel mit Ingwer, und legen ſie kalt auf denjenigen Theil, wo der Schmerz empfunden wird. — Hat jemand eine Verſtopfung des Urins, ſo geben ſie ihm einen Loͤffel voll Baumoͤhl ein, der mit eben ſo viel Waſſer wohl vermiſcht iſt, und heilen ihn damit. Ein dreytaͤgiges Fieber heilen ſie auf folgende Art: ſie gebrauchen nem- lich drey Tage lang drey Loͤffel voll Gamaͤnder- lein oder Bothengel, und vermiſchen es vorher mit etwas Salz und Ingwer.
Die Indianer werden nicht nur ſo alt als die aͤlteſten Europaͤer, ſondern ſie haben auch noch aͤltere Leute unter ſich, welches ihrer Maͤſ- ſigkeit im Eſſen und Trinken zugeſchrieben wer- den muß. Sie ſind geſunder, aber nicht ſo munter, als diejenigen, welche unter den kalten Himmelsſtrichen wohnen; und dieſe Schwaͤche und Traͤgheit des Koͤrpers iſt eine Krankheit, die bey der großen Sommerhitze allen und je- den, beſonders aber den Europaͤern, die der großen Hitze nicht gewohnt ſind, ſehr beſchwer- lich faͤllt. Die Hindiſtaner fangen ihr Jahr mit dem erſten Maͤrz an, und die Mohamme- daner den zehnten, da, nach der Rechnung ih-
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zieht. — Die gemeinen Leute pflegen ſich ſehr
einfacher Mittel zu bedienen. Hat z. E. jemand
die Kolik, die vom Winde und Schleime ent-
ſteht, ſo geben ſie ihm vier Loͤffel voll Waſſer
ein, worinn etwas Anis und Ingwer ſo lange
gekocht worden, bis ſich das Waſſer halb ver-
zehrt Sie zerſtoßen auch eine rohe Zwiebel
mit Ingwer, und legen ſie kalt auf denjenigen
Theil, wo der Schmerz empfunden wird. —
Hat jemand eine Verſtopfung des Urins, ſo
geben ſie ihm einen Loͤffel voll Baumoͤhl ein,
der mit eben ſo viel Waſſer wohl vermiſcht iſt,
und heilen ihn damit. Ein dreytaͤgiges Fieber
heilen ſie auf folgende Art: ſie gebrauchen nem-
lich drey Tage lang drey Loͤffel voll Gamaͤnder-
lein oder Bothengel, und vermiſchen es vorher
mit etwas Salz und Ingwer.
Die Indianer werden nicht nur ſo alt als
die aͤlteſten Europaͤer, ſondern ſie haben auch
noch aͤltere Leute unter ſich, welches ihrer Maͤſ-
ſigkeit im Eſſen und Trinken zugeſchrieben wer-
den muß. Sie ſind geſunder, aber nicht ſo
munter, als diejenigen, welche unter den kalten
Himmelsſtrichen wohnen; und dieſe Schwaͤche
und Traͤgheit des Koͤrpers iſt eine Krankheit,
die bey der großen Sommerhitze allen und je-
den, beſonders aber den Europaͤern, die der
großen Hitze nicht gewohnt ſind, ſehr beſchwer-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/435>, abgerufen am 22.11.2024.
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