[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.Bonzen *) immer in Empfang nähmen, um da- oder *) Diese Herrn verstehn die Kunst meisterlich dem Volke das Geld abzuschwatzen. Diese wenden sie auch an bey der Begebenheit der jährlichen Begräbnißfeyerlichkeiten. Sie stellen den Zu- stand des Verstorbenen unter dem scheußlichsten Bilde vor, um für diese den Beystand der Leben- digen auszuwürken: ja sie würken so gar Wech- selbriefe für die Verstorbenen aus, um dadurch die Freyheit von einer schrecklichen Dienstbarkeit unter der Bothmäßigkeit eines ungezogenen Teu- fels, oder ihnen ein beßres Quartier zu ver- schaffen, oder die bösen Geister zu vertreiben, die ihre Reise dahin verhindern. Der Pöbel ist dum und einfältig genug, das alles für wahr zu halten, was ihnen die Bonzen vorplaudern, und giebt alles willig her, was zur vermeinten Erleichterung der Verstorbenen dienen kann. D
Bonzen *) immer in Empfang naͤhmen, um da- oder *) Dieſe Herrn verſtehn die Kunſt meiſterlich dem Volke das Geld abzuſchwatzen. Dieſe wenden ſie auch an bey der Begebenheit der jaͤhrlichen Begraͤbnißfeyerlichkeiten. Sie ſtellen den Zu- ſtand des Verſtorbenen unter dem ſcheußlichſten Bilde vor, um fuͤr dieſe den Beyſtand der Leben- digen auszuwuͤrken: ja ſie wuͤrken ſo gar Wech- ſelbriefe fuͤr die Verſtorbenen aus, um dadurch die Freyheit von einer ſchrecklichen Dienſtbarkeit unter der Bothmaͤßigkeit eines ungezogenen Teu- fels, oder ihnen ein beßres Quartier zu ver- ſchaffen, oder die boͤſen Geiſter zu vertreiben, die ihre Reiſe dahin verhindern. Der Poͤbel iſt dum und einfaͤltig genug, das alles fuͤr wahr zu halten, was ihnen die Bonzen vorplaudern, und giebt alles willig her, was zur vermeinten Erleichterung der Verſtorbenen dienen kann. D
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Bonzen *) immer in Empfang naͤhmen, um da-
mit nach Gutbefinden zu verfahren. Die Feſti-
vitaͤten waͤhren einige Tage lang, in welcher
Zeit ſorgfaͤltig dahin geſehen wird, daß es den
Gaͤſten, beydes an Speiſen und ſtarken Ge-
traͤnken nicht mangle; und wenn alles vorbey
iſt, ſagt Froes; ſo kehren ſie in eben der Ord-
nung in die Stadt zuruͤck, in welcher ſie heraus-
gekommen ſind, machen mit ihren Trommeln
und andern Inſtrumenten vor jedem vornehmen
Hauſe und Tempel, dem ſie vorbeygehen, einen
gewaltigen Laͤrm. Die Begraͤbniße werden faſt
alle gleich praͤchtig vollzogen: nur kann man
dabey noch merken, daß wenn ein Prinz oder
ſonſt ein großer Herr ſtirbt, gemeiniglich zehn
oder
*) Dieſe Herrn verſtehn die Kunſt meiſterlich dem
Volke das Geld abzuſchwatzen. Dieſe wenden
ſie auch an bey der Begebenheit der jaͤhrlichen
Begraͤbnißfeyerlichkeiten. Sie ſtellen den Zu-
ſtand des Verſtorbenen unter dem ſcheußlichſten
Bilde vor, um fuͤr dieſe den Beyſtand der Leben-
digen auszuwuͤrken: ja ſie wuͤrken ſo gar Wech-
ſelbriefe fuͤr die Verſtorbenen aus, um dadurch
die Freyheit von einer ſchrecklichen Dienſtbarkeit
unter der Bothmaͤßigkeit eines ungezogenen Teu-
fels, oder ihnen ein beßres Quartier zu ver-
ſchaffen, oder die boͤſen Geiſter zu vertreiben,
die ihre Reiſe dahin verhindern. Der Poͤbel iſt
dum und einfaͤltig genug, das alles fuͤr wahr
zu halten, was ihnen die Bonzen vorplaudern,
und giebt alles willig her, was zur vermeinten
Erleichterung der Verſtorbenen dienen kann.
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