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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

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keit von Wörtern eingeführt, sondern sie auch
sehr verlängert, weil sie meinen, daß dadurch
ein angenehmer Wohlklang entstehe. -- Die
japanische Sprache ist, überhaupt genommen,
nicht allein zierlich, deutlich, angenehm, wohl-
klingend (worinn sie nach Kämpfers Meynung
vor der chinesischen einen großen Vorzug hat)
und wortreich, sondern sie hat auch noch eine
Menge von gleichgültigen Worten, die allemal
der Natur der Sache, die sie ausdrücken, an-
gemessen sind, sie mag hoch oder niedrig oder
vertraulich seyn. Auch schickt sie sich sehr gut,
für den Stand, Alter und Geschlecht sowohl
desjenigen der redet, als auch desjenigen, mit
welchem man redet.

Die Insulaner schreiben, wie die Chineser,
mit einem Pinsel von der rechten nach der linken
Hand; sie gebrauchen eben die Dinte und Pa-
pier, und führen ihre Jugend von den zartesten
Jahren dazu an, um geschwind und sauber
schreiben zu lernen; und man darf sich gar nicht
darüber verwundern, wenn man Knaben von
sechs bis sieben Jahren, als Meister in dieser
Kunst sieht.

Die vornehmste Bemühung der Japaner
geht meistens dahin, um ihre Sprache recht zu
lernen, gut zu lesen, schön zu schreiben und ver-
ständlich zu reden. Die meisten Schriftsteller
versichern, daß sie in der Geschichte ihres Lan-
des, von den Geheimnißen ihrer Religion, von
der Moral, Beredsamkeit, Dichtkunst, Musik,

Mah-

keit von Woͤrtern eingefuͤhrt, ſondern ſie auch
ſehr verlaͤngert, weil ſie meinen, daß dadurch
ein angenehmer Wohlklang entſtehe. — Die
japaniſche Sprache iſt, uͤberhaupt genommen,
nicht allein zierlich, deutlich, angenehm, wohl-
klingend (worinn ſie nach Kaͤmpfers Meynung
vor der chineſiſchen einen großen Vorzug hat)
und wortreich, ſondern ſie hat auch noch eine
Menge von gleichguͤltigen Worten, die allemal
der Natur der Sache, die ſie ausdruͤcken, an-
gemeſſen ſind, ſie mag hoch oder niedrig oder
vertraulich ſeyn. Auch ſchickt ſie ſich ſehr gut,
fuͤr den Stand, Alter und Geſchlecht ſowohl
desjenigen der redet, als auch desjenigen, mit
welchem man redet.

Die Inſulaner ſchreiben, wie die Chineſer,
mit einem Pinſel von der rechten nach der linken
Hand; ſie gebrauchen eben die Dinte und Pa-
pier, und fuͤhren ihre Jugend von den zarteſten
Jahren dazu an, um geſchwind und ſauber
ſchreiben zu lernen; und man darf ſich gar nicht
daruͤber verwundern, wenn man Knaben von
ſechs bis ſieben Jahren, als Meiſter in dieſer
Kunſt ſieht.

Die vornehmſte Bemuͤhung der Japaner
geht meiſtens dahin, um ihre Sprache recht zu
lernen, gut zu leſen, ſchoͤn zu ſchreiben und ver-
ſtaͤndlich zu reden. Die meiſten Schriftſteller
verſichern, daß ſie in der Geſchichte ihres Lan-
des, von den Geheimnißen ihrer Religion, von
der Moral, Beredſamkeit, Dichtkunſt, Muſik,

Mah-
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[56/0082] keit von Woͤrtern eingefuͤhrt, ſondern ſie auch ſehr verlaͤngert, weil ſie meinen, daß dadurch ein angenehmer Wohlklang entſtehe. — Die japaniſche Sprache iſt, uͤberhaupt genommen, nicht allein zierlich, deutlich, angenehm, wohl- klingend (worinn ſie nach Kaͤmpfers Meynung vor der chineſiſchen einen großen Vorzug hat) und wortreich, ſondern ſie hat auch noch eine Menge von gleichguͤltigen Worten, die allemal der Natur der Sache, die ſie ausdruͤcken, an- gemeſſen ſind, ſie mag hoch oder niedrig oder vertraulich ſeyn. Auch ſchickt ſie ſich ſehr gut, fuͤr den Stand, Alter und Geſchlecht ſowohl desjenigen der redet, als auch desjenigen, mit welchem man redet. Die Inſulaner ſchreiben, wie die Chineſer, mit einem Pinſel von der rechten nach der linken Hand; ſie gebrauchen eben die Dinte und Pa- pier, und fuͤhren ihre Jugend von den zarteſten Jahren dazu an, um geſchwind und ſauber ſchreiben zu lernen; und man darf ſich gar nicht daruͤber verwundern, wenn man Knaben von ſechs bis ſieben Jahren, als Meiſter in dieſer Kunſt ſieht. Die vornehmſte Bemuͤhung der Japaner geht meiſtens dahin, um ihre Sprache recht zu lernen, gut zu leſen, ſchoͤn zu ſchreiben und ver- ſtaͤndlich zu reden. Die meiſten Schriftſteller verſichern, daß ſie in der Geſchichte ihres Lan- des, von den Geheimnißen ihrer Religion, von der Moral, Beredſamkeit, Dichtkunſt, Muſik, Mah-

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/82>, abgerufen am 24.11.2024.