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Preuß, Hugo: Franz Lieber, ein Bürger zweier Welten. Berlin, 1886.

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ähnlichen Kreisen Verbindungen haben, oder sie doch zu haben scheinen. In jüngster Zeit war er dann zu Gnaden aufgenommen worden, hatte sich des Schutzes hoher Herren, sogar des Königs selbst erfreut; dafür sollte er sich dankbar zeigen. Also, man verlangte, daß er irgend welche Aussagen über hochverrätherische Unternehmungen mache. Natürlich weigerte sich Lieber, eine so jämmerliche Rolle zu spielen, und mußte nun für das Verbrechen, ein Ehrenmann sein zu wollen, büßen. Am 1. September 1824 ward er abermals verhaftet und nach Köpenick in's Gefängniß gebracht. Als er sich auch dann noch weigerte, ein Schuft zu werden, eröffnete man ihm, daß er so lange im Gefängniß bleiben werde, bis er irgend etwas gestehe, und sollte er bis an's Ende seines Lebens sitzen. Wenn es wirklich ein Trost ist, Genossen im Elend zu haben, so fehlte dieser einzige, traurige Trost dem armen Lieber nicht. Eine große Anzahl junger Männer ward in dem grauenhaften Wirrwarr jener Tage verhaftet, und viele der hoffnungsvollsten, denen nichts als die Theilnahme an harmlosen Studentenvereinen nachgewiesen werden konnte, wurden mit wahnsinniger Grausamkeit zu Gefängnißstrafen von 6-15 Jahren verurtheilt. Die unsinnigsten Gerüchte wurden verbreitet, und von den Machthabern in ihrer Todesangst geglaubt. Der König von Württemberg sollte an der Spitze der Verschwörung stehen, Männer wie Gneisenau, Humboldt, Savigny daran betheiligt sein. Es war kein geringes Wagniß unter solchen Verhältnissen, daß der edle, hochherzige Niebuhr, welcher eben um seiner trefflichen Eigenschaften willen gleichfalls anrüchig war, sich seines armen jungen Freundes mit inniger Wärme annahm. Er setzte alle seine Verbindungen für ihn in Bewegung, richtete Gesuche für ihn an die Minister, an den König, ja er wagte das Unerhörte, ihn im Gefängniß zu besuchen. Seine Stimmung äußerte sich

ähnlichen Kreisen Verbindungen haben, oder sie doch zu haben scheinen. In jüngster Zeit war er dann zu Gnaden aufgenommen worden, hatte sich des Schutzes hoher Herren, sogar des Königs selbst erfreut; dafür sollte er sich dankbar zeigen. Also, man verlangte, daß er irgend welche Aussagen über hochverrätherische Unternehmungen mache. Natürlich weigerte sich Lieber, eine so jämmerliche Rolle zu spielen, und mußte nun für das Verbrechen, ein Ehrenmann sein zu wollen, büßen. Am 1. September 1824 ward er abermals verhaftet und nach Köpenick in’s Gefängniß gebracht. Als er sich auch dann noch weigerte, ein Schuft zu werden, eröffnete man ihm, daß er so lange im Gefängniß bleiben werde, bis er irgend etwas gestehe, und sollte er bis an’s Ende seines Lebens sitzen. Wenn es wirklich ein Trost ist, Genossen im Elend zu haben, so fehlte dieser einzige, traurige Trost dem armen Lieber nicht. Eine große Anzahl junger Männer ward in dem grauenhaften Wirrwarr jener Tage verhaftet, und viele der hoffnungsvollsten, denen nichts als die Theilnahme an harmlosen Studentenvereinen nachgewiesen werden konnte, wurden mit wahnsinniger Grausamkeit zu Gefängnißstrafen von 6–15 Jahren verurtheilt. Die unsinnigsten Gerüchte wurden verbreitet, und von den Machthabern in ihrer Todesangst geglaubt. Der König von Württemberg sollte an der Spitze der Verschwörung stehen, Männer wie Gneisenau, Humboldt, Savigny daran betheiligt sein. Es war kein geringes Wagniß unter solchen Verhältnissen, daß der edle, hochherzige Niebuhr, welcher eben um seiner trefflichen Eigenschaften willen gleichfalls anrüchig war, sich seines armen jungen Freundes mit inniger Wärme annahm. Er setzte alle seine Verbindungen für ihn in Bewegung, richtete Gesuche für ihn an die Minister, an den König, ja er wagte das Unerhörte, ihn im Gefängniß zu besuchen. Seine Stimmung äußerte sich

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[20/0020] ähnlichen Kreisen Verbindungen haben, oder sie doch zu haben scheinen. In jüngster Zeit war er dann zu Gnaden aufgenommen worden, hatte sich des Schutzes hoher Herren, sogar des Königs selbst erfreut; dafür sollte er sich dankbar zeigen. Also, man verlangte, daß er irgend welche Aussagen über hochverrätherische Unternehmungen mache. Natürlich weigerte sich Lieber, eine so jämmerliche Rolle zu spielen, und mußte nun für das Verbrechen, ein Ehrenmann sein zu wollen, büßen. Am 1. September 1824 ward er abermals verhaftet und nach Köpenick in’s Gefängniß gebracht. Als er sich auch dann noch weigerte, ein Schuft zu werden, eröffnete man ihm, daß er so lange im Gefängniß bleiben werde, bis er irgend etwas gestehe, und sollte er bis an’s Ende seines Lebens sitzen. Wenn es wirklich ein Trost ist, Genossen im Elend zu haben, so fehlte dieser einzige, traurige Trost dem armen Lieber nicht. Eine große Anzahl junger Männer ward in dem grauenhaften Wirrwarr jener Tage verhaftet, und viele der hoffnungsvollsten, denen nichts als die Theilnahme an harmlosen Studentenvereinen nachgewiesen werden konnte, wurden mit wahnsinniger Grausamkeit zu Gefängnißstrafen von 6–15 Jahren verurtheilt. Die unsinnigsten Gerüchte wurden verbreitet, und von den Machthabern in ihrer Todesangst geglaubt. Der König von Württemberg sollte an der Spitze der Verschwörung stehen, Männer wie Gneisenau, Humboldt, Savigny daran betheiligt sein. Es war kein geringes Wagniß unter solchen Verhältnissen, daß der edle, hochherzige Niebuhr, welcher eben um seiner trefflichen Eigenschaften willen gleichfalls anrüchig war, sich seines armen jungen Freundes mit inniger Wärme annahm. Er setzte alle seine Verbindungen für ihn in Bewegung, richtete Gesuche für ihn an die Minister, an den König, ja er wagte das Unerhörte, ihn im Gefängniß zu besuchen. Seine Stimmung äußerte sich

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Zitationshilfe: Preuß, Hugo: Franz Lieber, ein Bürger zweier Welten. Berlin, 1886, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/preuss_franz_1886/20>, abgerufen am 22.12.2024.