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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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er ja nur von Gott hat, Gottes eigner, specieller
Offenbarung entgegenstellen wollen? der Unsinn ist
zu offenbar! -- ich sage, wir hätten kaum geglaubt,
daß es auch bei uns noch solche Menschen geben
könnte, die es wagen, unbekümmert um fremde Au-
torität, bei Erforschung der Wahrheit ihren eignen
Weg zu gehen, Freidenker und Heiden, die aber nur
wieder auftauchen, weil die Behörden, (selbst unsre
sonst doch thätige Censur an der Spitze) noch viel zu
nachsichtig gegen das größte aller Verbrechen, religiö-
sen Unglauben, sind. Eine moderate Inquisition wäre
vielleicht deshalb wohlthätig mit dem neuen Gebet-
buch einzuführen gewesen, um die Rechtgläubigen zu
beschützen, diese wahren Christen, diese einzigen be-
vorrechteten Lieblinge Gottes, die unbedenklich glau-
ben, was Fürst und Kirche befiehlt, ohne zu klügeln
noch zu deuten. Nur solche auch können für Staat
und Kirche wahren Werth haben, hinweg mit allen
Uebrigen! Sie seyen verdammt, wie alle ungetauften
Kinder der Juden und Heiden. -- O könnten wir
für immer aus unsern Annalen jene schamlose Zeit
ausmerzen, wo ein Philosoph (und nicht einmal ein
Ideologe, sondern ein praktischer) auf einem deutschen
Throne saß, und -- Christen, werdet ihr einst es
glauben -- den Namen des Großen erhielt! Das
Mildeste was wir jetzt, zum Gnadenreiche der Fröm-
migkeit unter blutigen Thränen zurückgekehrt, über
ihn zu sagen vermögen, ist: Gott sey seiner armen
Seele gnädig! Lange werden aber die Frommen und
ihre heilige Legion noch kämpfen müssen, ehe die

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er ja nur von Gott hat, Gottes eigner, ſpecieller
Offenbarung entgegenſtellen wollen? der Unſinn iſt
zu offenbar! — ich ſage, wir hätten kaum geglaubt,
daß es auch bei uns noch ſolche Menſchen geben
könnte, die es wagen, unbekümmert um fremde Au-
torität, bei Erforſchung der Wahrheit ihren eignen
Weg zu gehen, Freidenker und Heiden, die aber nur
wieder auftauchen, weil die Behörden, (ſelbſt unſre
ſonſt doch thätige Cenſur an der Spitze) noch viel zu
nachſichtig gegen das größte aller Verbrechen, religiö-
ſen Unglauben, ſind. Eine moderate Inquiſition wäre
vielleicht deshalb wohlthätig mit dem neuen Gebet-
buch einzuführen geweſen, um die Rechtgläubigen zu
beſchützen, dieſe wahren Chriſten, dieſe einzigen be-
vorrechteten Lieblinge Gottes, die unbedenklich glau-
ben, was Fürſt und Kirche befiehlt, ohne zu klügeln
noch zu deuten. Nur ſolche auch können für Staat
und Kirche wahren Werth haben, hinweg mit allen
Uebrigen! Sie ſeyen verdammt, wie alle ungetauften
Kinder der Juden und Heiden. — O könnten wir
für immer aus unſern Annalen jene ſchamloſe Zeit
ausmerzen, wo ein Philoſoph (und nicht einmal ein
Ideologe, ſondern ein praktiſcher) auf einem deutſchen
Throne ſaß, und — Chriſten, werdet ihr einſt es
glauben — den Namen des Großen erhielt! Das
Mildeſte was wir jetzt, zum Gnadenreiche der Fröm-
migkeit unter blutigen Thränen zurückgekehrt, über
ihn zu ſagen vermögen, iſt: Gott ſey ſeiner armen
Seele gnädig! Lange werden aber die Frommen und
ihre heilige Legion noch kämpfen müſſen, ehe die

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[83/0107] er ja nur von Gott hat, Gottes eigner, ſpecieller Offenbarung entgegenſtellen wollen? der Unſinn iſt zu offenbar! — ich ſage, wir hätten kaum geglaubt, daß es auch bei uns noch ſolche Menſchen geben könnte, die es wagen, unbekümmert um fremde Au- torität, bei Erforſchung der Wahrheit ihren eignen Weg zu gehen, Freidenker und Heiden, die aber nur wieder auftauchen, weil die Behörden, (ſelbſt unſre ſonſt doch thätige Cenſur an der Spitze) noch viel zu nachſichtig gegen das größte aller Verbrechen, religiö- ſen Unglauben, ſind. Eine moderate Inquiſition wäre vielleicht deshalb wohlthätig mit dem neuen Gebet- buch einzuführen geweſen, um die Rechtgläubigen zu beſchützen, dieſe wahren Chriſten, dieſe einzigen be- vorrechteten Lieblinge Gottes, die unbedenklich glau- ben, was Fürſt und Kirche befiehlt, ohne zu klügeln noch zu deuten. Nur ſolche auch können für Staat und Kirche wahren Werth haben, hinweg mit allen Uebrigen! Sie ſeyen verdammt, wie alle ungetauften Kinder der Juden und Heiden. — O könnten wir für immer aus unſern Annalen jene ſchamloſe Zeit ausmerzen, wo ein Philoſoph (und nicht einmal ein Ideologe, ſondern ein praktiſcher) auf einem deutſchen Throne ſaß, und — Chriſten, werdet ihr einſt es glauben — den Namen des Großen erhielt! Das Mildeſte was wir jetzt, zum Gnadenreiche der Fröm- migkeit unter blutigen Thränen zurückgekehrt, über ihn zu ſagen vermögen, iſt: Gott ſey ſeiner armen Seele gnädig! Lange werden aber die Frommen und ihre heilige Legion noch kämpfen müſſen, ehe die 6*

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/107>, abgerufen am 21.11.2024.