Saat, die dieser große!!! Mann gesäet, gänzlich zertreten, ehe die letzte Spur jener elenden Vernunft, der er huldigte, gänzlich ausgerottet seyn wird. Doch verzweifelt deshalb nicht, meine Brüder in Christo; einem so edlen Eifer als dem unsrigen ist nichts un- möglich, und weltlicher Lohn erwartet Euch in viel- facher Gestalt schon jetzt, von den erhabnen Quellen, an denen wir selbst täglich schöpfen -- einst aber noch größere Glorie im Palast des Herrn. Nur hütet Euch vor dem Vernünfteln in jeder Gestalt, glaubet -- nicht nach eigner Forschung -- sondern wie es Euch vorgeschrieben ist, und vor allem hütet Euch vor Duldung! Liebet Euern Heiland, nicht nur über Al- les, sondern auch einzig und allein. Wer aber nicht für ihn ist, ist wider ihn, und mit einem Solchen habt kein Erbarmen. Ihn verfolgt rastlos, kann es nicht offen geschehen, so untergrabt ihn mit böser Nachrede, heimlicher Verläumdung, ja scheut die gröb- sten Lügen nicht, vorausgesetzt daß ihr sie sicher und im Verborgenen ausbreiten könnt, denn hier heiligt der Zweck alle Mittel. -- Ach! wären wir doch stets in der wahren Communion-Stimmung, um nimmer in unserm Eifer zu erkalten! Nur weil sie weder warm noch kalt sind, haben jene Philosophen die To- leranz -- diese Tugend der Heiden -- gepredigt. Wir haben gesehen, wohin sie uns gebracht, als der wahn- sinnige Freiheitsschwindel die Canaille ergriff, und all- gemeine Anarchie die Throne, die Kirche, unsern alten Adel, und alles Ehrwürdige über den Haufen zu wer- fen drohte -- darum fort mit jedem Gedanken an[ - 1 Zeichen fehlt]ver-
Saat, die dieſer große!!! Mann geſäet, gänzlich zertreten, ehe die letzte Spur jener elenden Vernunft, der er huldigte, gänzlich ausgerottet ſeyn wird. Doch verzweifelt deshalb nicht, meine Brüder in Chriſto; einem ſo edlen Eifer als dem unſrigen iſt nichts un- möglich, und weltlicher Lohn erwartet Euch in viel- facher Geſtalt ſchon jetzt, von den erhabnen Quellen, an denen wir ſelbſt täglich ſchöpfen — einſt aber noch größere Glorie im Palaſt des Herrn. Nur hütet Euch vor dem Vernünfteln in jeder Geſtalt, glaubet — nicht nach eigner Forſchung — ſondern wie es Euch vorgeſchrieben iſt, und vor allem hütet Euch vor Duldung! Liebet Euern Heiland, nicht nur über Al- les, ſondern auch einzig und allein. Wer aber nicht für ihn iſt, iſt wider ihn, und mit einem Solchen habt kein Erbarmen. Ihn verfolgt raſtlos, kann es nicht offen geſchehen, ſo untergrabt ihn mit böſer Nachrede, heimlicher Verläumdung, ja ſcheut die gröb- ſten Lügen nicht, vorausgeſetzt daß ihr ſie ſicher und im Verborgenen ausbreiten könnt, denn hier heiligt der Zweck alle Mittel. — Ach! wären wir doch ſtets in der wahren Communion-Stimmung, um nimmer in unſerm Eifer zu erkalten! Nur weil ſie weder warm noch kalt ſind, haben jene Philoſophen die To- leranz — dieſe Tugend der Heiden — gepredigt. Wir haben geſehen, wohin ſie uns gebracht, als der wahn- ſinnige Freiheitsſchwindel die Canaille ergriff, und all- gemeine Anarchie die Throne, die Kirche, unſern alten Adel, und alles Ehrwürdige über den Haufen zu wer- fen drohte — darum fort mit jedem Gedanken an[ – 1 Zeichen fehlt]ver-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0108"n="84"/>
Saat, die dieſer große!!! Mann geſäet, gänzlich<lb/>
zertreten, ehe die letzte Spur jener elenden Vernunft,<lb/>
der er huldigte, gänzlich ausgerottet ſeyn wird. Doch<lb/>
verzweifelt deshalb nicht, meine Brüder in Chriſto;<lb/>
einem ſo edlen Eifer als dem unſrigen iſt nichts un-<lb/>
möglich, und weltlicher Lohn erwartet Euch in viel-<lb/>
facher Geſtalt ſchon jetzt, von den erhabnen Quellen,<lb/>
an denen wir ſelbſt täglich ſchöpfen — einſt aber noch<lb/>
größere Glorie im Palaſt des Herrn. Nur hütet<lb/>
Euch vor dem Vernünfteln in jeder Geſtalt, glaubet<lb/>— nicht nach eigner Forſchung —ſondern wie es<lb/>
Euch vorgeſchrieben iſt, und vor allem hütet Euch vor<lb/>
Duldung! Liebet Euern Heiland, nicht nur über Al-<lb/>
les, ſondern auch einzig und allein. Wer aber nicht<lb/>
für ihn iſt, iſt wider ihn, und mit einem Solchen<lb/>
habt kein Erbarmen. Ihn verfolgt raſtlos, kann es<lb/>
nicht offen geſchehen, ſo untergrabt ihn mit böſer<lb/>
Nachrede, heimlicher Verläumdung, ja ſcheut die gröb-<lb/>ſten Lügen nicht, vorausgeſetzt daß ihr ſie ſicher und<lb/>
im Verborgenen ausbreiten könnt, denn hier heiligt<lb/>
der Zweck alle Mittel. — Ach! wären wir doch ſtets<lb/>
in der wahren Communion-Stimmung, um nimmer<lb/>
in unſerm Eifer zu erkalten! Nur weil ſie weder<lb/>
warm noch kalt ſind, haben jene Philoſophen die To-<lb/>
leranz — dieſe Tugend der Heiden — gepredigt. Wir<lb/>
haben geſehen, wohin ſie uns gebracht, als der wahn-<lb/>ſinnige Freiheitsſchwindel die Canaille ergriff, und all-<lb/>
gemeine Anarchie die Throne, die Kirche, unſern alten<lb/>
Adel, und alles Ehrwürdige über den Haufen zu wer-<lb/>
fen drohte — darum fort mit jedem Gedanken an<gapunit="chars"quantity="1"/>ver-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[84/0108]
Saat, die dieſer große!!! Mann geſäet, gänzlich
zertreten, ehe die letzte Spur jener elenden Vernunft,
der er huldigte, gänzlich ausgerottet ſeyn wird. Doch
verzweifelt deshalb nicht, meine Brüder in Chriſto;
einem ſo edlen Eifer als dem unſrigen iſt nichts un-
möglich, und weltlicher Lohn erwartet Euch in viel-
facher Geſtalt ſchon jetzt, von den erhabnen Quellen,
an denen wir ſelbſt täglich ſchöpfen — einſt aber noch
größere Glorie im Palaſt des Herrn. Nur hütet
Euch vor dem Vernünfteln in jeder Geſtalt, glaubet
— nicht nach eigner Forſchung — ſondern wie es
Euch vorgeſchrieben iſt, und vor allem hütet Euch vor
Duldung! Liebet Euern Heiland, nicht nur über Al-
les, ſondern auch einzig und allein. Wer aber nicht
für ihn iſt, iſt wider ihn, und mit einem Solchen
habt kein Erbarmen. Ihn verfolgt raſtlos, kann es
nicht offen geſchehen, ſo untergrabt ihn mit böſer
Nachrede, heimlicher Verläumdung, ja ſcheut die gröb-
ſten Lügen nicht, vorausgeſetzt daß ihr ſie ſicher und
im Verborgenen ausbreiten könnt, denn hier heiligt
der Zweck alle Mittel. — Ach! wären wir doch ſtets
in der wahren Communion-Stimmung, um nimmer
in unſerm Eifer zu erkalten! Nur weil ſie weder
warm noch kalt ſind, haben jene Philoſophen die To-
leranz — dieſe Tugend der Heiden — gepredigt. Wir
haben geſehen, wohin ſie uns gebracht, als der wahn-
ſinnige Freiheitsſchwindel die Canaille ergriff, und all-
gemeine Anarchie die Throne, die Kirche, unſern alten
Adel, und alles Ehrwürdige über den Haufen zu wer-
fen drohte — darum fort mit jedem Gedanken an_ver-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/108>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.