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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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den. Ich sah Speisen und Getränke unter Jubel
verschlingen, die mich zwangen, schnell hinweg zu
blicken, um meines Ekels Herr zu werden. Hitze und
Staub, Gedränge und Gestank, il faut le dire, mach-
ten den Aufenthalt für längere Zeit fast unerträglich.
Dies focht aber die Eingebornen nicht an. Viele
hundert Zelte waren aufgeschlagen, alle zerlumpt wie
der größte Theil der Menschen, und statt Fahnen,
nur mit bunten Lappen behangen. Manche begnüg-
ten sich mit einem bloßen Kreuz, oder Reifen; einer
hatte sogar, als Wahrzeichen, eine todte, halb ver-
faulte Katze oben drauf gestellt! Die niedrigste Sorte
von Possenreißern trieben dazwischen, auf Bretter-
theatern und in abgetragner Flitterkleidung, ihr sau-
res Handwerk, bis zur Erschöpfung in der furchtba-
ren Hitze tanzend und grimmassirend. Ein Drittheil
des Publikums lag, oder taumelte, betrunken umher,
die andern aßen, schrieen oder kämpften. Die Weiber
ritten häufig, zu zwei bis drei auf einem Esel sitzend,
umher, bahnten sich mit Mühe ihren Weg durch die
Foule, rauchten dabei behaglich Cigarren und agacir-
ten ihre Liebhaber. Am lächerlichsten nahmen sich
zwei Bettler zu Pferde aus, deren Gleichen ich blos
am Rio della Plata einheimisch glaubte. Das Pferd,
auf den sie ohne Sattel saßen, und das sie mit ei-
nem Bindfaden regierten, schien durch seine elende
Gestalt für sie mit betteln zu wollen.

Als ich den Markt verließ, nahm ein stark betrunk-
nes Liebespaar denselben Weg. Es ergötzte mich, ihr
Benehmen zu beobachten. Beide waren grundhäßlich,

den. Ich ſah Speiſen und Getränke unter Jubel
verſchlingen, die mich zwangen, ſchnell hinweg zu
blicken, um meines Ekels Herr zu werden. Hitze und
Staub, Gedränge und Geſtank, il faut le dire, mach-
ten den Aufenthalt für längere Zeit faſt unerträglich.
Dies focht aber die Eingebornen nicht an. Viele
hundert Zelte waren aufgeſchlagen, alle zerlumpt wie
der größte Theil der Menſchen, und ſtatt Fahnen,
nur mit bunten Lappen behangen. Manche begnüg-
ten ſich mit einem bloßen Kreuz, oder Reifen; einer
hatte ſogar, als Wahrzeichen, eine todte, halb ver-
faulte Katze oben drauf geſtellt! Die niedrigſte Sorte
von Poſſenreißern trieben dazwiſchen, auf Bretter-
theatern und in abgetragner Flitterkleidung, ihr ſau-
res Handwerk, bis zur Erſchöpfung in der furchtba-
ren Hitze tanzend und grimmaſſirend. Ein Drittheil
des Publikums lag, oder taumelte, betrunken umher,
die andern aßen, ſchrieen oder kämpften. Die Weiber
ritten häufig, zu zwei bis drei auf einem Eſel ſitzend,
umher, bahnten ſich mit Mühe ihren Weg durch die
Foule, rauchten dabei behaglich Cigarren und agacir-
ten ihre Liebhaber. Am lächerlichſten nahmen ſich
zwei Bettler zu Pferde aus, deren Gleichen ich blos
am Rio della Plata einheimiſch glaubte. Das Pferd,
auf den ſie ohne Sattel ſaßen, und das ſie mit ei-
nem Bindfaden regierten, ſchien durch ſeine elende
Geſtalt für ſie mit betteln zu wollen.

Als ich den Markt verließ, nahm ein ſtark betrunk-
nes Liebespaar denſelben Weg. Es ergötzte mich, ihr
Benehmen zu beobachten. Beide waren grundhäßlich,

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[201/0225] den. Ich ſah Speiſen und Getränke unter Jubel verſchlingen, die mich zwangen, ſchnell hinweg zu blicken, um meines Ekels Herr zu werden. Hitze und Staub, Gedränge und Geſtank, il faut le dire, mach- ten den Aufenthalt für längere Zeit faſt unerträglich. Dies focht aber die Eingebornen nicht an. Viele hundert Zelte waren aufgeſchlagen, alle zerlumpt wie der größte Theil der Menſchen, und ſtatt Fahnen, nur mit bunten Lappen behangen. Manche begnüg- ten ſich mit einem bloßen Kreuz, oder Reifen; einer hatte ſogar, als Wahrzeichen, eine todte, halb ver- faulte Katze oben drauf geſtellt! Die niedrigſte Sorte von Poſſenreißern trieben dazwiſchen, auf Bretter- theatern und in abgetragner Flitterkleidung, ihr ſau- res Handwerk, bis zur Erſchöpfung in der furchtba- ren Hitze tanzend und grimmaſſirend. Ein Drittheil des Publikums lag, oder taumelte, betrunken umher, die andern aßen, ſchrieen oder kämpften. Die Weiber ritten häufig, zu zwei bis drei auf einem Eſel ſitzend, umher, bahnten ſich mit Mühe ihren Weg durch die Foule, rauchten dabei behaglich Cigarren und agacir- ten ihre Liebhaber. Am lächerlichſten nahmen ſich zwei Bettler zu Pferde aus, deren Gleichen ich blos am Rio della Plata einheimiſch glaubte. Das Pferd, auf den ſie ohne Sattel ſaßen, und das ſie mit ei- nem Bindfaden regierten, ſchien durch ſeine elende Geſtalt für ſie mit betteln zu wollen. Als ich den Markt verließ, nahm ein ſtark betrunk- nes Liebespaar denſelben Weg. Es ergötzte mich, ihr Benehmen zu beobachten. Beide waren grundhäßlich,

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/225>, abgerufen am 26.11.2024.