Haar, denn diese vereinigen das südlich blitzende Feuer der einen, mit der süßen Milde der andern. -- O non sense! lachte sie, Sie habe das Lied ja ganz vergessen -- der Dichter giebt den Augen den Vor- zug, die, von welcher Farbe sie auch seyen, ihn am zärtlichsten anblicken . . . . Nun dann erwie- derte ich, ist Alles was ich wünsche, daß Sie dersel- ben Meinung seyn mögen. Wie so? frug sie zer- streut. Daß Sie die Augen lieben möchten, welche sie mit der größten Zärtlichkeit anblicken -- ich ergriff zugleich ihre Hand, und wollte ihr noch mehr zu- flüstern, als sie, wie eine kleine Hexe, die sie ist, lachend und scherzend und mit ganz unnöthigem Ge- schrei Miß Kitty um Hülfe rief, weil ihr Pferd, wie sie behauptete, hätte durchgehen wollen. --
Als ich mich nachher, nur einen Augenblick, wie- der allein neben ihr befand, sagte sie, tief Athem schöpfend, mit leiser Stimme zu mir: Now I declare, You are a great rogue and never more I'll be alone with You.*)
O Afrika! deine Töchter, sehe ich wohl, verstehen die Coquetterie eben so gut als die Schönen Euro- pa's. --
Abends hatten wir viel Scherz mit Henriettens fünfzehnjähriger Tochter, auch ein hübsches frisches Mädchen, doch mit der Mutter nicht zu vergleichen. Die Kreuzung mit dem englischen Blut hatte diesmal
*) Beim Himmel, Sie sind ein rechter Spitzbube und nie will ich mit Ihnen mehr allein seyn.
Briefe eines Verstorbenen. I. 17
Haar, denn dieſe vereinigen das ſüdlich blitzende Feuer der einen, mit der ſüßen Milde der andern. — O non sense! lachte ſie, Sie habe das Lied ja ganz vergeſſen — der Dichter giebt den Augen den Vor- zug, die, von welcher Farbe ſie auch ſeyen, ihn am zärtlichſten anblicken . . . . Nun dann erwie- derte ich, iſt Alles was ich wünſche, daß Sie derſel- ben Meinung ſeyn mögen. Wie ſo? frug ſie zer- ſtreut. Daß Sie die Augen lieben möchten, welche ſie mit der größten Zärtlichkeit anblicken — ich ergriff zugleich ihre Hand, und wollte ihr noch mehr zu- flüſtern, als ſie, wie eine kleine Hexe, die ſie iſt, lachend und ſcherzend und mit ganz unnöthigem Ge- ſchrei Miß Kitty um Hülfe rief, weil ihr Pferd, wie ſie behauptete, hätte durchgehen wollen. —
Als ich mich nachher, nur einen Augenblick, wie- der allein neben ihr befand, ſagte ſie, tief Athem ſchöpfend, mit leiſer Stimme zu mir: Now I declare, You are a great rogue and never more I’ll be alone with You.*)
O Afrika! deine Töchter, ſehe ich wohl, verſtehen die Coquetterie eben ſo gut als die Schönen Euro- pa’s. —
Abends hatten wir viel Scherz mit Henriettens fünfzehnjähriger Tochter, auch ein hübſches friſches Mädchen, doch mit der Mutter nicht zu vergleichen. Die Kreuzung mit dem engliſchen Blut hatte diesmal
*) Beim Himmel, Sie ſind ein rechter Spitzbube und nie will ich mit Ihnen mehr allein ſeyn.
Briefe eines Verſtorbenen. I. 17
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Haar, denn dieſe vereinigen das ſüdlich blitzende
Feuer der einen, mit der ſüßen Milde der andern. —
O non sense! lachte ſie, Sie habe das Lied ja ganz
vergeſſen — der Dichter giebt den Augen den Vor-
zug, die, von welcher Farbe ſie auch ſeyen, ihn am
zärtlichſten anblicken . . . . Nun dann erwie-
derte ich, iſt Alles was ich wünſche, daß Sie derſel-
ben Meinung ſeyn mögen. Wie ſo? frug ſie zer-
ſtreut. Daß Sie die Augen lieben möchten, welche
ſie mit der größten Zärtlichkeit anblicken — ich ergriff
zugleich ihre Hand, und wollte ihr noch mehr zu-
flüſtern, als ſie, wie eine kleine Hexe, die ſie iſt,
lachend und ſcherzend und mit ganz unnöthigem Ge-
ſchrei Miß Kitty um Hülfe rief, weil ihr Pferd, wie
ſie behauptete, hätte durchgehen wollen. —
Als ich mich nachher, nur einen Augenblick, wie-
der allein neben ihr befand, ſagte ſie, tief Athem
ſchöpfend, mit leiſer Stimme zu mir: Now I declare,
You are a great rogue and never more I’ll be
alone with You. *)
O Afrika! deine Töchter, ſehe ich wohl, verſtehen
die Coquetterie eben ſo gut als die Schönen Euro-
pa’s. —
Abends hatten wir viel Scherz mit Henriettens
fünfzehnjähriger Tochter, auch ein hübſches friſches
Mädchen, doch mit der Mutter nicht zu vergleichen.
Die Kreuzung mit dem engliſchen Blut hatte diesmal
*) Beim Himmel, Sie ſind ein rechter Spitzbube und
nie will ich mit Ihnen mehr allein ſeyn.
Briefe eines Verſtorbenen. I. 17
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/281>, abgerufen am 16.07.2024.
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