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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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tikel würde freilich die Augen gen Himmel verdreht,
und die Stube verlassen haben, entweder -- um
ihrem amant ein Rendezvous im Thiergarten zu
geben, oder einer guten Freundin die Ehre abzu-
schneiden, denn solche Dinge sind unschuldig!



Heute langte Herr L ... hier an. Wie sonder-
bar sind doch die Güter dieser Welt vertheilt! das
schönste lieblichste Weib mußte die Beute des wider-
wärtigsten Menschen werden, der den Reichthum
ihrer Natur weder zu erwiedern fähig ist, noch zu
schätzen versteht! ein häßlicher, alter, in Galle ge-
tauchter Pedant, in Allem grade der Antipode seiner
Frau. Seine Conversation verdarb zum erstenmal
die Heiterkeit, ja ich möchte sagen, die Unschuld
unsres bisherigen Lebens. Er ist ein heftiger Oran-
geman (beiläufig gesagt, ist auch Orange seine na-
türliche Farbe,) und es war zu vermuthen, daß ein
Charakter seiner Art, sich auch auf der Seite des Un-
rechts und der Patheiwuth befinden würde, aber mit
welchen Grundsätzen! Da dies zugleich eine Probe
davon giebt, wie hoch hier der Partheigeist gestiegen,
und wie er sich öffentlich zu äußern nicht schämt,
will ich Dir die Quintessenz seiner Reden mittheilen.

"Ich habe," sagte er, "meinem König dreißig
"Jahr lang in fast allen Welttheilen gedient, und

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tikel würde freilich die Augen gen Himmel verdreht,
und die Stube verlaſſen haben, entweder — um
ihrem amant ein Rendezvous im Thiergarten zu
geben, oder einer guten Freundin die Ehre abzu-
ſchneiden, denn ſolche Dinge ſind unſchuldig!



Heute langte Herr L … hier an. Wie ſonder-
bar ſind doch die Güter dieſer Welt vertheilt! das
ſchönſte lieblichſte Weib mußte die Beute des wider-
wärtigſten Menſchen werden, der den Reichthum
ihrer Natur weder zu erwiedern fähig iſt, noch zu
ſchätzen verſteht! ein häßlicher, alter, in Galle ge-
tauchter Pedant, in Allem grade der Antipode ſeiner
Frau. Seine Converſation verdarb zum erſtenmal
die Heiterkeit, ja ich möchte ſagen, die Unſchuld
unſres bisherigen Lebens. Er iſt ein heftiger Oran-
geman (beiläufig geſagt, iſt auch Orange ſeine na-
türliche Farbe,) und es war zu vermuthen, daß ein
Charakter ſeiner Art, ſich auch auf der Seite des Un-
rechts und der Patheiwuth befinden würde, aber mit
welchen Grundſätzen! Da dies zugleich eine Probe
davon giebt, wie hoch hier der Partheigeiſt geſtiegen,
und wie er ſich öffentlich zu äußern nicht ſchämt,
will ich Dir die Quinteſſenz ſeiner Reden mittheilen.

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„Jahr lang in faſt allen Welttheilen gedient, und

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[259/0283] tikel würde freilich die Augen gen Himmel verdreht, und die Stube verlaſſen haben, entweder — um ihrem amant ein Rendezvous im Thiergarten zu geben, oder einer guten Freundin die Ehre abzu- ſchneiden, denn ſolche Dinge ſind unſchuldig! Den 17ten. Heute langte Herr L … hier an. Wie ſonder- bar ſind doch die Güter dieſer Welt vertheilt! das ſchönſte lieblichſte Weib mußte die Beute des wider- wärtigſten Menſchen werden, der den Reichthum ihrer Natur weder zu erwiedern fähig iſt, noch zu ſchätzen verſteht! ein häßlicher, alter, in Galle ge- tauchter Pedant, in Allem grade der Antipode ſeiner Frau. Seine Converſation verdarb zum erſtenmal die Heiterkeit, ja ich möchte ſagen, die Unſchuld unſres bisherigen Lebens. Er iſt ein heftiger Oran- geman (beiläufig geſagt, iſt auch Orange ſeine na- türliche Farbe,) und es war zu vermuthen, daß ein Charakter ſeiner Art, ſich auch auf der Seite des Un- rechts und der Patheiwuth befinden würde, aber mit welchen Grundſätzen! Da dies zugleich eine Probe davon giebt, wie hoch hier der Partheigeiſt geſtiegen, und wie er ſich öffentlich zu äußern nicht ſchämt, will ich Dir die Quinteſſenz ſeiner Reden mittheilen. „Ich habe,“ ſagte er, „meinem König dreißig „Jahr lang in faſt allen Welttheilen gedient, und 17*

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/283>, abgerufen am 22.11.2024.