Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.an, grade der Krähenveste gegenüber, auf die mehrere *) Die "Unaussprechlichen" wird dieses Kleidungsstück
in England genannt, wo eine Frau der guten Gesell- schaft zwar wohl häufig Mann und Kinder verläßt; um mit einem Liebhaber davon zu laufen, aber doch zu decent ist, um das Wort "Beinkleider" öffentlich nennen hören zu können. an, grade der Krähenveſte gegenüber, auf die mehrere *) Die „Unausſprechlichen“ wird dieſes Kleidungsſtuͤck
in England genannt, wo eine Frau der guten Geſell- ſchaft zwar wohl häufig Mann und Kinder verläßt; um mit einem Liebhaber davon zu laufen, aber doch zu decent iſt, um das Wort „Beinkleider“ öffentlich nennen hören zu können. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0044" n="20"/> an, grade der Krähenveſte gegenüber, auf die mehrere<lb/> Ausſichten durch das Laub hoher Bäume gehauen<lb/> waren. Ich ſtieg aus, und wurde ſchon an der<lb/> Treppe von beiden Damen empfangen. Glücklicher-<lb/> weiſe war ich bereits gehörig auf ihre Sonderbarkei-<lb/> ten vorbereitet, ſonſt hätte ich ſchwerlich gute <hi rendition="#aq">conte-<lb/> nance</hi> erhalten. Denke Dir alſo zwei Damen, wo-<lb/> von die älteſte. Lady Elleonor, ein kleines rüſtiges<lb/> Mädchen, nun anfängt, ein wenig ihre Jahre zu füh-<lb/> len, da ſie eben 83 alt geworden iſt; die andere<lb/> aber, eine große und imponirende Geſtalt, ſich noch<lb/> ganz jugendlich dünkt, da das hübſche Kind erſt 74<lb/> zählt. Beide trugen ihr, noch recht volles Haar ſchlicht<lb/> herabgekämmt und gepudert, einen runden Manns-<lb/> hut, ein Männerhalstuch und Weſte, ſtatt der <hi rendition="#aq">inex-<lb/> pressibles</hi><note place="foot" n="*)">Die „Unausſprechlichen“ wird dieſes Kleidungsſtuͤck<lb/> in England genannt, wo eine Frau der guten Geſell-<lb/> ſchaft zwar wohl häufig Mann und Kinder verläßt;<lb/> um mit einem Liebhaber davon zu laufen, aber doch<lb/> zu decent iſt, um das Wort „Beinkleider“ öffentlich<lb/> nennen hören zu können.</note> aber einen kurzen <hi rendition="#aq">jupon,</hi> nebſt Stiefeln.<lb/> Das Ganze bedeckte ein Kleid aus blauem Tuch von<lb/> ganz beſondrem Schnitt, die Mitte zwiſchen einem<lb/> Männer-Ueberrock und einem weiblichen Reithabit<lb/> haltend. Ueber dieſes trug aber Lady Elleonor noch<lb/> Erſtens: den <hi rendition="#aq">grand cordon</hi> des Ludwigsordens über den<lb/> Leib, zweitens: denſelben Orden um den Hals, drittens:<lb/> abermals ditto das kleine Kreuz deſſelben im Knopfloch,<lb/><hi rendition="#aq">et pour comble de gloire</hi> eine goldene Lilie von bei-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [20/0044]
an, grade der Krähenveſte gegenüber, auf die mehrere
Ausſichten durch das Laub hoher Bäume gehauen
waren. Ich ſtieg aus, und wurde ſchon an der
Treppe von beiden Damen empfangen. Glücklicher-
weiſe war ich bereits gehörig auf ihre Sonderbarkei-
ten vorbereitet, ſonſt hätte ich ſchwerlich gute conte-
nance erhalten. Denke Dir alſo zwei Damen, wo-
von die älteſte. Lady Elleonor, ein kleines rüſtiges
Mädchen, nun anfängt, ein wenig ihre Jahre zu füh-
len, da ſie eben 83 alt geworden iſt; die andere
aber, eine große und imponirende Geſtalt, ſich noch
ganz jugendlich dünkt, da das hübſche Kind erſt 74
zählt. Beide trugen ihr, noch recht volles Haar ſchlicht
herabgekämmt und gepudert, einen runden Manns-
hut, ein Männerhalstuch und Weſte, ſtatt der inex-
pressibles *) aber einen kurzen jupon, nebſt Stiefeln.
Das Ganze bedeckte ein Kleid aus blauem Tuch von
ganz beſondrem Schnitt, die Mitte zwiſchen einem
Männer-Ueberrock und einem weiblichen Reithabit
haltend. Ueber dieſes trug aber Lady Elleonor noch
Erſtens: den grand cordon des Ludwigsordens über den
Leib, zweitens: denſelben Orden um den Hals, drittens:
abermals ditto das kleine Kreuz deſſelben im Knopfloch,
et pour comble de gloire eine goldene Lilie von bei-
*) Die „Unausſprechlichen“ wird dieſes Kleidungsſtuͤck
in England genannt, wo eine Frau der guten Geſell-
ſchaft zwar wohl häufig Mann und Kinder verläßt;
um mit einem Liebhaber davon zu laufen, aber doch
zu decent iſt, um das Wort „Beinkleider“ öffentlich
nennen hören zu können.
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