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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.

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an die Wahrheit meiner Religion, Ihr an die Wahr-
heit der Eurigen. Was Einem recht ist, ist dem An-
dern billig -- und einzelne Fabeln und Mißbräuche
mag es vielleicht in beiden geben, der Geist aber wird
wohl aus einer Familie seyn. Das sind noch recht
schlechte Aussichten *)! Ich selbst, der, ohne mich
deshalb rühmen zu wollen, bereits in meiner Vater-

ein großer Theil Afrika's jetzt unendlich mehr civilisirt
seyn, als durch hundertjährige Missionen und Bibelsen-
dungen zu erreichen möglichst seyn wird. Einige wer-
den hier sagen: A quoi bon tout cela? Andere die
Frage aufwerfen, wer uns das Recht gebe, uns ungeru-
fen in die Angelegenheiten fremder zu mischen? Die
Antwort hierauf würde zu weit führen; was mich
betrifft, gestehe ich, den Grundsatz der Jesuiten in so
weit zu theilen, daß ich annehme: Ein edler Zweck,
das heißt: ein zum Besten Anderer gefaßter Plan, der
zugleich mit der Kraft ihn auszuführen verbunden ist,
heiligt auf den hohen Standpunkten der Menschheit
alle, redlich in demselben Sinn, angewandte Mittel, in
sofern sie sich nur auf offene Gewalt beziehen -- denn
Verrath und Unredlichkeit kann nie zum Guten führen.
A. d. H.
*) Kotzebue in seiner neuesten Reise um die Wele giebt
uns ein ergreifendes Gemälde von dem Unwesen der
englischen Missionaire auf Otahaiti und den Sandwichs-
Inseln. Als man, sagt er, den, für das Glück seines
neu geschaffnen Reichs zu früh verstorbnen, König Ta-
meamea zur Annahme der christlichen Religion bewegen
wollte, erwiederte er, auf die Statuen seines Cultus
hinweisend: Dies sind unsre Götter, die ich seit mei-
ner Kindheit zu verehren gelehrt wurde. Ob ich Recht
oder Unrecht daran thue, weiß ich nicht; aber ich folge
meinem Glauben, der nicht schlecht seyn kann, da er
mir vorschreibt keine Ungerechrigkeit zu begehen.
Anm. d. H.

an die Wahrheit meiner Religion, Ihr an die Wahr-
heit der Eurigen. Was Einem recht iſt, iſt dem An-
dern billig — und einzelne Fabeln und Mißbräuche
mag es vielleicht in beiden geben, der Geiſt aber wird
wohl aus einer Familie ſeyn. Das ſind noch recht
ſchlechte Ausſichten *)! Ich ſelbſt, der, ohne mich
deshalb rühmen zu wollen, bereits in meiner Vater-

ein großer Theil Afrika’s jetzt unendlich mehr civiliſirt
ſeyn, als durch hundertjährige Miſſionen und Bibelſen-
dungen zu erreichen möglichſt ſeyn wird. Einige wer-
den hier ſagen: A quoi bon tout cela? Andere die
Frage aufwerfen, wer uns das Recht gebe, uns ungeru-
fen in die Angelegenheiten fremder zu miſchen? Die
Antwort hierauf würde zu weit führen; was mich
betrifft, geſtehe ich, den Grundſatz der Jeſuiten in ſo
weit zu theilen, daß ich annehme: Ein edler Zweck,
das heißt: ein zum Beſten Anderer gefaßter Plan, der
zugleich mit der Kraft ihn auszuführen verbunden iſt,
heiligt auf den hohen Standpunkten der Menſchheit
alle, redlich in demſelben Sinn, angewandte Mittel, in
ſofern ſie ſich nur auf offene Gewalt beziehen — denn
Verrath und Unredlichkeit kann nie zum Guten führen.
A. d. H.
*) Kotzebue in ſeiner neueſten Reiſe um die Wele giebt
uns ein ergreifendes Gemälde von dem Unweſen der
engliſchen Miſſionaire auf Otahaiti und den Sandwichs-
Inſeln. Als man, ſagt er, den, für das Glück ſeines
neu geſchaffnen Reichs zu früh verſtorbnen, König Ta-
meamea zur Annahme der chriſtlichen Religion bewegen
wollte, erwiederte er, auf die Statuen ſeines Cultus
hinweiſend: Dies ſind unſre Götter, die ich ſeit mei-
ner Kindheit zu verehren gelehrt wurde. Ob ich Recht
oder Unrecht daran thue, weiß ich nicht; aber ich folge
meinem Glauben, der nicht ſchlecht ſeyn kann, da er
mir vorſchreibt keine Ungerechrigkeit zu begehen.
Anm. d. H.
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[55/0079] an die Wahrheit meiner Religion, Ihr an die Wahr- heit der Eurigen. Was Einem recht iſt, iſt dem An- dern billig — und einzelne Fabeln und Mißbräuche mag es vielleicht in beiden geben, der Geiſt aber wird wohl aus einer Familie ſeyn. Das ſind noch recht ſchlechte Ausſichten *)! Ich ſelbſt, der, ohne mich deshalb rühmen zu wollen, bereits in meiner Vater- *) *) Kotzebue in ſeiner neueſten Reiſe um die Wele giebt uns ein ergreifendes Gemälde von dem Unweſen der engliſchen Miſſionaire auf Otahaiti und den Sandwichs- Inſeln. Als man, ſagt er, den, für das Glück ſeines neu geſchaffnen Reichs zu früh verſtorbnen, König Ta- meamea zur Annahme der chriſtlichen Religion bewegen wollte, erwiederte er, auf die Statuen ſeines Cultus hinweiſend: Dies ſind unſre Götter, die ich ſeit mei- ner Kindheit zu verehren gelehrt wurde. Ob ich Recht oder Unrecht daran thue, weiß ich nicht; aber ich folge meinem Glauben, der nicht ſchlecht ſeyn kann, da er mir vorſchreibt keine Ungerechrigkeit zu begehen. Anm. d. H. *) ein großer Theil Afrika’s jetzt unendlich mehr civiliſirt ſeyn, als durch hundertjährige Miſſionen und Bibelſen- dungen zu erreichen möglichſt ſeyn wird. Einige wer- den hier ſagen: A quoi bon tout cela? Andere die Frage aufwerfen, wer uns das Recht gebe, uns ungeru- fen in die Angelegenheiten fremder zu miſchen? Die Antwort hierauf würde zu weit führen; was mich betrifft, geſtehe ich, den Grundſatz der Jeſuiten in ſo weit zu theilen, daß ich annehme: Ein edler Zweck, das heißt: ein zum Beſten Anderer gefaßter Plan, der zugleich mit der Kraft ihn auszuführen verbunden iſt, heiligt auf den hohen Standpunkten der Menſchheit alle, redlich in demſelben Sinn, angewandte Mittel, in ſofern ſie ſich nur auf offene Gewalt beziehen — denn Verrath und Unredlichkeit kann nie zum Guten führen. A. d. H.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/79>, abgerufen am 18.12.2024.