nere, und beide Worte offenbar eine etymologische Verwandtschaft haben, weil sie beide mit einem gro- ßen H anfangen und auch das kleine n in beiden vorkömmt -- aber deutlicher schon sprach der Um- stand: daß sie ein Paar waren -- die Haupt- Pointe aus, auf die es abgesehen war. Die blaue Farbe, die an den Himmel erinnert, bedeutete unsre beiderseitige Sanftmuth, und die starke Einsalzung die Schärfe unsres Verstandes und attischen Witzes. Die unverwelkbaren Blätter schrieen, so zu sagen: Vergiß mein nicht: und spielten zugleich sehr deut- lich auf die nie versiegende Wonne an, die wir em- pfinden würden, wenn wir uns erst ganz besäßen! Was aber, glaube ich, der Sache die Krone aufsetzte, war ohne Zweifel das artige Wortspiel, welches im Namen selbst liegt. Hering -- her-Ring! deutlicher und zugleich delikater (in jeder Bedeutung des Aus- drucks, denn frische Heringe sind in Preußen und Sachsen eine Delikatesse) konnte ich meine Liebe, und meine redlichen Absichten unmöglich erklären. Um jedoch ganz sicher zu seyn, gehörig verstanden zu wer- den, legte ich oben darauf noch eine, auf chinesisches Reispapier zierlich gemalte und ausgeschnittene Rose, in deren Blättern ich mit schüchterner Hand folgende kleine Erstlinge meiner Muse verbarg:
Wem ist's so wohlig auf dem Grund, Wer wird in blauer Fluth gesund? Der Hering.
nere, und beide Worte offenbar eine etymologiſche Verwandtſchaft haben, weil ſie beide mit einem gro- ßen H anfangen und auch das kleine n in beiden vorkömmt — aber deutlicher ſchon ſprach der Um- ſtand: daß ſie ein Paar waren — die Haupt- Pointe aus, auf die es abgeſehen war. Die blaue Farbe, die an den Himmel erinnert, bedeutete unſre beiderſeitige Sanftmuth, und die ſtarke Einſalzung die Schärfe unſres Verſtandes und attiſchen Witzes. Die unverwelkbaren Blätter ſchrieen, ſo zu ſagen: Vergiß mein nicht: und ſpielten zugleich ſehr deut- lich auf die nie verſiegende Wonne an, die wir em- pfinden würden, wenn wir uns erſt ganz beſäßen! Was aber, glaube ich, der Sache die Krone aufſetzte, war ohne Zweifel das artige Wortſpiel, welches im Namen ſelbſt liegt. Hering — her-Ring! deutlicher und zugleich delikater (in jeder Bedeutung des Aus- drucks, denn friſche Heringe ſind in Preußen und Sachſen eine Delikateſſe) konnte ich meine Liebe, und meine redlichen Abſichten unmöglich erklären. Um jedoch ganz ſicher zu ſeyn, gehörig verſtanden zu wer- den, legte ich oben darauf noch eine, auf chineſiſches Reispapier zierlich gemalte und ausgeſchnittene Roſe, in deren Blättern ich mit ſchüchterner Hand folgende kleine Erſtlinge meiner Muſe verbarg:
Wem iſt’s ſo wohlig auf dem Grund, Wer wird in blauer Fluth geſund? Der Hering.
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nere, und beide Worte offenbar eine etymologiſche
Verwandtſchaft haben, weil ſie beide mit einem gro-
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vorkömmt — aber deutlicher ſchon ſprach der Um-
ſtand: daß ſie ein Paar waren — die Haupt-
Pointe aus, auf die es abgeſehen war. Die blaue
Farbe, die an den Himmel erinnert, bedeutete unſre
beiderſeitige Sanftmuth, und die ſtarke Einſalzung
die Schärfe unſres Verſtandes und attiſchen Witzes.
Die unverwelkbaren Blätter ſchrieen, ſo zu ſagen:
Vergiß mein nicht: und ſpielten zugleich ſehr deut-
lich auf die nie verſiegende Wonne an, die wir em-
pfinden würden, wenn wir uns erſt ganz beſäßen!
Was aber, glaube ich, der Sache die Krone aufſetzte,
war ohne Zweifel das artige Wortſpiel, welches im
Namen ſelbſt liegt. Hering — her-Ring! deutlicher
und zugleich delikater (in jeder Bedeutung des Aus-
drucks, denn friſche Heringe ſind in Preußen und
Sachſen eine Delikateſſe) konnte ich meine Liebe, und
meine redlichen Abſichten unmöglich erklären. Um
jedoch ganz ſicher zu ſeyn, gehörig verſtanden zu wer-
den, legte ich oben darauf noch eine, auf chineſiſches
Reispapier zierlich gemalte und ausgeſchnittene Roſe,
in deren Blättern ich mit ſchüchterner Hand folgende
kleine Erſtlinge meiner Muſe verbarg:
Wem iſt’s ſo wohlig auf dem Grund,
Wer wird in blauer Fluth geſund?
Der Hering.
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/84>, abgerufen am 24.11.2024.
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