Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830.Die Fluth sind Deine blauen Augen, O laß hinab in sie mich tauchen Als Hering. Ach, so erhöre denn mein Fleh'n, Laß Schönste, ach laß es gescheh'n -- Gieb her-Ring! Wer sollte glauben, daß Alles dennoch umsonst Glücklicherweise tröstet die Frömmigkeit ein wahr- In meinem Aerger (den ich leider immer noch Die Fluth ſind Deine blauen Augen, O laß hinab in ſie mich tauchen Als Hering. Ach, ſo erhöre denn mein Fleh’n, Laß Schönſte, ach laß es geſcheh’n — Gieb her-Ring! Wer ſollte glauben, daß Alles dennoch umſonſt Glücklicherweiſe tröſtet die Frömmigkeit ein wahr- In meinem Aerger (den ich leider immer noch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0085" n="61"/> </l> <lg n="2"> <l>Die Fluth ſind Deine blauen Augen,</l><lb/> <l>O laß hinab in ſie mich tauchen</l><lb/> <l>Als Hering.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Ach, ſo erhöre denn mein Fleh’n,</l><lb/> <l>Laß Schönſte, ach laß es geſcheh’n —</l><lb/> <l>Gieb her-Ring!</l> </lg> </lg><lb/> <p>Wer ſollte glauben, daß Alles <hi rendition="#g">dennoch</hi> umſonſt<lb/> war! In ſchlichter Proſa antwortete mir die Frau<lb/> Mutter ganz ungebunden und kurz: ihre Tochter<lb/> bedaure ſehr, von jeher eine idgoſinkratiſche Abnei-<lb/> gung gegen Heringe empfunden zu haben, ſo daß ſie<lb/> ſelbſt die letzten Theaterſtücke des berühmten Willibald<lb/> Alexis nicht mehr ſehen könne, ſeitdem ſie in Erfah-<lb/> rung gebracht, daß der Verfaſſer nur Hering heiße.<lb/> Sie ſende mir daher meine Fiſche nebſt begleitender<lb/> Poeſie mit vielem Danke für die gute Meinung, in<lb/> beifolgendem <hi rendition="#g">Korbe</hi> ergebenſt zurück.</p><lb/> <p>Glücklicherweiſe tröſtet die Frömmigkeit ein wahr-<lb/> haft von ihr ergriffenes Gemüth über Alles, aber ich<lb/> mußte wohl zwei Stunden in der Bibel leſen, ehe<lb/> ich wieder hinlängliche Geduld und Faſſung erhielt<lb/> — und obgleich der Wallfiſch, welcher Jonas ver-<lb/> ſchlang, und mit dem ich mich heute unterhielt, ſehr<lb/> groß war, ſo verſchwand er doch jeden Augenblick in<lb/> meiner Phantaſie vor dem verhängnißvollen Herings-<lb/> Paar.</p><lb/> <p>In meinem Aerger (den ich leider immer noch<lb/> nicht ganz beſiegt habe) muß ich aber den erwähnten<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0085]
Die Fluth ſind Deine blauen Augen,
O laß hinab in ſie mich tauchen
Als Hering.
Ach, ſo erhöre denn mein Fleh’n,
Laß Schönſte, ach laß es geſcheh’n —
Gieb her-Ring!
Wer ſollte glauben, daß Alles dennoch umſonſt
war! In ſchlichter Proſa antwortete mir die Frau
Mutter ganz ungebunden und kurz: ihre Tochter
bedaure ſehr, von jeher eine idgoſinkratiſche Abnei-
gung gegen Heringe empfunden zu haben, ſo daß ſie
ſelbſt die letzten Theaterſtücke des berühmten Willibald
Alexis nicht mehr ſehen könne, ſeitdem ſie in Erfah-
rung gebracht, daß der Verfaſſer nur Hering heiße.
Sie ſende mir daher meine Fiſche nebſt begleitender
Poeſie mit vielem Danke für die gute Meinung, in
beifolgendem Korbe ergebenſt zurück.
Glücklicherweiſe tröſtet die Frömmigkeit ein wahr-
haft von ihr ergriffenes Gemüth über Alles, aber ich
mußte wohl zwei Stunden in der Bibel leſen, ehe
ich wieder hinlängliche Geduld und Faſſung erhielt
— und obgleich der Wallfiſch, welcher Jonas ver-
ſchlang, und mit dem ich mich heute unterhielt, ſehr
groß war, ſo verſchwand er doch jeden Augenblick in
meiner Phantaſie vor dem verhängnißvollen Herings-
Paar.
In meinem Aerger (den ich leider immer noch
nicht ganz beſiegt habe) muß ich aber den erwähnten
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