Da Fitzpatrick der Piper, den ich für gestern hatte kommen lassen, noch heute in der Stadt blieb, be- nutzte ich dies, um ihn während des Frühstücks pri- vatim in meiner Stube spielen zu lassen, und dabei sein Instrument genauer zu betrachten. Es ist, wie Du schon weißt, Irland eigenthümlich, und eine selt- same Mischung alter und neuer Jahrhunderte darin sichtbar. Der ursprüngliche, einfache Dudelsack hat sich in ihm mit der Flöte, der Hoboe, und einzelnen Orgel- und Bassontönen, vermählt. Alles zusammen bildet ein fremdartiges, aber ziemlich vollständiges Concert. Der kleine elegante Blasebalg, der damit verbunden ist, wird vermöge eines seidenen Bandes am linken Arme befestigt, und der, zwischen ihm und dem Sack communizirende, Windschlauch, über den Leib gelegt, während die Hände auf einem, mit Lö- chern, gleich einem Flageolet, versehenen, aufrecht stehenden Rohre spielen, welches das Ende des In- strumentes bildet, und mit fünf bis sechs andern kür- zeren, die einer colossalen Papagenoflöte ähnlich sind, in Verbindung steht. Während des Spiels geht der rechte Arm unaufhörlich vom Körper ab und zu, um den Blasebalg in Athem zu erhalten. Das Oeffnen einer Klappe bringt einen tiefen, summenden Ton hervor, der während dem übrigen Spiel unisono mit fortgeht, und dem Forte-Zug des Piano's ähn- lich wirkt. Durch das Agitiren des ganzen Körpers, so wie des vorher beschriebenen Rohres brachte Fitz-
Den 22ſten.
Da Fitzpatrick der Piper, den ich für geſtern hatte kommen laſſen, noch heute in der Stadt blieb, be- nutzte ich dies, um ihn während des Frühſtücks pri- vatim in meiner Stube ſpielen zu laſſen, und dabei ſein Inſtrument genauer zu betrachten. Es iſt, wie Du ſchon weißt, Irland eigenthümlich, und eine ſelt- ſame Miſchung alter und neuer Jahrhunderte darin ſichtbar. Der urſprüngliche, einfache Dudelſack hat ſich in ihm mit der Flöte, der Hoboe, und einzelnen Orgel- und Baſſontönen, vermählt. Alles zuſammen bildet ein fremdartiges, aber ziemlich vollſtändiges Concert. Der kleine elegante Blaſebalg, der damit verbunden iſt, wird vermöge eines ſeidenen Bandes am linken Arme befeſtigt, und der, zwiſchen ihm und dem Sack communizirende, Windſchlauch, über den Leib gelegt, während die Hände auf einem, mit Lö- chern, gleich einem Flageolet, verſehenen, aufrecht ſtehenden Rohre ſpielen, welches das Ende des In- ſtrumentes bildet, und mit fünf bis ſechs andern kür- zeren, die einer coloſſalen Papagenoflöte ähnlich ſind, in Verbindung ſteht. Während des Spiels geht der rechte Arm unaufhörlich vom Körper ab und zu, um den Blaſebalg in Athem zu erhalten. Das Oeffnen einer Klappe bringt einen tiefen, ſummenden Ton hervor, der während dem übrigen Spiel unisono mit fortgeht, und dem Forte-Zug des Piano’s ähn- lich wirkt. Durch das Agitiren des ganzen Körpers, ſo wie des vorher beſchriebenen Rohres brachte Fitz-
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Den 22ſten.
Da Fitzpatrick der Piper, den ich für geſtern hatte
kommen laſſen, noch heute in der Stadt blieb, be-
nutzte ich dies, um ihn während des Frühſtücks pri-
vatim in meiner Stube ſpielen zu laſſen, und dabei
ſein Inſtrument genauer zu betrachten. Es iſt, wie
Du ſchon weißt, Irland eigenthümlich, und eine ſelt-
ſame Miſchung alter und neuer Jahrhunderte darin
ſichtbar. Der urſprüngliche, einfache Dudelſack hat
ſich in ihm mit der Flöte, der Hoboe, und einzelnen
Orgel- und Baſſontönen, vermählt. Alles zuſammen
bildet ein fremdartiges, aber ziemlich vollſtändiges
Concert. Der kleine elegante Blaſebalg, der damit
verbunden iſt, wird vermöge eines ſeidenen Bandes
am linken Arme befeſtigt, und der, zwiſchen ihm und
dem Sack communizirende, Windſchlauch, über den
Leib gelegt, während die Hände auf einem, mit Lö-
chern, gleich einem Flageolet, verſehenen, aufrecht
ſtehenden Rohre ſpielen, welches das Ende des In-
ſtrumentes bildet, und mit fünf bis ſechs andern kür-
zeren, die einer coloſſalen Papagenoflöte ähnlich ſind,
in Verbindung ſteht. Während des Spiels geht der
rechte Arm unaufhörlich vom Körper ab und zu, um
den Blaſebalg in Athem zu erhalten. Das Oeffnen
einer Klappe bringt einen tiefen, ſummenden Ton
hervor, der während dem übrigen Spiel unisono
mit fortgeht, und dem Forte-Zug des Piano’s ähn-
lich wirkt. Durch das Agitiren des ganzen Körpers,
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/163>, abgerufen am 22.11.2024.
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