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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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Ihr nie, bei der Nachricht, daß einem Glücklichen
etwas mißlang, wie bei diesem oder jenem Unfall
Anderer, eine leise Befriedigung gefühlt? Dies ist
eine ernste Frage, und Wenige werden sie sich ohne
Nutzen vorlegen. --

Die Art wie Jeder hier für sich still in seinem
Gebetbuch liest, während die herrliche Musik den
Geist erhebt, und vom irdisch Alltäglichen abzieht,
scheint mir auch dem lauten Herleiern und Ablesen
der Gebete in jener Kirche weit vorzuziehen. Wäh-
rend dieser Zeit stiller Andacht merkt man nur we-
nig auf die Ceremonieen, Kleiderwechselungen und
Räucherungen der Priester am Altar, die Einem fast
wie eine häusliche Toilette vorkommen, um die man
sich nicht weiter bekümmert. Aber selbst diese letztere
kleine Schattenseite mitgenommen, sieht man in der
catholischen Kirche doch immer etwas Ganzes,
durch Alter und Consequenz Ehrwürdiges -- in der
englisch protestantischen dagegen nur unzusammen-
hängendes Stückwerk. Beide mit der deutschen Kirche
(aber diese nur im Sinne unsrer Krug und Pau-
lus) könnten mit drei Individuen verglichen werden,
die sich an einem prächtigen Ort befanden, der man-
chen Genuß, manchen werthvollen Unterricht darbot,
aber von Gottes Sonne und seiner herrlichen freien
Natur durch eine hohe Mauer geschieden war. Der
Erste der drei, war mit dem Glanz der Juwelen und
des Kerzenlichts zufrieden, und sah nie sehnsüchtig
nach den wenigen Spalten der Mauer, die eine Ah-

Ihr nie, bei der Nachricht, daß einem Glücklichen
etwas mißlang, wie bei dieſem oder jenem Unfall
Anderer, eine leiſe Befriedigung gefühlt? Dies iſt
eine ernſte Frage, und Wenige werden ſie ſich ohne
Nutzen vorlegen. —

Die Art wie Jeder hier für ſich ſtill in ſeinem
Gebetbuch liest, während die herrliche Muſik den
Geiſt erhebt, und vom irdiſch Alltäglichen abzieht,
ſcheint mir auch dem lauten Herleiern und Ableſen
der Gebete in jener Kirche weit vorzuziehen. Wäh-
rend dieſer Zeit ſtiller Andacht merkt man nur we-
nig auf die Ceremonieen, Kleiderwechſelungen und
Räucherungen der Prieſter am Altar, die Einem faſt
wie eine häusliche Toilette vorkommen, um die man
ſich nicht weiter bekümmert. Aber ſelbſt dieſe letztere
kleine Schattenſeite mitgenommen, ſieht man in der
catholiſchen Kirche doch immer etwas Ganzes,
durch Alter und Conſequenz Ehrwürdiges — in der
engliſch proteſtantiſchen dagegen nur unzuſammen-
hängendes Stückwerk. Beide mit der deutſchen Kirche
(aber dieſe nur im Sinne unſrer Krug und Pau-
lus) könnten mit drei Individuen verglichen werden,
die ſich an einem prächtigen Ort befanden, der man-
chen Genuß, manchen werthvollen Unterricht darbot,
aber von Gottes Sonne und ſeiner herrlichen freien
Natur durch eine hohe Mauer geſchieden war. Der
Erſte der drei, war mit dem Glanz der Juwelen und
des Kerzenlichts zufrieden, und ſah nie ſehnſüchtig
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[153/0175] Ihr nie, bei der Nachricht, daß einem Glücklichen etwas mißlang, wie bei dieſem oder jenem Unfall Anderer, eine leiſe Befriedigung gefühlt? Dies iſt eine ernſte Frage, und Wenige werden ſie ſich ohne Nutzen vorlegen. — Die Art wie Jeder hier für ſich ſtill in ſeinem Gebetbuch liest, während die herrliche Muſik den Geiſt erhebt, und vom irdiſch Alltäglichen abzieht, ſcheint mir auch dem lauten Herleiern und Ableſen der Gebete in jener Kirche weit vorzuziehen. Wäh- rend dieſer Zeit ſtiller Andacht merkt man nur we- nig auf die Ceremonieen, Kleiderwechſelungen und Räucherungen der Prieſter am Altar, die Einem faſt wie eine häusliche Toilette vorkommen, um die man ſich nicht weiter bekümmert. Aber ſelbſt dieſe letztere kleine Schattenſeite mitgenommen, ſieht man in der catholiſchen Kirche doch immer etwas Ganzes, durch Alter und Conſequenz Ehrwürdiges — in der engliſch proteſtantiſchen dagegen nur unzuſammen- hängendes Stückwerk. Beide mit der deutſchen Kirche (aber dieſe nur im Sinne unſrer Krug und Pau- lus) könnten mit drei Individuen verglichen werden, die ſich an einem prächtigen Ort befanden, der man- chen Genuß, manchen werthvollen Unterricht darbot, aber von Gottes Sonne und ſeiner herrlichen freien Natur durch eine hohe Mauer geſchieden war. Der Erſte der drei, war mit dem Glanz der Juwelen und des Kerzenlichts zufrieden, und ſah nie ſehnſüchtig nach den wenigen Spalten der Mauer, die eine Ah-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/175>, abgerufen am 22.11.2024.