nung des Tageslichts hineinließen. Die andern Bei- den aber wurden unruhig; sie fühlten, es gäbe noch etwas Besseres und Schöneres außerhalb, und ent- schlossen sich endlich die hohe Mauer, es koste was es wolle, zu übersteigen. Wohlversehen auf lange mit Allem, was sie nöthig zu haben glaubten, be- gannen sie die große Unternehmung. Viele Gefahr, vieles Ungemach mußten sie ausstehen, -- doch end- lich erreichten sie glücklich die Höhe. Hier gewahrten sie nun zwar der Sonne glänzendes Gestirn, aber Wolken verbargen es oft, und auch das schöne Grün der Wiesen unter ihnen ward oft unterbrochen, durch Unkraut und stachlichtes Gebüsch, wo wilde gefahr- volle Thiere lauschend umherschlichen. Doch nichts konnte den Zweiten der Drei entmuthigen, noch von seinem Vornehmen abschrecken; die innere Geistes- stimme besiegte alle Furcht und jeden Zweifel. Wohl- gemuth ließ er sich hinab, in die neue Welt, und da er, um ganz ungehindert zu seyn, alles Mitgenommene zurück gelassen hatte, verschwand er, leichten Fußes, bald in dem heiligen Hain. Aber der Dritte -- der sitzt noch immer auf der Mauer, zwischen Himmel und Erde, von der mitgebrachten Nahrung zehrend, und sich an dem mitgebrachten Flitter weidend, von dem er sich nicht losreißen kann, obgleich die Strah- len der Sonne, die jetzt ungehindert auf den falschen Tand fallen, ihn schon weit unscheinlicher gemacht. Wie das Thier der Fabel schwankt er zwischen den zwei Heubündeln, ohne zu wissen, welchem er sich gänzlich zuwenden soll. Zurück kann er nicht mehr,
nung des Tageslichts hineinließen. Die andern Bei- den aber wurden unruhig; ſie fühlten, es gäbe noch etwas Beſſeres und Schöneres außerhalb, und ent- ſchloſſen ſich endlich die hohe Mauer, es koſte was es wolle, zu überſteigen. Wohlverſehen auf lange mit Allem, was ſie nöthig zu haben glaubten, be- gannen ſie die große Unternehmung. Viele Gefahr, vieles Ungemach mußten ſie ausſtehen, — doch end- lich erreichten ſie glücklich die Höhe. Hier gewahrten ſie nun zwar der Sonne glänzendes Geſtirn, aber Wolken verbargen es oft, und auch das ſchöne Grün der Wieſen unter ihnen ward oft unterbrochen, durch Unkraut und ſtachlichtes Gebüſch, wo wilde gefahr- volle Thiere lauſchend umherſchlichen. Doch nichts konnte den Zweiten der Drei entmuthigen, noch von ſeinem Vornehmen abſchrecken; die innere Geiſtes- ſtimme beſiegte alle Furcht und jeden Zweifel. Wohl- gemuth ließ er ſich hinab, in die neue Welt, und da er, um ganz ungehindert zu ſeyn, alles Mitgenommene zurück gelaſſen hatte, verſchwand er, leichten Fußes, bald in dem heiligen Hain. Aber der Dritte — der ſitzt noch immer auf der Mauer, zwiſchen Himmel und Erde, von der mitgebrachten Nahrung zehrend, und ſich an dem mitgebrachten Flitter weidend, von dem er ſich nicht losreißen kann, obgleich die Strah- len der Sonne, die jetzt ungehindert auf den falſchen Tand fallen, ihn ſchon weit unſcheinlicher gemacht. Wie das Thier der Fabel ſchwankt er zwiſchen den zwei Heubündeln, ohne zu wiſſen, welchem er ſich gänzlich zuwenden ſoll. Zurück kann er nicht mehr,
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nung des Tageslichts hineinließen. Die andern Bei-
den aber wurden unruhig; ſie fühlten, es gäbe noch
etwas Beſſeres und Schöneres außerhalb, und ent-
ſchloſſen ſich endlich die hohe Mauer, es koſte was
es wolle, zu überſteigen. Wohlverſehen auf lange
mit Allem, was ſie nöthig zu haben glaubten, be-
gannen ſie die große Unternehmung. Viele Gefahr,
vieles Ungemach mußten ſie ausſtehen, — doch end-
lich erreichten ſie glücklich die Höhe. Hier gewahrten
ſie nun zwar der Sonne glänzendes Geſtirn, aber
Wolken verbargen es oft, und auch das ſchöne Grün
der Wieſen unter ihnen ward oft unterbrochen, durch
Unkraut und ſtachlichtes Gebüſch, wo wilde gefahr-
volle Thiere lauſchend umherſchlichen. Doch nichts
konnte den Zweiten der Drei entmuthigen, noch von
ſeinem Vornehmen abſchrecken; die innere Geiſtes-
ſtimme beſiegte alle Furcht und jeden Zweifel. Wohl-
gemuth ließ er ſich hinab, in die neue Welt, und da
er, um ganz ungehindert zu ſeyn, alles Mitgenommene
zurück gelaſſen hatte, verſchwand er, leichten Fußes,
bald in dem heiligen Hain. Aber der Dritte — der
ſitzt noch immer auf der Mauer, zwiſchen Himmel
und Erde, von der mitgebrachten Nahrung zehrend,
und ſich an dem mitgebrachten Flitter weidend, von
dem er ſich nicht losreißen kann, obgleich die Strah-
len der Sonne, die jetzt ungehindert auf den falſchen
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Wie das Thier der Fabel ſchwankt er zwiſchen den
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/176>, abgerufen am 22.11.2024.
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