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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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gut einstudirt. Die drei hervorstechendsten Red-
ner sind O'Connel, Shiel und Lawles, auch Mr.
Fin und M. Ford sprechen gut und mit vielem per-
sönlichen Anstande. Shiel ist ein Mann von Welt
mit noch mehr Unbefangenheit und Aisance in der
Gesellschaft als O'Connel, aber als Redner erschien
er mir viel zu affectirt, zu künstlich, und prä-
parirt in dem was er sagte, dabei ganz Schau-
spielermäßig, ohne alles wahre Gefühl in der deli-
very
seiner Rede, wie es die Engländer bezeichnend
nennen. Es wundert mich nicht, daß er, ohngeach-
tet seines nicht unbedeutenden Talents, so viel we-
niger populair ist, als O'Connel. Beide Männer sind
sehr eitel -- die Eitelkeit O'Connels ist aber offner,
vertrauender und bereits zufriedener gestellt, die von
Shiel hingegen peinlich, wund und finster. Der
Eine ist daher, die eigne Parthei betreffend, so zu
sagen, in Honig, der Andere in Galle getaucht, und
der Letzte, obgleich für dieselbe Sache streitend,
sichtlich eifersüchtig auf den Kollegen, den er mit
Unrecht zu übersehen glaubt. Herr C...s dagegen
ist nur der Don Quixotte der Association. Sein
schöner Kopf, sein weißes Haar, sein wilder, aber
edler, Anstand und ein herrliches Organ, lassen,
wenn er auftritt, Außerordentliches erwarten, aber
bald löst sich die ernst begonnene Rede in die un-
glaublichsten Extravaganzen, und oft ganz verwirr-
ten Unsinn auf, welcher Freund und Feind mit glei-
cher Wuth angreift. Man achtet ihn daher wenig,
lacht ihn oft aus, wenn er, wie König Lear, raset,

gut einſtudirt. Die drei hervorſtechendſten Red-
ner ſind O’Connel, Shiel und Lawles, auch Mr.
Fin und M. Ford ſprechen gut und mit vielem per-
ſönlichen Anſtande. Shiel iſt ein Mann von Welt
mit noch mehr Unbefangenheit und Aiſance in der
Geſellſchaft als O’Connel, aber als Redner erſchien
er mir viel zu affectirt, zu künſtlich, und prä-
parirt in dem was er ſagte, dabei ganz Schau-
ſpielermäßig, ohne alles wahre Gefühl in der deli-
very
ſeiner Rede, wie es die Engländer bezeichnend
nennen. Es wundert mich nicht, daß er, ohngeach-
tet ſeines nicht unbedeutenden Talents, ſo viel we-
niger populair iſt, als O’Connel. Beide Männer ſind
ſehr eitel — die Eitelkeit O’Connels iſt aber offner,
vertrauender und bereits zufriedener geſtellt, die von
Shiel hingegen peinlich, wund und finſter. Der
Eine iſt daher, die eigne Parthei betreffend, ſo zu
ſagen, in Honig, der Andere in Galle getaucht, und
der Letzte, obgleich für dieſelbe Sache ſtreitend,
ſichtlich eiferſüchtig auf den Kollegen, den er mit
Unrecht zu überſehen glaubt. Herr C…s dagegen
iſt nur der Don Quixotte der Aſſociation. Sein
ſchöner Kopf, ſein weißes Haar, ſein wilder, aber
edler, Anſtand und ein herrliches Organ, laſſen,
wenn er auftritt, Außerordentliches erwarten, aber
bald löst ſich die ernſt begonnene Rede in die un-
glaublichſten Extravaganzen, und oft ganz verwirr-
ten Unſinn auf, welcher Freund und Feind mit glei-
cher Wuth angreift. Man achtet ihn daher wenig,
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[184/0206] gut einſtudirt. Die drei hervorſtechendſten Red- ner ſind O’Connel, Shiel und Lawles, auch Mr. Fin und M. Ford ſprechen gut und mit vielem per- ſönlichen Anſtande. Shiel iſt ein Mann von Welt mit noch mehr Unbefangenheit und Aiſance in der Geſellſchaft als O’Connel, aber als Redner erſchien er mir viel zu affectirt, zu künſtlich, und prä- parirt in dem was er ſagte, dabei ganz Schau- ſpielermäßig, ohne alles wahre Gefühl in der deli- very ſeiner Rede, wie es die Engländer bezeichnend nennen. Es wundert mich nicht, daß er, ohngeach- tet ſeines nicht unbedeutenden Talents, ſo viel we- niger populair iſt, als O’Connel. Beide Männer ſind ſehr eitel — die Eitelkeit O’Connels iſt aber offner, vertrauender und bereits zufriedener geſtellt, die von Shiel hingegen peinlich, wund und finſter. Der Eine iſt daher, die eigne Parthei betreffend, ſo zu ſagen, in Honig, der Andere in Galle getaucht, und der Letzte, obgleich für dieſelbe Sache ſtreitend, ſichtlich eiferſüchtig auf den Kollegen, den er mit Unrecht zu überſehen glaubt. Herr C…s dagegen iſt nur der Don Quixotte der Aſſociation. Sein ſchöner Kopf, ſein weißes Haar, ſein wilder, aber edler, Anſtand und ein herrliches Organ, laſſen, wenn er auftritt, Außerordentliches erwarten, aber bald löst ſich die ernſt begonnene Rede in die un- glaublichſten Extravaganzen, und oft ganz verwirr- ten Unſinn auf, welcher Freund und Feind mit glei- cher Wuth angreift. Man achtet ihn daher wenig, lacht ihn oft aus, wenn er, wie König Lear, raſet,

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/206>, abgerufen am 22.11.2024.