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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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haber der alten Dame. Zuerst sieht man Lady M ...
mit ihrem Kammermädchen bei der Toilette. Ver-
traulicher Rath Josephinens, verschiedene lächerliche
Toilettengeheimnisse betreffend; Jammer der Coquette
über die ankommenden Runzeln; endlich Versicherun-
gen der Abigail, daß, bei Abend, dennoch Niemand
schöner sey. Als Beweis werden die verschiedenen
Anbeter angeführt, und Liebesgeschichten alter Zei-
ten erzählt. La Comtesse convient de les conque-
tes,
und macht mit vieler Laune ein Gemählde ihrer
Triumphe. Shut! ruft die Kammerjungfer, j'eutends
le Capitaine.
Dieser, ein Exclusive, erscheint mit
fracas, einen kleinen Hund im Arme haltend, und
erklärt nach einigen zärtlichen Complimenten, daß er,
genöthigt sich zu seinem Regiment zu begeben, ihr
Fidele zurücklassen wolle, damit die schöne Gräfin
nie vergesse, ihm fidele zu bleiben. Burleske Be-
theurungen, Schluchzen, Umarmung, Abschied. Kaum
ist der Capitaine fort, so erscheint der Irländer und
bringt sogleich einen Heirathskontrakt mit, in dem
die Gräfin ihr ganzes Vermögen ihm verschreiben
soll. Als guter Weiberkenner behandelt er sie rüde,
und doch leidenschaftlich, so daß, nach schwacher Ver-
theidigung, und einer kleinen Scene, beide endlich
einig werden. Indem bemerkt der Irländer den
fremden Hund, und frägt befremdet, wo dieser her
sey? Man stottert verlegen einige Entschuldigungen
her. Oconnor Mac Farlane spielt nun den in Wuth
gerathenen Eifersüchtigen. Vergebens suchen die Wei-
ber ihn zu beruhigen -- er tobt, und besteht auf

haber der alten Dame. Zuerſt ſieht man Lady M …
mit ihrem Kammermädchen bei der Toilette. Ver-
traulicher Rath Joſephinens, verſchiedene lächerliche
Toilettengeheimniſſe betreffend; Jammer der Coquette
über die ankommenden Runzeln; endlich Verſicherun-
gen der Abigail, daß, bei Abend, dennoch Niemand
ſchöner ſey. Als Beweis werden die verſchiedenen
Anbeter angeführt, und Liebesgeſchichten alter Zei-
ten erzählt. La Comtesse convient de les conquê-
tes,
und macht mit vieler Laune ein Gemählde ihrer
Triumphe. Shut! ruft die Kammerjungfer, j’eutends
le Capitaine.
Dieſer, ein Exclusive, erſcheint mit
fracas, einen kleinen Hund im Arme haltend, und
erklärt nach einigen zärtlichen Complimenten, daß er,
genöthigt ſich zu ſeinem Regiment zu begeben, ihr
Fidèle zurücklaſſen wolle, damit die ſchöne Gräfin
nie vergeſſe, ihm fidêle zu bleiben. Burleske Be-
theurungen, Schluchzen, Umarmung, Abſchied. Kaum
iſt der Capitaine fort, ſo erſcheint der Irländer und
bringt ſogleich einen Heirathskontrakt mit, in dem
die Gräfin ihr ganzes Vermögen ihm verſchreiben
ſoll. Als guter Weiberkenner behandelt er ſie rüde,
und doch leidenſchaftlich, ſo daß, nach ſchwacher Ver-
theidigung, und einer kleinen Scene, beide endlich
einig werden. Indem bemerkt der Irländer den
fremden Hund, und frägt befremdet, wo dieſer her
ſey? Man ſtottert verlegen einige Entſchuldigungen
her. Oconnor Mac Farlane ſpielt nun den in Wuth
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[198/0220] haber der alten Dame. Zuerſt ſieht man Lady M … mit ihrem Kammermädchen bei der Toilette. Ver- traulicher Rath Joſephinens, verſchiedene lächerliche Toilettengeheimniſſe betreffend; Jammer der Coquette über die ankommenden Runzeln; endlich Verſicherun- gen der Abigail, daß, bei Abend, dennoch Niemand ſchöner ſey. Als Beweis werden die verſchiedenen Anbeter angeführt, und Liebesgeſchichten alter Zei- ten erzählt. La Comtesse convient de les conquê- tes, und macht mit vieler Laune ein Gemählde ihrer Triumphe. Shut! ruft die Kammerjungfer, j’eutends le Capitaine. Dieſer, ein Exclusive, erſcheint mit fracas, einen kleinen Hund im Arme haltend, und erklärt nach einigen zärtlichen Complimenten, daß er, genöthigt ſich zu ſeinem Regiment zu begeben, ihr Fidèle zurücklaſſen wolle, damit die ſchöne Gräfin nie vergeſſe, ihm fidêle zu bleiben. Burleske Be- theurungen, Schluchzen, Umarmung, Abſchied. Kaum iſt der Capitaine fort, ſo erſcheint der Irländer und bringt ſogleich einen Heirathskontrakt mit, in dem die Gräfin ihr ganzes Vermögen ihm verſchreiben ſoll. Als guter Weiberkenner behandelt er ſie rüde, und doch leidenſchaftlich, ſo daß, nach ſchwacher Ver- theidigung, und einer kleinen Scene, beide endlich einig werden. Indem bemerkt der Irländer den fremden Hund, und frägt befremdet, wo dieſer her ſey? Man ſtottert verlegen einige Entſchuldigungen her. Oconnor Mac Farlane ſpielt nun den in Wuth gerathenen Eiferſüchtigen. Vergebens ſuchen die Wei- ber ihn zu beruhigen — er tobt, und beſteht auf

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/220>, abgerufen am 22.11.2024.