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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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sie ist, und sie ewig nur unter schwankenden Bildern
leben läßt. Mit Feuer und Geschick beginnen sie
zwar ihre Pläne, aber noch schneller verfolgt diesel-
ben ihre Phantasie auf dichterischem Roß, und führt
sie ohne Verzug im Traumreiche so glänzend und
genügend an das Ziel, daß sie die langsamen Müh-
seligkeiten des wirklichen Weges nachher nicht mehr
überstehen mögen. So lassen sie denn ein Projekt
nach dem andern freiwillig fallen, ehe es zur Reife
gedieh. Wie Alles in der Welt hat jedoch auch dieser
nachtheilige Zustand seine Kehrseite. Er verhindert
zwar daran, sein Glück zu machen, wie man es zu
nennen pflegt, giebt aber einen unermeßlichen Trost
im Unglück, und eine Elastizität des Gemüths, die
nichts ganz vernichten kann, denn das Reich Genuß-
spendender Phantasie-Bilder bleibt zu jeder Zeit un-
erschöpflich. Eine ganze Stadt spanischer Schlösser
steht Sterblichen dieser Art immer zu Gebot, und
sie genießen mit der Hoffnung, im ewigen Wechsel,
unzähliche Wirklichkeiten im Voraus. Solche Leute
können bei alle dem, für Andere, Besonnenere, mehr
Praktische, oft als die größten Hülfsmittel dienen,
wenn diese den Enthusiasmus jener zu erregen
verstehen. Ihr Scharfsinn erhält dann durch eine
positive, sie beherrschende Zuneigung, und daraus
entstehendem Zwang, die Ausdauer, welche das
eigne Interesse ihnen nicht geben kann, und ihr
Eifer ist bleibender für Andere als für sich. Aus
demselben Grunde wird, wenn eine höhere Macht
sie gleich Anfangs auf des Berges Spitze gestellt, auch

ſie iſt, und ſie ewig nur unter ſchwankenden Bildern
leben läßt. Mit Feuer und Geſchick beginnen ſie
zwar ihre Pläne, aber noch ſchneller verfolgt dieſel-
ben ihre Phantaſie auf dichteriſchem Roß, und führt
ſie ohne Verzug im Traumreiche ſo glänzend und
genügend an das Ziel, daß ſie die langſamen Müh-
ſeligkeiten des wirklichen Weges nachher nicht mehr
überſtehen mögen. So laſſen ſie denn ein Projekt
nach dem andern freiwillig fallen, ehe es zur Reife
gedieh. Wie Alles in der Welt hat jedoch auch dieſer
nachtheilige Zuſtand ſeine Kehrſeite. Er verhindert
zwar daran, ſein Glück zu machen, wie man es zu
nennen pflegt, giebt aber einen unermeßlichen Troſt
im Unglück, und eine Elaſtizität des Gemüths, die
nichts ganz vernichten kann, denn das Reich Genuß-
ſpendender Phantaſie-Bilder bleibt zu jeder Zeit un-
erſchöpflich. Eine ganze Stadt ſpaniſcher Schlöſſer
ſteht Sterblichen dieſer Art immer zu Gebot, und
ſie genießen mit der Hoffnung, im ewigen Wechſel,
unzähliche Wirklichkeiten im Voraus. Solche Leute
können bei alle dem, für Andere, Beſonnenere, mehr
Praktiſche, oft als die größten Hülfsmittel dienen,
wenn dieſe den Enthuſiasmus jener zu erregen
verſtehen. Ihr Scharfſinn erhält dann durch eine
poſitive, ſie beherrſchende Zuneigung, und daraus
entſtehendem Zwang, die Ausdauer, welche das
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[216/0238] ſie iſt, und ſie ewig nur unter ſchwankenden Bildern leben läßt. Mit Feuer und Geſchick beginnen ſie zwar ihre Pläne, aber noch ſchneller verfolgt dieſel- ben ihre Phantaſie auf dichteriſchem Roß, und führt ſie ohne Verzug im Traumreiche ſo glänzend und genügend an das Ziel, daß ſie die langſamen Müh- ſeligkeiten des wirklichen Weges nachher nicht mehr überſtehen mögen. So laſſen ſie denn ein Projekt nach dem andern freiwillig fallen, ehe es zur Reife gedieh. Wie Alles in der Welt hat jedoch auch dieſer nachtheilige Zuſtand ſeine Kehrſeite. Er verhindert zwar daran, ſein Glück zu machen, wie man es zu nennen pflegt, giebt aber einen unermeßlichen Troſt im Unglück, und eine Elaſtizität des Gemüths, die nichts ganz vernichten kann, denn das Reich Genuß- ſpendender Phantaſie-Bilder bleibt zu jeder Zeit un- erſchöpflich. Eine ganze Stadt ſpaniſcher Schlöſſer ſteht Sterblichen dieſer Art immer zu Gebot, und ſie genießen mit der Hoffnung, im ewigen Wechſel, unzähliche Wirklichkeiten im Voraus. Solche Leute können bei alle dem, für Andere, Beſonnenere, mehr Praktiſche, oft als die größten Hülfsmittel dienen, wenn dieſe den Enthuſiasmus jener zu erregen verſtehen. Ihr Scharfſinn erhält dann durch eine poſitive, ſie beherrſchende Zuneigung, und daraus entſtehendem Zwang, die Ausdauer, welche das eigne Intereſſe ihnen nicht geben kann, und ihr Eifer iſt bleibender für Andere als für ſich. Aus demſelben Grunde wird, wenn eine höhere Macht ſie gleich Anfangs auf des Berges Spitze geſtellt, auch

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/238>, abgerufen am 22.11.2024.