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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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der ich um Mitternacht abfahren mußte. Glücklicher-
weise waren wir nur zwei Personen in dem beque-
men, viersitzigen Wagen, so daß Jeder eine ganze
Seite einnehmen konnte. Ich schlief daher leidlich,
und die Luft, wie die sanfte Bewegung, wirkten so
wohlthätig, daß gegen sieben Uhr, als ich erwachte,
das Kopfweh ziemlich vergangen war. Die Holyhead-
Mail muß, allen Aufenthalt mit eingerechnet, zwei
deutsche Meilen in der Stunde zurücklegen, daher nie
Schritt, meistens Gallop gefahren wird.*) Zum
Frühstück trafen wir schon hier ein, wo ich blieb, um
mir die Stadt zu besehen. Ich besuchte zuerst das
Schloß, größten Theils ein uraltes Gebäude, von
rothen Sandsteinquadern aufgeführt, inwendig aber
etwas modernisirt. Die Aussicht von dem alten
"Keep," wo jetzt ein Sommerhäuschen steht, über den
Fluß, und eine üppig bewachsene und fruchtbare Ge-
gend ist sehr freundlich. Nahe dabei ist das Stadt-
gefängniß, wo ich die armen Teufel in der Tretmühle
arbeiten sah. Sie waren alle in gelbes Tuch geklei-
det, soviel sächsischen Postillonen ähnlich, deren Phleg-
ma eine gleiche Aufregung manchmal zu gönnen wäre.
Von dieser neumodischen Erziehungsanstalt, wanderte

*) Unsere Eilkutschen werden nur dann den englischen
gleich kommen, wenn einmal die Post ganz frei gege-
ben wird, dann aber auch eine gleiche Concurrenz
von Reisenden angeschafft. Beides steht nicht zu
erwarten.
A. d. H.

der ich um Mitternacht abfahren mußte. Glücklicher-
weiſe waren wir nur zwei Perſonen in dem beque-
men, vierſitzigen Wagen, ſo daß Jeder eine ganze
Seite einnehmen konnte. Ich ſchlief daher leidlich,
und die Luft, wie die ſanfte Bewegung, wirkten ſo
wohlthätig, daß gegen ſieben Uhr, als ich erwachte,
das Kopfweh ziemlich vergangen war. Die Holyhead-
Mail muß, allen Aufenthalt mit eingerechnet, zwei
deutſche Meilen in der Stunde zurücklegen, daher nie
Schritt, meiſtens Gallop gefahren wird.*) Zum
Frühſtück trafen wir ſchon hier ein, wo ich blieb, um
mir die Stadt zu beſehen. Ich beſuchte zuerſt das
Schloß, größten Theils ein uraltes Gebäude, von
rothen Sandſteinquadern aufgeführt, inwendig aber
etwas moderniſirt. Die Ausſicht von dem alten
„Keep,“ wo jetzt ein Sommerhäuschen ſteht, über den
Fluß, und eine üppig bewachſene und fruchtbare Ge-
gend iſt ſehr freundlich. Nahe dabei iſt das Stadt-
gefängniß, wo ich die armen Teufel in der Tretmühle
arbeiten ſah. Sie waren alle in gelbes Tuch geklei-
det, ſoviel ſächſiſchen Poſtillonen ähnlich, deren Phleg-
ma eine gleiche Aufregung manchmal zu gönnen wäre.
Von dieſer neumodiſchen Erziehungsanſtalt, wanderte

*) Unſere Eilkutſchen werden nur dann den engliſchen
gleich kommen, wenn einmal die Poſt ganz frei gege-
ben wird, dann aber auch eine gleiche Concurrenz
von Reiſenden angeſchafft. Beides ſteht nicht zu
erwarten.
A. d. H.
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[242/0264] der ich um Mitternacht abfahren mußte. Glücklicher- weiſe waren wir nur zwei Perſonen in dem beque- men, vierſitzigen Wagen, ſo daß Jeder eine ganze Seite einnehmen konnte. Ich ſchlief daher leidlich, und die Luft, wie die ſanfte Bewegung, wirkten ſo wohlthätig, daß gegen ſieben Uhr, als ich erwachte, das Kopfweh ziemlich vergangen war. Die Holyhead- Mail muß, allen Aufenthalt mit eingerechnet, zwei deutſche Meilen in der Stunde zurücklegen, daher nie Schritt, meiſtens Gallop gefahren wird. *) Zum Frühſtück trafen wir ſchon hier ein, wo ich blieb, um mir die Stadt zu beſehen. Ich beſuchte zuerſt das Schloß, größten Theils ein uraltes Gebäude, von rothen Sandſteinquadern aufgeführt, inwendig aber etwas moderniſirt. Die Ausſicht von dem alten „Keep,“ wo jetzt ein Sommerhäuschen ſteht, über den Fluß, und eine üppig bewachſene und fruchtbare Ge- gend iſt ſehr freundlich. Nahe dabei iſt das Stadt- gefängniß, wo ich die armen Teufel in der Tretmühle arbeiten ſah. Sie waren alle in gelbes Tuch geklei- det, ſoviel ſächſiſchen Poſtillonen ähnlich, deren Phleg- ma eine gleiche Aufregung manchmal zu gönnen wäre. Von dieſer neumodiſchen Erziehungsanſtalt, wanderte *) Unſere Eilkutſchen werden nur dann den engliſchen gleich kommen, wenn einmal die Poſt ganz frei gege- ben wird, dann aber auch eine gleiche Concurrenz von Reiſenden angeſchafft. Beides ſteht nicht zu erwarten. A. d. H.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/264>, abgerufen am 22.11.2024.