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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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den Schnitt seines Rockes eine ganze Generation,
und lederne Beinkleider kamen außer Gebrauch, weil
ein Jeder verzweifelte, sie in der Vollkommenheit
der seinigen nachahmen zu können. Als er aber aus
wichtigen Gründen endlich Großbritannien den
Rücken kehrte, hinterließ er seinem Vaterlande noch,
als letztes Geschenk, das unsterbliche Geheimniß der
mit Stärke gesteiften Halsbinden, dessen Unergründ-
lichkeit vorher die Elegants der Hauptstadt so ge-
quält batte, daß, nach der litterary gazette, zwei
davon aus Verzweiflung wirklich selbst Hand an sich
gelegt haben sollen, und ein junger Herzog vor
Kummer darüber an einem "broken heart" jämmer-
lich verstarb. Der Anfang dieser Krankheit war je-
doch schon früher bei ihm dadurch gelegt worden, daß
er, bei einer feierlichen Gelegenheit Br. . . . . schüch-
tern um sein Urtheil über den eben anhabenden
Rock gebeten; dieser aber, ihn nur flüchtig anblickend,
mit Verwunderung gefragt hatte: Do You call this
thing a coat?
(Nennt Ihr das Ding einen Rock?)
Sein Ehrgefühl blieb hierdurch unwiederbringlich
verletzt.

Obgleich nun heut zu Tage es die Kleidung nicht
mehr ist, womit man in London den Ton angiebt,
so ist doch nur das Vehikel, die Sache selbst aber
keineswegs geändert. Den Einfluß, welchen Br. . . .,
ohne Vermögen und Geburt, ohne eine schöne
Gestalt, oder hervorstechenden Geist, blos durch eine
edle Dreistigkeit, einige drollige Originalität, Lust

den Schnitt ſeines Rockes eine ganze Generation,
und lederne Beinkleider kamen außer Gebrauch, weil
ein Jeder verzweifelte, ſie in der Vollkommenheit
der ſeinigen nachahmen zu können. Als er aber aus
wichtigen Gründen endlich Großbritannien den
Rücken kehrte, hinterließ er ſeinem Vaterlande noch,
als letztes Geſchenk, das unſterbliche Geheimniß der
mit Stärke geſteiften Halsbinden, deſſen Unergründ-
lichkeit vorher die Elegants der Hauptſtadt ſo ge-
quält batte, daß, nach der litterary gazette, zwei
davon aus Verzweiflung wirklich ſelbſt Hand an ſich
gelegt haben ſollen, und ein junger Herzog vor
Kummer darüber an einem „broken heart“ jämmer-
lich verſtarb. Der Anfang dieſer Krankheit war je-
doch ſchon früher bei ihm dadurch gelegt worden, daß
er, bei einer feierlichen Gelegenheit Br. . . . . ſchüch-
tern um ſein Urtheil über den eben anhabenden
Rock gebeten; dieſer aber, ihn nur flüchtig anblickend,
mit Verwunderung gefragt hatte: Do You call this
thing a coat?
(Nennt Ihr das Ding einen Rock?)
Sein Ehrgefühl blieb hierdurch unwiederbringlich
verletzt.

Obgleich nun heut zu Tage es die Kleidung nicht
mehr iſt, womit man in London den Ton angiebt,
ſo iſt doch nur das Vehikel, die Sache ſelbſt aber
keineswegs geändert. Den Einfluß, welchen Br. . . .,
ohne Vermögen und Geburt, ohne eine ſchöne
Geſtalt, oder hervorſtechenden Geiſt, blos durch eine
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[314/0336] den Schnitt ſeines Rockes eine ganze Generation, und lederne Beinkleider kamen außer Gebrauch, weil ein Jeder verzweifelte, ſie in der Vollkommenheit der ſeinigen nachahmen zu können. Als er aber aus wichtigen Gründen endlich Großbritannien den Rücken kehrte, hinterließ er ſeinem Vaterlande noch, als letztes Geſchenk, das unſterbliche Geheimniß der mit Stärke geſteiften Halsbinden, deſſen Unergründ- lichkeit vorher die Elegants der Hauptſtadt ſo ge- quält batte, daß, nach der litterary gazette, zwei davon aus Verzweiflung wirklich ſelbſt Hand an ſich gelegt haben ſollen, und ein junger Herzog vor Kummer darüber an einem „broken heart“ jämmer- lich verſtarb. Der Anfang dieſer Krankheit war je- doch ſchon früher bei ihm dadurch gelegt worden, daß er, bei einer feierlichen Gelegenheit Br. . . . . ſchüch- tern um ſein Urtheil über den eben anhabenden Rock gebeten; dieſer aber, ihn nur flüchtig anblickend, mit Verwunderung gefragt hatte: Do You call this thing a coat? (Nennt Ihr das Ding einen Rock?) Sein Ehrgefühl blieb hierdurch unwiederbringlich verletzt. Obgleich nun heut zu Tage es die Kleidung nicht mehr iſt, womit man in London den Ton angiebt, ſo iſt doch nur das Vehikel, die Sache ſelbſt aber keineswegs geändert. Den Einfluß, welchen Br. . . ., ohne Vermögen und Geburt, ohne eine ſchöne Geſtalt, oder hervorſtechenden Geiſt, blos durch eine edle Dreiſtigkeit, einige drollige Originalität, Luſt

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/336>, abgerufen am 22.11.2024.