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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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Couche und ihre Farbe erhalten hatte. Dieser An-
blick machte mich unwillkührlich lachen, und an die
sonderbaren Verkettungen der Umstände denkend, die
auch diesen Riesen endlich hiehergebracht, rief ich in
meinem Innern: Was willst Du, großer Aegypti-
scher Naseweis, hier im neuen Babylon nach drei
tausend Jahren, wo kein Sphynx mehr ein Räthsel
verbirgt, und wo die Verschwiegenheit überhaupt nie
zu Hause war.

Abends wählte ich mir unter den Theatern die
Porte St. Martin, um Faust zu sehen, der schon zum
80sten oder 90sten male die schaulustige Welt anzieht.
Der Culminationspunkt dieses Melodramas ist ein
Walzer, den Mephistopheles mit Martha tanzt, und
in der That, man kann nicht teuflischer walzen! In
der noch hübschen Tänzerin sieht man das höllische
Feuer bald schreckend, bald die Adern mit Liebes-
gluth erfüllend, deutlich agiren, und beide Motive
bringen bei der französischen Martha doch nur wol-
lüstige Bewegungen hervor, eine Sache, welche die
südlichen Tänzerinnen aber noch besser verstehen.
Dieser Walzer verfehlt nie den rauschendsten Bei-
fall hervorzurufen, und verdient es, da die Panto-
mime durchaus sprechend, anziehend, ja in manchen
Momenten fast ergreifend ist, ohngefähr wie eine
mit Possen untermischte Gespenstergeschichte. Me-
phistopheles, obgleich häßlich, hat doch den Anstand
eines vornehmen Mannes, was unsern deutschen
Teufeln stets abgeht.

Couche und ihre Farbe erhalten hatte. Dieſer An-
blick machte mich unwillkührlich lachen, und an die
ſonderbaren Verkettungen der Umſtände denkend, die
auch dieſen Rieſen endlich hiehergebracht, rief ich in
meinem Innern: Was willſt Du, großer Aegypti-
ſcher Naſeweis, hier im neuen Babylon nach drei
tauſend Jahren, wo kein Sphynx mehr ein Räthſel
verbirgt, und wo die Verſchwiegenheit überhaupt nie
zu Hauſe war.

Abends wählte ich mir unter den Theatern die
Porte St. Martin, um Fauſt zu ſehen, der ſchon zum
80ſten oder 90ſten male die ſchauluſtige Welt anzieht.
Der Culminationspunkt dieſes Melodramas iſt ein
Walzer, den Mephiſtopheles mit Martha tanzt, und
in der That, man kann nicht teufliſcher walzen! In
der noch hübſchen Tänzerin ſieht man das hölliſche
Feuer bald ſchreckend, bald die Adern mit Liebes-
gluth erfüllend, deutlich agiren, und beide Motive
bringen bei der franzöſiſchen Martha doch nur wol-
lüſtige Bewegungen hervor, eine Sache, welche die
ſüdlichen Tänzerinnen aber noch beſſer verſtehen.
Dieſer Walzer verfehlt nie den rauſchendſten Bei-
fall hervorzurufen, und verdient es, da die Panto-
mime durchaus ſprechend, anziehend, ja in manchen
Momenten faſt ergreifend iſt, ohngefähr wie eine
mit Poſſen untermiſchte Geſpenſtergeſchichte. Me-
phiſtopheles, obgleich häßlich, hat doch den Anſtand
eines vornehmen Mannes, was unſern deutſchen
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[349/0371] Couche und ihre Farbe erhalten hatte. Dieſer An- blick machte mich unwillkührlich lachen, und an die ſonderbaren Verkettungen der Umſtände denkend, die auch dieſen Rieſen endlich hiehergebracht, rief ich in meinem Innern: Was willſt Du, großer Aegypti- ſcher Naſeweis, hier im neuen Babylon nach drei tauſend Jahren, wo kein Sphynx mehr ein Räthſel verbirgt, und wo die Verſchwiegenheit überhaupt nie zu Hauſe war. Abends wählte ich mir unter den Theatern die Porte St. Martin, um Fauſt zu ſehen, der ſchon zum 80ſten oder 90ſten male die ſchauluſtige Welt anzieht. Der Culminationspunkt dieſes Melodramas iſt ein Walzer, den Mephiſtopheles mit Martha tanzt, und in der That, man kann nicht teufliſcher walzen! In der noch hübſchen Tänzerin ſieht man das hölliſche Feuer bald ſchreckend, bald die Adern mit Liebes- gluth erfüllend, deutlich agiren, und beide Motive bringen bei der franzöſiſchen Martha doch nur wol- lüſtige Bewegungen hervor, eine Sache, welche die ſüdlichen Tänzerinnen aber noch beſſer verſtehen. Dieſer Walzer verfehlt nie den rauſchendſten Bei- fall hervorzurufen, und verdient es, da die Panto- mime durchaus ſprechend, anziehend, ja in manchen Momenten faſt ergreifend iſt, ohngefähr wie eine mit Poſſen untermiſchte Geſpenſtergeſchichte. Me- phiſtopheles, obgleich häßlich, hat doch den Anſtand eines vornehmen Mannes, was unſern deutſchen Teufeln ſtets abgeht.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/371>, abgerufen am 22.11.2024.