Gemälde von Werth, indessen sey ihm doch jetzt die- ser Transport unbequem, und er müsse gestehen, er hätte etwas Anderes lieber gesehen. Nichts desto- weniger ward der Offizier mit großer Artigkeit be- dankt und entlassen, bei welcher Gelegenheit ihm Lucien seine eigne kostbare Busennadel anzunehmen bat. Hierauf befahl der Gesandte, daß das Gemälde aus der Kiste genommen, der Rahmen hier gelassen, und es so aufgerollt werde, daß man es auf die Imperiale eines Wagens packen könne. Der Sekre- tair that wie ihm geboten; kaum hatte man aber die umgebende Leinwand weggeschoben, als ihm statt der gepriesenen Venus das, nichts weniger als schöne, Gesicht des Königs freundlich entgegen lä- chelte. Schon wollte er, schadenfroh über das komi- sche Quiproquo zum Gesandten eilen, um es ihm scherzend mitzutheilen, als, beim völligen Hinweg- nehmen der Enveloppe, ihn eine noch viel größere Ueberraschung zurückhielt. Das ganze Gemälde war nämlich, gleich einer Miniature, mit großen Dia- manten eingefaßt, die Lucien später für 4,000,000 Franken in Paris verkaufte. Dies war doch eine wahrhaft königliche Ueberraschung, und der Ambas- sadeur hatte Recht, einen solchen Rahmen nicht, wie er früher befohlen, zu Hause zu lassen.
In Badajoz wurde, nach der Behauptung des Generals, Lucien sehr intim mit der Königin von Portugal bekannt, welche ihm dort ein politisches Ren- dezvous gegeben hatte, und meinte er D. ... M ...
Gemälde von Werth, indeſſen ſey ihm doch jetzt die- ſer Transport unbequem, und er müſſe geſtehen, er hätte etwas Anderes lieber geſehen. Nichts deſto- weniger ward der Offizier mit großer Artigkeit be- dankt und entlaſſen, bei welcher Gelegenheit ihm Lucien ſeine eigne koſtbare Buſennadel anzunehmen bat. Hierauf befahl der Geſandte, daß das Gemälde aus der Kiſte genommen, der Rahmen hier gelaſſen, und es ſo aufgerollt werde, daß man es auf die Imperiale eines Wagens packen könne. Der Sekre- tair that wie ihm geboten; kaum hatte man aber die umgebende Leinwand weggeſchoben, als ihm ſtatt der geprieſenen Venus das, nichts weniger als ſchöne, Geſicht des Königs freundlich entgegen lä- chelte. Schon wollte er, ſchadenfroh über das komi- ſche Quiproquo zum Geſandten eilen, um es ihm ſcherzend mitzutheilen, als, beim völligen Hinweg- nehmen der Enveloppe, ihn eine noch viel größere Ueberraſchung zurückhielt. Das ganze Gemälde war nämlich, gleich einer Miniature, mit großen Dia- manten eingefaßt, die Lucien ſpäter für 4,000,000 Franken in Paris verkaufte. Dies war doch eine wahrhaft königliche Ueberraſchung, und der Ambaſ- ſadeur hatte Recht, einen ſolchen Rahmen nicht, wie er früher befohlen, zu Hauſe zu laſſen.
In Badajoz wurde, nach der Behauptung des Generals, Lucien ſehr intim mit der Königin von Portugal bekannt, welche ihm dort ein politiſches Ren- dezvous gegeben hatte, und meinte er D. … M …
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Gemälde von Werth, indeſſen ſey ihm doch jetzt die-
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hätte etwas Anderes lieber geſehen. Nichts deſto-
weniger ward der Offizier mit großer Artigkeit be-
dankt und entlaſſen, bei welcher Gelegenheit ihm
Lucien ſeine eigne koſtbare Buſennadel anzunehmen
bat. Hierauf befahl der Geſandte, daß das Gemälde
aus der Kiſte genommen, der Rahmen hier gelaſſen,
und es ſo aufgerollt werde, daß man es auf die
Imperiale eines Wagens packen könne. Der Sekre-
tair that wie ihm geboten; kaum hatte man aber
die umgebende Leinwand weggeſchoben, als ihm
ſtatt der geprieſenen Venus das, nichts weniger als
ſchöne, Geſicht des Königs freundlich entgegen lä-
chelte. Schon wollte er, ſchadenfroh über das komi-
ſche Quiproquo zum Geſandten eilen, um es ihm
ſcherzend mitzutheilen, als, beim völligen Hinweg-
nehmen der Enveloppe, ihn eine noch viel größere
Ueberraſchung zurückhielt. Das ganze Gemälde war
nämlich, gleich einer Miniature, mit großen Dia-
manten eingefaßt, die Lucien ſpäter für 4,000,000
Franken in Paris verkaufte. Dies war doch eine
wahrhaft königliche Ueberraſchung, und der Ambaſ-
ſadeur hatte Recht, einen ſolchen Rahmen nicht, wie
er früher befohlen, zu Hauſe zu laſſen.
In Badajoz wurde, nach der Behauptung des
Generals, Lucien ſehr intim mit der Königin von
Portugal bekannt, welche ihm dort ein politiſches Ren-
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/381>, abgerufen am 22.11.2024.
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