für mich so schreckliche Antlitz des jungen Mannes aus dem Gedächtniß, und selbst nach 20 Jahren er- kannte ich es heute, nicht ohne innerliches Schau- dern, auf den ersten Blick.
Der Graf bleibt ungläubig, hebt die Unwahrschein- lichkeit hervor, daß eine Erinnerung der ersten Kind- heit nach zwanzig Jahren noch so zuverläßig seyn könne, und gebietet seinem Secretair vor der Hand jedenfalls das tiefste Schweigen.
Wir werden nun wieder in das Haus Vandryks zurückgeführt, wo seine Tochter ihm ihre Liebe zu Friedrich gesteht, und ehe sie ihn verläßt, dringend um seine Einwilligung fleht. Der Vater theilt in der nächsten Scene Alles dem treuen Diener mit, welcher ihm so lange zuredet und die Unmöglichkeit der Entdeckung seines Geheimnisses so plausibel macht, daß er endlich selbst äußert, sich noch nie be- ruhigter und sicherer gefühlt zu haben, und mit Thrä- nen väterlicher Liebe den Befehl giebt, das junge Brautpaar zu holen, um ihnen seinen besten Segen zu ertheilen. Freude und Glück Aller scheint voll- kommen, und der alte Baron, der ebenfalls hinzukömmt, theilt ihr Entzücken. Er ladet Vater und Tochter vorläufig zu einem Feste ein, das er dem Grafen Assefeldt heut gebe, wobei er die beste Gelegenheit finden würde, seine künftige Schwiegertochter und Vandryk dem Raths-Pensionair vorzustellen, und seinem Wohlwollen zu empfehlen.
für mich ſo ſchreckliche Antlitz des jungen Mannes aus dem Gedächtniß, und ſelbſt nach 20 Jahren er- kannte ich es heute, nicht ohne innerliches Schau- dern, auf den erſten Blick.
Der Graf bleibt ungläubig, hebt die Unwahrſchein- lichkeit hervor, daß eine Erinnerung der erſten Kind- heit nach zwanzig Jahren noch ſo zuverläßig ſeyn könne, und gebietet ſeinem Secretair vor der Hand jedenfalls das tiefſte Schweigen.
Wir werden nun wieder in das Haus Vandryks zurückgeführt, wo ſeine Tochter ihm ihre Liebe zu Friedrich geſteht, und ehe ſie ihn verläßt, dringend um ſeine Einwilligung fleht. Der Vater theilt in der nächſten Scene Alles dem treuen Diener mit, welcher ihm ſo lange zuredet und die Unmöglichkeit der Entdeckung ſeines Geheimniſſes ſo plauſibel macht, daß er endlich ſelbſt äußert, ſich noch nie be- ruhigter und ſicherer gefühlt zu haben, und mit Thrä- nen väterlicher Liebe den Befehl giebt, das junge Brautpaar zu holen, um ihnen ſeinen beſten Segen zu ertheilen. Freude und Glück Aller ſcheint voll- kommen, und der alte Baron, der ebenfalls hinzukömmt, theilt ihr Entzücken. Er ladet Vater und Tochter vorläufig zu einem Feſte ein, das er dem Grafen Aſſefeldt heut gebe, wobei er die beſte Gelegenheit finden würde, ſeine künftige Schwiegertochter und Vandryk dem Raths-Penſionair vorzuſtellen, und ſeinem Wohlwollen zu empfehlen.
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für mich ſo ſchreckliche Antlitz des jungen Mannes
aus dem Gedächtniß, und ſelbſt nach 20 Jahren er-
kannte ich es heute, nicht ohne innerliches Schau-
dern, auf den erſten Blick.
Der Graf bleibt ungläubig, hebt die Unwahrſchein-
lichkeit hervor, daß eine Erinnerung der erſten Kind-
heit nach zwanzig Jahren noch ſo zuverläßig ſeyn
könne, und gebietet ſeinem Secretair vor der Hand
jedenfalls das tiefſte Schweigen.
Wir werden nun wieder in das Haus Vandryks
zurückgeführt, wo ſeine Tochter ihm ihre Liebe zu
Friedrich geſteht, und ehe ſie ihn verläßt, dringend
um ſeine Einwilligung fleht. Der Vater theilt in
der nächſten Scene Alles dem treuen Diener mit,
welcher ihm ſo lange zuredet und die Unmöglichkeit
der Entdeckung ſeines Geheimniſſes ſo plauſibel
macht, daß er endlich ſelbſt äußert, ſich noch nie be-
ruhigter und ſicherer gefühlt zu haben, und mit Thrä-
nen väterlicher Liebe den Befehl giebt, das junge
Brautpaar zu holen, um ihnen ſeinen beſten Segen
zu ertheilen. Freude und Glück Aller ſcheint voll-
kommen, und der alte Baron, der ebenfalls hinzukömmt,
theilt ihr Entzücken. Er ladet Vater und Tochter
vorläufig zu einem Feſte ein, das er dem Grafen
Aſſefeldt heut gebe, wobei er die beſte Gelegenheit
finden würde, ſeine künftige Schwiegertochter und
Vandryk dem Raths-Penſionair vorzuſtellen, und
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/388>, abgerufen am 22.11.2024.
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