einst von der Familie wieder hergestellt werden, wahrscheinlich wenn gewisse Hoffnungen erst erfüllt sind.
Als wir zurückkamen, fanden wir O'Connel, wie einen Chiestain, auf der Schloß-Terrasse, von seinen Vasallen und andern Volksgruppen umringt, die sich Verhaltungsbefehle holten, oder denen er Recht sprach. Da er Jurist und Advokat ist, wird ihm dies um so leichter -- Niemand würde es aber auch wagen, von seinen Entscheidungen zu appelliren. O'Connel und der Pabst sind hier gleich infaillible. Prozesse existiren daher nicht in seinem Bereich, und dies dehnt sich nicht blos auf seine eigne tenants, sondern, wie ich glaube, auch auf die ganze Umge- gend aus. Ich verwunderte mich nachher, sowohl O'Connel als Lestrange in religieuser Hinsicht ohne alle Bigotterie, ja mit sehr philosophischen und tole- ranten Ansichten zu finden, ohne deshalb aufhören zu wollen, gläubige Katholiken zu seyn! Ich wünschte, ich hätte einige jener wüthenden Imbecil- les unter den englischen Protestanten, wie z. B. Herrn L ..., hier herzaubern können, welche die Katholiken für so unvernünftig und bigott aus- schreien, während sie selbst allein, im wahren Sinne des Worts, dem fanatischen Glauben ihrer poli- tisch-religieusen Parthei anhängen, und im Voraus fest entschlossen sind: vor Vernunft und Menschlich- keit stets ihre langen Ohren zu verschließen.
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einſt von der Familie wieder hergeſtellt werden, wahrſcheinlich wenn gewiſſe Hoffnungen erſt erfüllt ſind.
Als wir zurückkamen, fanden wir O’Connel, wie einen Chieſtain, auf der Schloß-Terraſſe, von ſeinen Vaſallen und andern Volksgruppen umringt, die ſich Verhaltungsbefehle holten, oder denen er Recht ſprach. Da er Juriſt und Advokat iſt, wird ihm dies um ſo leichter — Niemand würde es aber auch wagen, von ſeinen Entſcheidungen zu appelliren. O’Connel und der Pabſt ſind hier gleich infaillible. Prozeſſe exiſtiren daher nicht in ſeinem Bereich, und dies dehnt ſich nicht blos auf ſeine eigne tenants, ſondern, wie ich glaube, auch auf die ganze Umge- gend aus. Ich verwunderte mich nachher, ſowohl O’Connel als Leſtrange in religieuſer Hinſicht ohne alle Bigotterie, ja mit ſehr philoſophiſchen und tole- ranten Anſichten zu finden, ohne deshalb aufhören zu wollen, gläubige Katholiken zu ſeyn! Ich wünſchte, ich hätte einige jener wüthenden Imbecil- les unter den engliſchen Proteſtanten, wie z. B. Herrn L …, hier herzaubern können, welche die Katholiken für ſo unvernünftig und bigott aus- ſchreien, während ſie ſelbſt allein, im wahren Sinne des Worts, dem fanatiſchen Glauben ihrer poli- tiſch-religieuſen Parthei anhängen, und im Voraus feſt entſchloſſen ſind: vor Vernunft und Menſchlich- keit ſtets ihre langen Ohren zu verſchließen.
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[19/0041]
einſt von der Familie wieder hergeſtellt werden,
wahrſcheinlich wenn gewiſſe Hoffnungen erſt erfüllt
ſind.
Als wir zurückkamen, fanden wir O’Connel, wie
einen Chieſtain, auf der Schloß-Terraſſe, von ſeinen
Vaſallen und andern Volksgruppen umringt, die ſich
Verhaltungsbefehle holten, oder denen er Recht
ſprach. Da er Juriſt und Advokat iſt, wird ihm
dies um ſo leichter — Niemand würde es aber auch
wagen, von ſeinen Entſcheidungen zu appelliren.
O’Connel und der Pabſt ſind hier gleich infaillible.
Prozeſſe exiſtiren daher nicht in ſeinem Bereich, und
dies dehnt ſich nicht blos auf ſeine eigne tenants,
ſondern, wie ich glaube, auch auf die ganze Umge-
gend aus. Ich verwunderte mich nachher, ſowohl
O’Connel als Leſtrange in religieuſer Hinſicht ohne
alle Bigotterie, ja mit ſehr philoſophiſchen und tole-
ranten Anſichten zu finden, ohne deshalb aufhören
zu wollen, gläubige Katholiken zu ſeyn! Ich
wünſchte, ich hätte einige jener wüthenden Imbecil-
les unter den engliſchen Proteſtanten, wie z. B.
Herrn L …, hier herzaubern können, welche die
Katholiken für ſo unvernünftig und bigott aus-
ſchreien, während ſie ſelbſt allein, im wahren Sinne
des Worts, dem fanatiſchen Glauben ihrer poli-
tiſch-religieuſen Parthei anhängen, und im Voraus
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keit ſtets ihre langen Ohren zu verſchließen.
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/41>, abgerufen am 24.11.2024.
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