Schnell stiebt nun der Haufe auseinander, die Wettlustigen suchen sich aber wieder an den Stricken, die die Bahn einfassen, zusammen zu finden. Eine Menge lange Perspektive, Operngucker, Lorgnetten sieht man, von den Wagen und Reitern aus, nach den von fern herankommenden Jokeys gerichtet. Mit Windesschnelle eilen diese immer näher, und einige Momente schwebt banges Schweigen über der bun- ten Menge, während ein Aufseher zu Pferde die Bahn frei hält, und jeden Eindringling ohne Um- stände mit der Peitsche zurück zwingt. Doch nur Momente dauert die Ruhe, bald erhebt sich von Neuem das wildeste Getümmel, lautes Jauchzen und Klagen, Fluchen und Beifallsgeschrei schallt von al- len Seiten, von Herrn und Damen, herüber und hinüber. "Zehn gegen vier auf den Admiral, Hun- dert gegen eins auf Putana, Smallbeer against the field (Schmalbier gegen alle andren) Karo-Bube ge- winnt u. s. w." hört man wüthend von den Wet- tern schreien, und kaum hat man hie und da ein "Done" (es gilt) vernommen, so sind die edlen Thiere auch schon heran, im Nu vorbei, im zweiten am Ziele, und das Schicksal, oder Geschicklichkeit, oder Betrug haben entschieden. -- Starr sehen die großen Verlierer einen Augenblick vor sich hin, laut trium- phiren die Gewinner, Manche machen bonne mine a mauvais jeu, Alle aber jagen jetzt schnell den Jo- keys nach, um diese wiegen und die Pferde absat- teln zu sehen, ob ihnen dort vielleicht eine vorgefal- lene Unregelmäßigkeit noch eine Chance gewähren
Schnell ſtiebt nun der Haufe auseinander, die Wettluſtigen ſuchen ſich aber wieder an den Stricken, die die Bahn einfaſſen, zuſammen zu finden. Eine Menge lange Perſpektive, Operngucker, Lorgnetten ſieht man, von den Wagen und Reitern aus, nach den von fern herankommenden Jokeys gerichtet. Mit Windesſchnelle eilen dieſe immer näher, und einige Momente ſchwebt banges Schweigen über der bun- ten Menge, während ein Aufſeher zu Pferde die Bahn frei hält, und jeden Eindringling ohne Um- ſtände mit der Peitſche zurück zwingt. Doch nur Momente dauert die Ruhe, bald erhebt ſich von Neuem das wildeſte Getümmel, lautes Jauchzen und Klagen, Fluchen und Beifallsgeſchrei ſchallt von al- len Seiten, von Herrn und Damen, herüber und hinüber. „Zehn gegen vier auf den Admiral, Hun- dert gegen eins auf Putana, Smallbeer against the field (Schmalbier gegen alle andren) Karo-Bube ge- winnt u. ſ. w.“ hört man wüthend von den Wet- tern ſchreien, und kaum hat man hie und da ein „Done“ (es gilt) vernommen, ſo ſind die edlen Thiere auch ſchon heran, im Nu vorbei, im zweiten am Ziele, und das Schickſal, oder Geſchicklichkeit, oder Betrug haben entſchieden. — Starr ſehen die großen Verlierer einen Augenblick vor ſich hin, laut trium- phiren die Gewinner, Manche machen bonne mine à mauvais jeu, Alle aber jagen jetzt ſchnell den Jo- keys nach, um dieſe wiegen und die Pferde abſat- teln zu ſehen, ob ihnen dort vielleicht eine vorgefal- lene Unregelmäßigkeit noch eine Chance gewähren
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Schnell ſtiebt nun der Haufe auseinander, die
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die die Bahn einfaſſen, zuſammen zu finden. Eine
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ſieht man, von den Wagen und Reitern aus, nach
den von fern herankommenden Jokeys gerichtet. Mit
Windesſchnelle eilen dieſe immer näher, und einige
Momente ſchwebt banges Schweigen über der bun-
ten Menge, während ein Aufſeher zu Pferde die
Bahn frei hält, und jeden Eindringling ohne Um-
ſtände mit der Peitſche zurück zwingt. Doch nur
Momente dauert die Ruhe, bald erhebt ſich von
Neuem das wildeſte Getümmel, lautes Jauchzen und
Klagen, Fluchen und Beifallsgeſchrei ſchallt von al-
len Seiten, von Herrn und Damen, herüber und
hinüber. „Zehn gegen vier auf den Admiral, Hun-
dert gegen eins auf Putana, Smallbeer against the
field (Schmalbier gegen alle andren) Karo-Bube ge-
winnt u. ſ. w.“ hört man wüthend von den Wet-
tern ſchreien, und kaum hat man hie und da ein
„Done“ (es gilt) vernommen, ſo ſind die edlen Thiere
auch ſchon heran, im Nu vorbei, im zweiten am
Ziele, und das Schickſal, oder Geſchicklichkeit, oder
Betrug haben entſchieden. — Starr ſehen die großen
Verlierer einen Augenblick vor ſich hin, laut trium-
phiren die Gewinner, Manche machen bonne mine
à mauvais jeu, Alle aber jagen jetzt ſchnell den Jo-
keys nach, um dieſe wiegen und die Pferde abſat-
teln zu ſehen, ob ihnen dort vielleicht eine vorgefal-
lene Unregelmäßigkeit noch eine Chance gewähren
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/118>, abgerufen am 21.11.2024.
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