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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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mußte, um der Eitelkeit der Besitzerin zu fröhnen.
Ist es nicht in hohem Grade auffallend, daß unsere
deutschen Großen, denen es doch zum Theil an Stolz
und Morgue gegen ihre Landsleute nicht eben fehlt,
jedes englische Landeskind, sey es auch noch so sehr
ohne geistige Auszeichnung, blos als englisch, fast
wie ihres Gleichen behandeln, ohne im Geringsten
zu fragen, ob dieses Individuum zu Haus eine
Stellung einnehme, die solche Begünstigung recht-
fertige!

Nichts läßt uns in den Augen der Engländer selbst
geringer erscheinen, als diese demüthige Fremden-
sucht, die noch dadurch etwas besonders Schmäh-
liches erhält, daß ihr wahrer Grund im Allgemeinen
doch nur in dem tiefen Respekt liegt, den Hohe und
Niedere bei uns für englisches Geld haben.

Es gehört hier ein bedeutendes Vermögen dazu,
um ein Haus auf dem Lande zu machen, da der
Gebrauch sehr viel Luxus dabei erfordert, und dieser
Sitte gemäß, in der Hauptsache, beim Krämer das-
selbe gefunden werden muß, wie beim Herzog, d. h.
ein zierlich dekorirtes Haus mit eleganten Meubles,
eine reiche Vaisselle, stets neu und fein gekleidete
Diener, bei Tafel eine Profusion von Schüsseln und
ausländischen Weinen, ausgewähltes und sehr kost-
bares Dessert, und in Allem der Anschein von Ueber-
fluß und plenty, wie die Engländer es nennen. So
lange Gäste da sind, geht dieser Train fort, nach-
her in der Einsamkeit mag sich manche Familie da-
für mit der schmalsten Kost entschädigen, daher man

mußte, um der Eitelkeit der Beſitzerin zu fröhnen.
Iſt es nicht in hohem Grade auffallend, daß unſere
deutſchen Großen, denen es doch zum Theil an Stolz
und Morgue gegen ihre Landsleute nicht eben fehlt,
jedes engliſche Landeskind, ſey es auch noch ſo ſehr
ohne geiſtige Auszeichnung, blos als engliſch, faſt
wie ihres Gleichen behandeln, ohne im Geringſten
zu fragen, ob dieſes Individuum zu Haus eine
Stellung einnehme, die ſolche Begünſtigung recht-
fertige!

Nichts läßt uns in den Augen der Engländer ſelbſt
geringer erſcheinen, als dieſe demüthige Fremden-
ſucht, die noch dadurch etwas beſonders Schmäh-
liches erhält, daß ihr wahrer Grund im Allgemeinen
doch nur in dem tiefen Reſpekt liegt, den Hohe und
Niedere bei uns für engliſches Geld haben.

Es gehört hier ein bedeutendes Vermögen dazu,
um ein Haus auf dem Lande zu machen, da der
Gebrauch ſehr viel Luxus dabei erfordert, und dieſer
Sitte gemäß, in der Hauptſache, beim Krämer daſ-
ſelbe gefunden werden muß, wie beim Herzog, d. h.
ein zierlich dekorirtes Haus mit eleganten Meubles,
eine reiche Vaiſſelle, ſtets neu und fein gekleidete
Diener, bei Tafel eine Profuſion von Schüſſeln und
ausländiſchen Weinen, ausgewähltes und ſehr koſt-
bares Deſſert, und in Allem der Anſchein von Ueber-
fluß und plenty, wie die Engländer es nennen. So
lange Gäſte da ſind, geht dieſer Train fort, nach-
her in der Einſamkeit mag ſich manche Familie da-
für mit der ſchmalſten Koſt entſchädigen, daher man

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[84/0124] mußte, um der Eitelkeit der Beſitzerin zu fröhnen. Iſt es nicht in hohem Grade auffallend, daß unſere deutſchen Großen, denen es doch zum Theil an Stolz und Morgue gegen ihre Landsleute nicht eben fehlt, jedes engliſche Landeskind, ſey es auch noch ſo ſehr ohne geiſtige Auszeichnung, blos als engliſch, faſt wie ihres Gleichen behandeln, ohne im Geringſten zu fragen, ob dieſes Individuum zu Haus eine Stellung einnehme, die ſolche Begünſtigung recht- fertige! Nichts läßt uns in den Augen der Engländer ſelbſt geringer erſcheinen, als dieſe demüthige Fremden- ſucht, die noch dadurch etwas beſonders Schmäh- liches erhält, daß ihr wahrer Grund im Allgemeinen doch nur in dem tiefen Reſpekt liegt, den Hohe und Niedere bei uns für engliſches Geld haben. Es gehört hier ein bedeutendes Vermögen dazu, um ein Haus auf dem Lande zu machen, da der Gebrauch ſehr viel Luxus dabei erfordert, und dieſer Sitte gemäß, in der Hauptſache, beim Krämer daſ- ſelbe gefunden werden muß, wie beim Herzog, d. h. ein zierlich dekorirtes Haus mit eleganten Meubles, eine reiche Vaiſſelle, ſtets neu und fein gekleidete Diener, bei Tafel eine Profuſion von Schüſſeln und ausländiſchen Weinen, ausgewähltes und ſehr koſt- bares Deſſert, und in Allem der Anſchein von Ueber- fluß und plenty, wie die Engländer es nennen. So lange Gäſte da ſind, geht dieſer Train fort, nach- her in der Einſamkeit mag ſich manche Familie da- für mit der ſchmalſten Koſt entſchädigen, daher man

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/124>, abgerufen am 24.11.2024.