nicht ewig vor ihrem Gelde und Namen in einer kindisch-sclavischen Admiration auf den Knieen lä- gen, sondern ihnen mit aller Humanität, und immer noch mit mehr Artigkeit, als sie uns in England be- zeigen, doch fühlen ließen, daß wir Deutsche in Deutschland Herren vom Hause sind, und folg- lich mehr Ansehn zu behaupten und zu fordern ha- ben als sie, die ohnedieß nur zu uns kommen, ent- weder um zu sparen, oder sich ein wenig abzuhobeln und vornehme Liaisons zu formiren, die ihnen bei mittlerm Stande zu Hause verschlossen bleiben, oder mit Behaglichkeit sich zu überzeugen, daß, den phy- sischen Lebensgenuß betreffend, wir gegen sie noch halbe Barbaren sind.
Es ist in der That unbegreiflich, und ein wah- res Zeichen, daß es hinreichend ist, uns nur schlecht und geringschätzend zu behandeln, um von uns ver- ehrt zu werden, daß bei uns, wie schon erwähnt, der bloße Name Engländer statt des höchsten Titels dient, weshalb auch jeden Augenblick ein Mensch, der in England, wo die ganze Gesellschaft bis zur niedrig- sten Stufe hinab so schroff aristokratisch ist, kaum in den vulgärsten Zirkeln Einlaß erhält, in deutschen Ländern bei Hofe und vom vornehmsten Adel fetirt und auf den Händen getragen, jede seiner Verstöße und Unbehülflichkeiten aber als eine liebenswürdige englische Originalität angesehen wird, bis zufällig ein wirklich angesehener Engländer in den Ort kömmt, und man nun mit Erstaunen erfährt, daß man nur
nicht ewig vor ihrem Gelde und Namen in einer kindiſch-ſclaviſchen Admiration auf den Knieen lä- gen, ſondern ihnen mit aller Humanität, und immer noch mit mehr Artigkeit, als ſie uns in England be- zeigen, doch fühlen ließen, daß wir Deutſche in Deutſchland Herren vom Hauſe ſind, und folg- lich mehr Anſehn zu behaupten und zu fordern ha- ben als ſie, die ohnedieß nur zu uns kommen, ent- weder um zu ſparen, oder ſich ein wenig abzuhobeln und vornehme Liaiſons zu formiren, die ihnen bei mittlerm Stande zu Hauſe verſchloſſen bleiben, oder mit Behaglichkeit ſich zu überzeugen, daß, den phy- ſiſchen Lebensgenuß betreffend, wir gegen ſie noch halbe Barbaren ſind.
Es iſt in der That unbegreiflich, und ein wah- res Zeichen, daß es hinreichend iſt, uns nur ſchlecht und geringſchätzend zu behandeln, um von uns ver- ehrt zu werden, daß bei uns, wie ſchon erwähnt, der bloße Name Engländer ſtatt des höchſten Titels dient, weshalb auch jeden Augenblick ein Menſch, der in England, wo die ganze Geſellſchaft bis zur niedrig- ſten Stufe hinab ſo ſchroff ariſtokratiſch iſt, kaum in den vulgärſten Zirkeln Einlaß erhält, in deutſchen Ländern bei Hofe und vom vornehmſten Adel fetirt und auf den Händen getragen, jede ſeiner Verſtöße und Unbehülflichkeiten aber als eine liebenswürdige engliſche Originalität angeſehen wird, bis zufällig ein wirklich angeſehener Engländer in den Ort kömmt, und man nun mit Erſtaunen erfährt, daß man nur
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0157"n="117"/>
nicht ewig vor ihrem Gelde und Namen in einer<lb/>
kindiſch-ſclaviſchen Admiration auf den Knieen lä-<lb/>
gen, ſondern ihnen mit aller Humanität, und immer<lb/>
noch mit mehr Artigkeit, als ſie uns in England be-<lb/>
zeigen, doch fühlen ließen, daß wir <hirendition="#g">Deutſche</hi> in<lb/><hirendition="#g">Deutſchland</hi> Herren vom Hauſe ſind, und folg-<lb/>
lich mehr Anſehn zu behaupten und zu fordern ha-<lb/>
ben als ſie, die ohnedieß nur zu uns kommen, ent-<lb/>
weder um zu ſparen, oder ſich ein wenig abzuhobeln<lb/>
und vornehme Liaiſons zu formiren, die ihnen bei<lb/>
mittlerm Stande zu Hauſe verſchloſſen bleiben, oder<lb/>
mit Behaglichkeit ſich zu überzeugen, daß, den phy-<lb/>ſiſchen Lebensgenuß betreffend, wir gegen ſie noch<lb/>
halbe Barbaren ſind.</p><lb/><p>Es iſt in der That unbegreiflich, und ein wah-<lb/>
res Zeichen, daß es hinreichend iſt, uns nur ſchlecht<lb/>
und geringſchätzend zu behandeln, um von uns ver-<lb/>
ehrt zu werden, daß bei uns, wie ſchon erwähnt,<lb/>
der bloße Name Engländer ſtatt des höchſten Titels<lb/>
dient, weshalb auch jeden Augenblick ein Menſch, der<lb/>
in England, wo die ganze Geſellſchaft bis zur niedrig-<lb/>ſten Stufe hinab ſo ſchroff ariſtokratiſch iſt, kaum in<lb/>
den vulgärſten Zirkeln Einlaß erhält, in deutſchen<lb/>
Ländern bei Hofe und vom vornehmſten Adel fetirt<lb/>
und auf den Händen getragen, jede ſeiner Verſtöße<lb/>
und Unbehülflichkeiten aber als eine liebenswürdige<lb/>
engliſche Originalität angeſehen wird, bis zufällig<lb/>
ein wirklich angeſehener Engländer in den Ort kömmt,<lb/>
und man nun mit Erſtaunen erfährt, daß man nur<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[117/0157]
nicht ewig vor ihrem Gelde und Namen in einer
kindiſch-ſclaviſchen Admiration auf den Knieen lä-
gen, ſondern ihnen mit aller Humanität, und immer
noch mit mehr Artigkeit, als ſie uns in England be-
zeigen, doch fühlen ließen, daß wir Deutſche in
Deutſchland Herren vom Hauſe ſind, und folg-
lich mehr Anſehn zu behaupten und zu fordern ha-
ben als ſie, die ohnedieß nur zu uns kommen, ent-
weder um zu ſparen, oder ſich ein wenig abzuhobeln
und vornehme Liaiſons zu formiren, die ihnen bei
mittlerm Stande zu Hauſe verſchloſſen bleiben, oder
mit Behaglichkeit ſich zu überzeugen, daß, den phy-
ſiſchen Lebensgenuß betreffend, wir gegen ſie noch
halbe Barbaren ſind.
Es iſt in der That unbegreiflich, und ein wah-
res Zeichen, daß es hinreichend iſt, uns nur ſchlecht
und geringſchätzend zu behandeln, um von uns ver-
ehrt zu werden, daß bei uns, wie ſchon erwähnt,
der bloße Name Engländer ſtatt des höchſten Titels
dient, weshalb auch jeden Augenblick ein Menſch, der
in England, wo die ganze Geſellſchaft bis zur niedrig-
ſten Stufe hinab ſo ſchroff ariſtokratiſch iſt, kaum in
den vulgärſten Zirkeln Einlaß erhält, in deutſchen
Ländern bei Hofe und vom vornehmſten Adel fetirt
und auf den Händen getragen, jede ſeiner Verſtöße
und Unbehülflichkeiten aber als eine liebenswürdige
engliſche Originalität angeſehen wird, bis zufällig
ein wirklich angeſehener Engländer in den Ort kömmt,
und man nun mit Erſtaunen erfährt, daß man nur
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/157>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.