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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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Ketsch bedient sich keiner weitern Gründe, als der
des Stärkeren, und zieht Punch bei den Haaren
heraus, der um Gnade fleht, und Besserung ver-
spricht.

"Nun, lieber Punch," sagt Ketsch kaltblütig, "habt
blos die Güte, Euern Kopf in diese Schlinge zu
stecken, und Alles wird schnell zu Ende seyn." Punch
stellt sich ungeschickt an, und kömmt immer auf die
unrechte Weise in die Schlinge. "Mein Gott, wie
ungeschickt Ihr seyd," ruft Ketsch, "so müßt Ihr
den Kopf hineinstecken," (es ihm vormachend). "So,
und zuziehen," schreit Punch, der den unvorsichtigen
Henker schnell festhält, mit aller Gewalt zuschnürt,
und mit großer Eile selbst am Galgen aufhängt,
worauf er sich hinter die Mauer versteckt.

Zwei Leute kommen, den Todten abzunehmen, le-
gen ihn, in der Meynung, es sey der Delinquent,
in den Sarg, und tragen ihn fort, während Punch
ins Fäustchen lacht und lustig forttanzt.

Doch der schwerste Kampf steht ihm noch bevor,
denn der Teufel selbst in propria persona kömmt nun,
um ihn zu holen. Vergebens macht ihm Punch die
scharfsinnige Bemerkung: er sey doch ein sehr dum-
mer Teufel, seinen besten Freund auf Erden von
dort wegholen zu wollen; der Teufel nimmt keine
Raison an, und streckt seine langen Krallen gräulich
nach ihm aus. Er scheint schon im Begriff, augen-
blicklich mit ihm abzufahren, wie mit weiland Faust,
aber Punch läßt sich nicht so leicht verblüffen! Herz-

Ketſch bedient ſich keiner weitern Gründe, als der
des Stärkeren, und zieht Punch bei den Haaren
heraus, der um Gnade fleht, und Beſſerung ver-
ſpricht.

„Nun, lieber Punch,“ ſagt Ketſch kaltblütig, „habt
blos die Güte, Euern Kopf in dieſe Schlinge zu
ſtecken, und Alles wird ſchnell zu Ende ſeyn.“ Punch
ſtellt ſich ungeſchickt an, und kömmt immer auf die
unrechte Weiſe in die Schlinge. „Mein Gott, wie
ungeſchickt Ihr ſeyd,“ ruft Ketſch, „ſo müßt Ihr
den Kopf hineinſtecken,“ (es ihm vormachend). „So,
und zuziehen,“ ſchreit Punch, der den unvorſichtigen
Henker ſchnell feſthält, mit aller Gewalt zuſchnürt,
und mit großer Eile ſelbſt am Galgen aufhängt,
worauf er ſich hinter die Mauer verſteckt.

Zwei Leute kommen, den Todten abzunehmen, le-
gen ihn, in der Meynung, es ſey der Delinquent,
in den Sarg, und tragen ihn fort, während Punch
ins Fäuſtchen lacht und luſtig forttanzt.

Doch der ſchwerſte Kampf ſteht ihm noch bevor,
denn der Teufel ſelbſt in propria persona kömmt nun,
um ihn zu holen. Vergebens macht ihm Punch die
ſcharfſinnige Bemerkung: er ſey doch ein ſehr dum-
mer Teufel, ſeinen beſten Freund auf Erden von
dort wegholen zu wollen; der Teufel nimmt keine
Raiſon an, und ſtreckt ſeine langen Krallen gräulich
nach ihm aus. Er ſcheint ſchon im Begriff, augen-
blicklich mit ihm abzufahren, wie mit weiland Fauſt,
aber Punch läßt ſich nicht ſo leicht verblüffen! Herz-

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[151/0195] Ketſch bedient ſich keiner weitern Gründe, als der des Stärkeren, und zieht Punch bei den Haaren heraus, der um Gnade fleht, und Beſſerung ver- ſpricht. „Nun, lieber Punch,“ ſagt Ketſch kaltblütig, „habt blos die Güte, Euern Kopf in dieſe Schlinge zu ſtecken, und Alles wird ſchnell zu Ende ſeyn.“ Punch ſtellt ſich ungeſchickt an, und kömmt immer auf die unrechte Weiſe in die Schlinge. „Mein Gott, wie ungeſchickt Ihr ſeyd,“ ruft Ketſch, „ſo müßt Ihr den Kopf hineinſtecken,“ (es ihm vormachend). „So, und zuziehen,“ ſchreit Punch, der den unvorſichtigen Henker ſchnell feſthält, mit aller Gewalt zuſchnürt, und mit großer Eile ſelbſt am Galgen aufhängt, worauf er ſich hinter die Mauer verſteckt. Zwei Leute kommen, den Todten abzunehmen, le- gen ihn, in der Meynung, es ſey der Delinquent, in den Sarg, und tragen ihn fort, während Punch ins Fäuſtchen lacht und luſtig forttanzt. Doch der ſchwerſte Kampf ſteht ihm noch bevor, denn der Teufel ſelbſt in propria persona kömmt nun, um ihn zu holen. Vergebens macht ihm Punch die ſcharfſinnige Bemerkung: er ſey doch ein ſehr dum- mer Teufel, ſeinen beſten Freund auf Erden von dort wegholen zu wollen; der Teufel nimmt keine Raiſon an, und ſtreckt ſeine langen Krallen gräulich nach ihm aus. Er ſcheint ſchon im Begriff, augen- blicklich mit ihm abzufahren, wie mit weiland Fauſt, aber Punch läßt ſich nicht ſo leicht verblüffen! Herz-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/195>, abgerufen am 24.11.2024.