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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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Schon lange hatte Herr R ... mich eingeladen, ihn
auf seinem Landgute zu besuchen, und ich wählte
den heutigen freien Tag, um mit meinem Freunde
L .... zum Essen hinauszufahren. Der königliche
Banquier hat noch keinen herzoglichen Sitz ge-
kauft, und wohnt in einer anmuthigen Villa. Wir
fanden ausser einigen Direktoren der ostindischen Com-
pagnie auch mehrere Mitglieder seiner Familie und
seines Glaubens daselbst, die mir sehr wohl gefielen,
wie ich es denn überhaupt an dieser Familie sehr
schätze, daß sie Juden geblieben sind. Nur ein Narr
kann Juden wegen ihrer Religion geringer als an-
ders Gläubige achten, aber die Renegaten haben im-
mer kein ganz zu verwerfendes Vorurtheil wider sich.

In drei Fällen möchte ich jedoch den Juden unbe-
dingt erlauben, die Religion zu verändern. Einmal
wenn sie sich wirklich einbilden, nur unter dem Na-
men Christen selig werden zu können; zweitens ihren
Mädchen, wenn diese einen Christen heirathen wol-
len und ihn nicht anders bekommen können; drit-
tens wenn einmal ein Jude zu einem christlichen
Könige erwählt werden sollte, was auch nicht un-
möglich ist, da ja noch weit Geringere als jüdische
Barone, und solche, die notorisch gar keine Religion


Schon lange hatte Herr R … mich eingeladen, ihn
auf ſeinem Landgute zu beſuchen, und ich wählte
den heutigen freien Tag, um mit meinem Freunde
L .... zum Eſſen hinauszufahren. Der königliche
Banquier hat noch keinen herzoglichen Sitz ge-
kauft, und wohnt in einer anmuthigen Villa. Wir
fanden auſſer einigen Direktoren der oſtindiſchen Com-
pagnie auch mehrere Mitglieder ſeiner Familie und
ſeines Glaubens daſelbſt, die mir ſehr wohl gefielen,
wie ich es denn überhaupt an dieſer Familie ſehr
ſchätze, daß ſie Juden geblieben ſind. Nur ein Narr
kann Juden wegen ihrer Religion geringer als an-
ders Gläubige achten, aber die Renegaten haben im-
mer kein ganz zu verwerfendes Vorurtheil wider ſich.

In drei Fällen möchte ich jedoch den Juden unbe-
dingt erlauben, die Religion zu verändern. Einmal
wenn ſie ſich wirklich einbilden, nur unter dem Na-
men Chriſten ſelig werden zu können; zweitens ihren
Mädchen, wenn dieſe einen Chriſten heirathen wol-
len und ihn nicht anders bekommen können; drit-
tens wenn einmal ein Jude zu einem chriſtlichen
Könige erwählt werden ſollte, was auch nicht un-
möglich iſt, da ja noch weit Geringere als jüdiſche
Barone, und ſolche, die notoriſch gar keine Religion

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[175/0219] Den 6ten. Schon lange hatte Herr R … mich eingeladen, ihn auf ſeinem Landgute zu beſuchen, und ich wählte den heutigen freien Tag, um mit meinem Freunde L .... zum Eſſen hinauszufahren. Der königliche Banquier hat noch keinen herzoglichen Sitz ge- kauft, und wohnt in einer anmuthigen Villa. Wir fanden auſſer einigen Direktoren der oſtindiſchen Com- pagnie auch mehrere Mitglieder ſeiner Familie und ſeines Glaubens daſelbſt, die mir ſehr wohl gefielen, wie ich es denn überhaupt an dieſer Familie ſehr ſchätze, daß ſie Juden geblieben ſind. Nur ein Narr kann Juden wegen ihrer Religion geringer als an- ders Gläubige achten, aber die Renegaten haben im- mer kein ganz zu verwerfendes Vorurtheil wider ſich. In drei Fällen möchte ich jedoch den Juden unbe- dingt erlauben, die Religion zu verändern. Einmal wenn ſie ſich wirklich einbilden, nur unter dem Na- men Chriſten ſelig werden zu können; zweitens ihren Mädchen, wenn dieſe einen Chriſten heirathen wol- len und ihn nicht anders bekommen können; drit- tens wenn einmal ein Jude zu einem chriſtlichen Könige erwählt werden ſollte, was auch nicht un- möglich iſt, da ja noch weit Geringere als jüdiſche Barone, und ſolche, die notoriſch gar keine Religion

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/219>, abgerufen am 24.11.2024.